Trump würde Nato-Partnern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, keinen Schutz vor Russland gewähren. Muss sich Europa selbst besser schützen? Braucht es EU-eigene Atombomben? Die Meinungen in der Politik sind gespalten.

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Inmitten einer Kontroverse um Äußerungen von SPD-Europa-Spitzenkandidatin Katarina Barley zu möglichen EU-Atomwaffen hat der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) den Ausbau von nuklearen Fähigkeiten in der EU gefordert. "Ich hätte nie gedacht, dass ich darüber mal nachdenken muss. Aber Europa braucht eine glaubwürdige Abschreckung. Dazu gehört eine gemeinsame nukleare Komponente", schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für das Magazin "Stern" (Mittwoch).

"Der amerikanische Schutz wird absehbar zu Ende gehen, die Debatte darüber, woher der Ersatz kommen soll, muss jetzt beginnen", fuhr der frühere SPD-Chef fort. "Wenn wir diese Frage nicht beantworten, werden andere es tun. Zum Beispiel die Türkei. Das kann nicht unser Interesse sein."

Der SPD-Politiker drängte die Bundesregierung dazu, die Initiative zu ergreifen. Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas müsse "diese Debatte vorantreiben und aufhören, sich nur mit sich selbst zu beschäftigen", schrieb Gabriel weiter. Er plädierte für eine "große strategische Offensive Deutschlands und Frankreichs, am besten zusammen mit den Briten", um die Sicherheit Europas zu erhöhen.

Barley löst Debatte aus: Auf atomaren Schutz durch USA "kein Verlass mehr"

Zuletzt hatte die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Barley, mit einer Äußerung zu EU-eigenen Atomwaffen eine Debatte ausgelöst. Auf dem Weg zu einer europäischen Armee könne "auch das ein Thema werden", sagte sie dem "Tagesspiegel" vom Dienstag. Denn "angesichts der jüngsten Äußerungen von Donald Trump" zur Nato sei auf den atomaren Schutz durch die USA "kein Verlass mehr".

Linken-Chef Marin Schirdewan kritisierte die Äußerungen Barleys scharf; der SPD warf er "Säbelrasseln" vor. Auch parteiintern stießen die Äußerungen von Barley auf Kritik. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner bezeichnete den Vorstoß für gemeinsame europäische Atomwaffen gegenüber dem "Tagesspiegel" als "brandgefährliche Eskalation".

Trump, der im November erneut US-Präsident werden will, hatte am Samstag bei einer Kundgebung gesagt, er würde Nato-Ländern bei einem Angriff nicht zu Hilfe kommen, die nicht genug für Verteidigung ausgäben. Er würde dann Russland sogar ermutigen, mit ihnen zu tun, "was immer sie wollen". Trump wird deswegen vorgeworfen, der auf dem Prinzip Abschreckung beruhenden Nato schweren Schaden zuzufügen.

CDU-Politiker lehnen mögliche EU-Atomwaffen ab

Auch aus der Union kommen Unverständnis und Ablehnung für die Äußerungen von Katarina Barley. "Die Diskussion um eine europäische nukleare Abschreckung erfolgt derzeit völlig im luftleeren Raum", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul (CDU), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Es fehlt derzeit jede politische, strategische, technische und finanzielle Grundlage für ein solches Ziel."

Wadephul betonte weiter: "Wer einfach so von einer europäischen Nuklearmacht fabuliert wie Frau Barley, übersieht völlig, was für ein einzigartiges vertrauensvolles Angebot die nukleare Teilhabe innerhalb der Nato durch die USA an ihre Verbündeten ist. Sie aufrechtzuerhalten, muss oberstes Ziel jedweder deutschen Bundesregierungen sein." Es sei richtig, den USA – egal unter welchem Präsidenten – zu beweisen, "dass man durch faire Lastenteilung im konventionellen Bereich ein Partner auf Augenhöhe sein will".

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen wollte sich gar nicht erst auf eine inhaltliche Debatte über die Äußerungen von Barley einlassen. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Dieser Vorschlag ist in jeder Hinsicht, rechtlich, europa- und sicherheitspolitisch, nicht von dieser Welt. Jeder weitere Satz der Kommentierung wäre zu viel." (AFP/dpa/tas)

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