Die Bundesregierung soll nach Auffassung des SPD-Außenpolitikers Nils Schmid erwägen, wieder Diplomaten nach Afghanistan zu entsenden. "Nur so können wir uns ein eigenes, genaues Bild von der Lage im Land machen. Es ist die Grundlage für ein sinnvolles und zielgerichtetes Engagement Deutschlands vor Ort", schrieb Schmid in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" vor der Afghanistan-Konferenz der Vereinten Nationen am Sonntag in Katar.
"Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit diesem Land künftig umgehen wollen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Taliban in absehbarer Zeit ihre Macht wieder abgeben werden", argumentierte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Es liege nicht im deutschen Interesse, das Taliban-Regime aufzuwerten. Indem Deutschland jedoch aus nachvollziehbaren Gründen die diplomatische Anerkennung und Entwicklungshilfe verweigere, "tragen wir ungewollt dazu bei, das Elend im Land zu verschlimmern". Bislang hat kein Staat die Taliban-Regierung offiziell anerkannt.
Taliban zeigen Kooperationsbereitschaft
Schmid sagte, es gebe inzwischen auch Kräfte unter den Taliban, die erkannt hätten, dass die Probleme des Landes nur in Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft gelöst werden könnten. An den Gesprächen am Sonntag in Doha, die bereits zum dritten Mal stattfinden, nimmt erstmals auch eine Taliban-Delegation teil. Die islamistische Gruppierung hatte 2021 wieder die Macht in dem Land übernommen, die deutsche Botschaft in Kabul ist seitdem geschlossen. Die humanitäre Lage in Afghanistan gilt als besonders prekär.
Zuletzt war das Land am Hindukusch in den Fokus gerückt, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Mannheim angekündigt hatte, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. Die Bundesregierung führt Verhandlungen mit verschiedenen Drittstaaten, über die sie Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen will. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.