SPD und Grüne erwarten durch die Vereinfachung der Antragstellung im Zuge der geplanten Kindergrundsicherung einen massiven Anstieg der Nachfrage nach Leistungen für Kinder. Statt bislang nur 30 Prozent Nachfrage nach dem bisherigen Kinderzuschlag für untere Einkommensgruppen sei eine Quote von 80 bis 90 Prozent zu erwarten, sagte Familien-Staatssekretärin Ekin Deligöz (Grüne) der "Augsburger Allgemeinen" von Freitag. "Das alleine – also ohne Änderungen an der Leistung – würde vier bis fünf Milliarden Euro kosten."

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Sie verstehe daher die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten zwei Milliarden Euro ab 2025 "erstmal als Platzhalter in der Finanzplanung", sagte Deligöz. Wegen der komplizierten Antragsverfahren verzichteten viele Familien bisher auf Leistungsansprüche, auf die sie ein Recht für ihre Kinder hätten.

Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nannte die Ausweitung des bisherigen Kinderzuschlags einen Kernpunkt der Reform. "Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht - das ist beschämend für unser reiches Land", sagte Esken der Zeitung. Die Grundsicherung werde deshalb steigen. "Alle Kinder werden einen Garantiebetrag erhalten, der für alle gleich ist", sagte sie.

Dazu komme ein einkommensabhängiger Zusatzbetrag, "der digital und bürokratiearm beantragt werden kann, so dass nicht mehr wie bisher nur ein Drittel, sondern möglichst alle Kinder die Unterstützung erhalten, die sie brauchen". Esken fügte hinzu: "Unser Ziel liegt bei mindestens 90 Prozent."

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium, Deligöz, nannte als Ziel ein weitgehend automatisierten Verfahren, bei dem die Antragstellung erheblich erleichtert werde. "Das ist besonders relevant für diejenigen Familien, die im Bürgergeld sind oder den Kinderzuschlag sowie das Bildungs- und Teilhabepaket beziehen", sagte sie.

Letztlich profitiere aber auch die Mitte der Gesellschaft von der Sozialreform: "Je nach Konstellation liegen Familien heute mit einem Bruttoeinkommen von 4500 Euro noch im Bezug des Kinderzuschlags und Wohngeldes."

Dass kommendes Jahr im Gegenzug auf Kosten von Gutverdienern die Einkommensgrenze für das Elterngeld auf 150.000 Euro im Jahr halbiert werden soll, sei angesichts des Sparzwangs innerhalb der Bundesregierung am ehesten noch vertretbar, sagte Deligöz. "Die Einsparungen beim Elterngeld fallen uns sehr schwer, aber dieser Sparbeitrag wird vom Bundesfamilienministerium verlangt", betonte sie.  © AFP

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