Die Führung der Bundes-SPD ist über die geplante Ehrung des wegen seiner Russland-Kontakte in der Kritik stehenden Altkanzlers Gerhard Schröder für die 60-jährige Parteimitgliedschaft verwundert. "Die Ehrung beruht auf einer Entscheidung des SPD-Bezirks Hannover", sagte SPD-Schatzmeister und Vorstandsmitglied Dietmar Nietan am Mittwoch dem "Tagesspiegel". Der SPD-Parteivorstand ehre Schröder jedenfalls nicht. "Ich würde mich im Parteivorstand auch gegen eine solche Ehrung aussprechen", ergänzte Nietan.
Wie die Zeitung unter Verweis auf Parteikreise berichtete, herrscht in der SPD-Führung Verärgerung über die am 27. Oktober geplante Ehrung. Vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober, wo der SPD schlechte Ergebnisse drohen, wird befürchtet, dass das Vorhaben weiteren Schaden anrichte. Die wahlkämpfenden SPD-Landesverbände Bayern und Hessen wollten die Ehrung deshalb laut "Tagesspiegel" zunächst nicht kommentieren.
Die Ehrung
Der SPD-Bezirk Hannover weigerte sich, dem "Tagesspiegel" die Namen der geladenen Gäste zu nennen. Der Bezirk verwies demnach auf "Datenschutzgründe", weshalb keine Einzelheiten" mitgeteilt würden. Geehrt werden soll der 79-Jährige nach Informationen der Zeitung im Kurt-Schumacher-Haus, dem Sitz des SPD-Bezirks.
Die Laudatio soll der ehemalige Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) halten. Dieser verteidigte die geplante Ehrung: "Wir wollen Gerhard Schröder ehren für das, was er als Ministerpräsident in Niedersachsen, auch für Hannover, und als Bundeskanzler geleistet hat", sagte Schmalsieg dem "Tagesspiegel".
Schröder habe "sehr, sehr große Verdienste, die ich in einer umfassenden Laudatio erwähnen werde", sagte er weiter. Natürlich habe Schröder den Krieg Russlands verurteilt. Dass er seine Aufgabe für Gazprom nicht sofort ruhen ließ, sei ein Fehler gewesen. "Aber das ist noch lange kein Grund, einen früheren Bundeskanzler zu isolieren", ergänzte der SPD-Politiker.
Der Ex-Kanzler steht wegen seiner Lobbytätigkeit für russische Energiekonzerne und seiner persönlichen Nähe zu Präsident Wladimir Putin in der Kritik. Ein von zahlreichen Ortsvereinen angestrebter Parteiausschluss des Politikers scheitere im Mai endgültig: Die Bundesschiedskommission der SPD billigte die Ablehnung des Ansinnens durch die Vorinstanzen und bestätigte damit die Mitgliedschaft des 1963 in die Partei eingetretenen Schröders. © AFP
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