Steigt die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wieder? Keine gute Idee, findet auch Starkoch Tim Mälzer. In der Koalition könnte es dazu noch Bewegung geben.

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Die Opposition im Bundestag hat vor Preissteigerungen in der Gastronomie sowie für Gaskunden gewarnt. Hintergrund sind Pläne der Bundesregierung, Steuervergünstigungen auslaufen zu lassen.

Der Linke-Abgeordnete Christian Görke sprach am Donnerstag bei einer Debatte im Bundestag von milliardenschweren Steuererhöhungen und einem "Preisschock". Er warf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP soziale Kälte vor. Der CDU-Abgeordnete Olav Gutting kritisierte, die Regierung wolle die Menschen trotz hoher Inflation noch weiter belasten.

Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Lieferung wird mit sieben Prozent besteuert. Um die Branche während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz auch für Speisen im Restaurant von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden.

Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres. Eine Verlängerung wird derzeit in der Koalition diskutiert.

Lindner verweist auf Haushalts-Spielräume – die würden ihm direkt nutzen

Zum anderen geht es darum: Wegen der plötzlich extrem hohen Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent gelten.

Nun aber soll die Entlastungsmaßnahme nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon zum Jahreswechsel auslaufen. "Die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten haben sich inzwischen gelegt", erklärte das Ministerium.

Zudem würden "Spielräume für die öffentlichen Haushalte" geschaffen. In der "Rheinischen Post" sprach sich Lindner für die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Erdgas zum Jahresbeginn aus.

Die sich so ergebenen "Spielräume" würden Lindner entgegenkommen. Denn mit dem Wachstumschancengesetz will das von ihm geführte Finanzministerium die Steuerlast für Unternehmen um gut sechs Milliarden Euro im Jahr senken.

Dagegen hatten sich zuletzt allerdings mehrere Länder gewehrt, weil sie Steuermindereinnahmen fürchten. Die Mehrwertsteuereinnahmen werden zwischen Bund und Ländern geteilt. Durch den vorgezogenen höheren Mehrwertsteuersatz für Gas ließen sich die Mindereinnahmen durch das Wachstumschancengesetz laut Linder allerdings kompensieren.

Bundesregierung will Strompreisbremse verlängern

Eine frühere Anhebung des Mehrwertsteuersatzes bei Gas sei dem Finanzminister zufolge auch für private Haushalte und Betriebe verkraftbar, wenn sie andererseits durch die Strompreisbremse weiter entlastet würden. Eigentlich läuft die Strompreisbremse zum Ende des Jahres aus, Lindner plädierte aber für ihre Verlängerung bis Ende April 2024.

"Da die Preisbremsen nach der gemeinsamen Auffassung der Bundesregierung weiter bestehen sollen, haben private Haushalte und Betriebe dennoch weiterhin einen Schutz vor ruinösen Preisspitzen", sagte Lindner.

Die Verlängerung der Strompreisbremsen bis zum Frühjahr 2024 war zuvor von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gefordert worden.

SPD will über Steuervergünstigungen noch einmal sprechen

Die Linke-Fraktion fordert in einem Antrag, die Steuererhöhungen auf Gas, Fernwärme und in der Gastronomie zu stoppen. Der SPD-Finanzpolitiker Tim Klüssendorf sagte: "Ich glaube auch nicht, dass es der sinnvollste Weg ist, während einer Heizperiode eine zugesagte Steuerunterstützung zu entziehen."

Die SPD werde in den Haushaltsberatungen darüber noch Entscheidungen treffen, genauso wie zur Frage der Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie.

Der FDP-Politiker Till Mansmann sagte, die Liberalen seien für eine Verlängerung und Entfristung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie. Es müsse aber die neue Steuerschätzung abgewartet werden, sodass es erst im November eine Entscheidung geben könne.

Im Bundestag stand am späten Donnerstagnachmittag noch ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Abstimmung, den Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent zu besteuern.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte im Falle einer Rückkehr zum bisherigen Mehrwertsteuersatz bereits vor mehr als 12.000 Betriebsschließungen, Preissteigerungen von mehr als 15 Prozent, sinkenden Umsätzen und weniger Jobs gewarnt. Auch der Hamburger Starkoch Tim Mälzer forderte eine Beibehaltung der vergünstigten Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie. (dpa/thp)

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