Der SPD-Politiker Metin Hakverdi war beim Republikaner-Parteitag in Milwaukee dabei. Im Interview berichtet er von seinen Eindrücken – und beurteilt, ob Deutschland auf einen Trump-Sieg im November vorbereitet wäre.
Es ist früher Morgen in den USA, als unsere Redaktion Metin Hakverdi zum Interview erreicht. Hinter dem SPD-Bundestagsabgeordneten liegen ereignisreiche Tage. Hakverdi war in Milwaukee und hat den Parteitag der Republikanischen Partei vor Ort verfolgt. Was er dort gesehen hat: eine Art Königsmesse für Donald Trump.
Herr Hakverdi, Sie waren beim Parteitag der Republikaner. Wie wurden Sie als deutscher Politiker dort wahrgenommen, bestand Interesse an Austausch?
Metin Hakverdi: Auf der persönlichen Ebene war der Umgang oft unproblematisch. Manche Delegierten verstehen gar nicht, dass es in Deutschland Sorgen gibt. Allerdings sind Parteitage in den USA anders als bei uns. Es sind gut organisierte Show-Veranstaltungen. Die meisten Teilnehmer des Parteitags haben eine Menge Geld bezahlt, um dabei sein zu dürfen. Es handelt sich also um echte Trump-Fans. Das war kein Querschnitt der Republikanischen Partei.
Welchen Eindruck hat die Partei auf Sie gemacht?
Sie ist sehr selbstbewusst und hat den Sieg vor Augen. Vor allem stehen die Republikaner für Hasstiraden gegen die Demokraten und
Mit Spannung erwartet worden war die Rede von Donald Trump – die erste nach dem Attentatsversuch. Zunächst beschwor
Viele dachten, er tritt moderater, versöhnlicher, ja staatsmännischer auf. In der ersten halben Stunde seiner Rede hat er das auch getan. Doch dann hat er umgeschaltet: Er hat die einflussreiche Demokratin Nancy Pelosi als "crazy", also verrückt, bezeichnet. Er hat behauptet, die Demokraten wollten das Land zerstören. Sie stünden für alles Schlechte. Der Mann ist eben, wie er ist. Und das wollen seine Anhänger auch: Die Sehnsucht im Saal nach aggressiven Tönen war riesengroß.
Mit J.D. Vance hat Trump einen Hardliner als Kandidat für das Vizepräsidentenamt aufgestellt. Außenpolitisch steht er für "America First!".
Vor allem liegt Vance voll auf Trump-Linie. Er ist niemand, der sich von ihm absetzt. Außenpolitisch dürfte er wie Trump ein Deal-Maker sein. Das heißt: Wenn die Rettung der Ukraine zu viel Geld kostet, dann wird das Land fallen gelassen. Anders könnte es aber aussehen – hier kommt wieder das Geschäftliche ins Spiel –, wenn man Europa dafür mehr bezahlen lässt, also einen Deal aushandelt.
Viele Beobachter sehen in Vance vor allem einen Radikalen.
Es gibt Leute, die sagen: J.D. Vance ist der Kronprinz von Donald Trump – und damit die Zukunft der Partei. Ich habe vor Ort viele Hintergrundgespräche geführt. Und nicht wenige sehen in Vance den nächsten Präsidentschaftskandidaten. Dessen Ziel sei es – das hat ein Trump-Berater gesagt –, die Reste der demokratischen Partei zu zerstören und dann die neue Bewegung dauerhaft zu etablieren.
SPD-Politiker Hakverdi über Trump: "Er kann Versöhnung gar nicht"
Welche Bedeutung hat das gescheiterte Attentat auf Donald Trump für den weiteren Verlauf des Wahlkampfs?
Auf der menschlichen Ebene hätte ich erwartet, dass so ein Attentat Spuren hinterlässt, innerlich etwas mit einem macht. Nach dem Trump-Auftritt gestern Abend ist klar: Ne, das hat es nicht. Er ist der Alte, er kann Versöhnung gar nicht. Und seine Fans wollen es auch nicht. Es wird sich zeigen, wie groß der Einfluss auf unentschlossene Wähler ist. Vergessen wir aber nicht: Es sind noch knapp vier Monate bis zur Wahl. Das ist eine Ewigkeit in der Politik.
Ist die deutsche Politik auf einen möglichen Trump-Sieg im November vorbereitet?
Es ist unmöglich, diese Frage mit: 'Ja, auf alle Fälle!' zu beantworten. Trump hat es zum Prinzip erhoben, unvorhersehbar und unberechenbar zu sein. Wir haben aber vieles auf den Weg gebracht, um zumindest gewappnet zu sein. Wir geben inzwischen viel mehr Geld für unsere Sicherheit aus, Stichwort Sondervermögen Bundeswehr. Ich glaube auch, dass der russische Überfall auf die Ukraine das Mindset verändert hat. Man darf sich aber nichts vormachen: Wenn der Mann nochmal Präsident wird, dann wird es echt hart.
Was wäre die Antwort darauf?
Für mich ist klar: Wir brauchen eine stärkere, vertieftere Zusammenarbeit in Europa – auch, um unsere Verhandlungsposition gegenüber den USA zu stärken. Sollte Trump gewählt werden – was ich im Übrigen für nicht ausgemacht halte –, wäre das der größte Impuls seit Jahrzehnten für eine weitere europäische Integration.
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