Lange ist gestritten worden, an diesem Sonntag wollen CDU und CSU ihre Krise lösen - so oder so. Die Kanzlerin versucht den Asylstreit mit einem großen Maßnahmenkatalog beizulegen. Mit Seehofer hat sie am Abend noch einmal verhandelt. Fragt sich: Mit welchem Ergebnis?
Nach wochenlanger Regierungskrise wird an diesem Sonntag die Entscheidung im Asylstreit der Unionsparteien erwartet.
Kanzlerin
Bruch nicht ausgeschlossen
Am Sonntagnachmittag wollen die Spitzengremien von CDU und CSU in getrennten Sitzungen in Berlin und München beraten. Nach wie vor wird nicht ausgeschlossen, dass die schwarz-rote Bundesregierung nur gut 100 Tage nach ihrem Start am unionsinternen Streit zerbricht.
Die Junge Union (JU), die gemeinsame Nachwuchsorganisation beider Schwesterparteien, warnte vor einer Spaltung. "Unser Appell an CDU und CSU: Wir sind eine Union. Wir gehören zusammen. Für unser Land", heißt es in einem Aufruf, den der JU-Deutschlandrat in Erfurt beschloss.
Der Beschluss sei einstimmig gefallen, mit den Delegierten aus Bayern, hieß es. Die bayerische JU gilt als besonders Merkel-kritisch.
Die CDU-Spitze stellte sich demonstrativ hinter ihre Vorsitzende Merkel. Nach
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, sagte der Zeitung, der verstärkten Zuwendung der EU zum Thema Außengrenzenschutz müssten rasch Taten folgen. "Bis die Außengrenzen ausreichend geschützt sind, wird es auch stärkere polizeiliche Kontrollen an den Binnengrenzen brauchen."
Damit spielte er auch auf die Schleierfahndung an, die nach dem Willen der Kanzlerin verstärkt werden soll, wie aus ihrer schriftlichen Erläuterung der Gipfelergebnisse für die Koalitionsspitzen hervorgeht.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger als CDU-Vorstandsmitglied mahnte im gleichen Blatt: "Das Ergebnis dieses Gipfeltreffens war nur möglich, weil die Kanzlerin in ganz Europa Autorität und Ansehen genießt. Das ist sehr wertvoll für Deutschland, niemand sollte es zerstören."
Abkommen mit 14 Länder - Ungarn und Tschechien dementieren
Bei dem Streit geht es um die Frage, wie eingedämmt werden kann, dass Migranten in anderen EU-Ländern ankommen und registriert werden, aber dann weiterreisen und in Deutschland Asyl beantragen.
Sie hatte mit überraschend weitgehenden Vorschlägen versucht, eine Eskalation der Regierungskrise abzuwenden. In ihrem Schreiben an die Partei- und Fraktionschefs der Koalitionspartner SPD und CSU führt sie eine Reihe von Maßnahmen für einen schärferen Kurs auf - etwa bei Asylbewerbern, die in einem anderen EU-Land schon registriert sind. Von 14 Ländern hat sie demnach die Zusage, Abkommen zur schnelleren Rückführung solcher Migranten zu schließen.
Allerdings hat zumindest der Regierungschef eines dieser Länder, Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis, dem inzwischen klar widersprochen. Bei einer ebenfalls dementierenden Äußerung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban war hingegen nicht ganz klar, was genau inhaltlich gemeint ist.
Dobrindt zweifelt an EU-Ratsbeschlüssen
Wegen dieser Äußerungen bekundete CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Skepsis über die Brüsseler Beschlüsse Merkels mit anderen EU-Staaten. "Angesichts der divergierenden Wortmeldungen aus einigen EU-Mitgliedsstaaten kann man Zweifel haben, ob die Ratsbeschlüsse alle Realität werden", sagte er der "Bild am Sonntag".
Wie aus dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben Merkels unter anderem hervorgeht, sollen anderswo in der EU registrierte Asylbewerber in den von Seehofer geplanten sogenannten Ankerzentren untergebracht werden und dort ein Schnellverfahren durchlaufen.
Mit Griechenland und Spanien hat Merkel darüber hinaus weitergehende Rückübernahme-Vereinbarungen getroffen. Für bei ihnen registrierte Flüchtlinge sollen nach Merkels Vorschlag "grenznahe Rückkehrmechanismen" eingerichtet werden.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster sagte: "In der Wirkung gehen diese von Innenpolitikern der CDU vorgeschlagenen Maßnahmen sogar noch über das hinaus, was die CSU gefordert hatte."
Seehofer schweigt
"Weder wirkungsgleich noch adäquat"
Seehofer selbst äußerte sich noch nicht dazu. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Samstag die bis dahin bekannten EU-Beschlüsse gelobt, aber weiter Bedarf für nationale Maßnahmen gesehen.
Ex-CSU-Chef Erwin Huber sagte der "FAS": "Ankerzentren sehen wir sowieso vor. Das wäre eine geeignete Maßnahme, mit diesen Flüchtlingen umzugehen." Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser sagte dem Blatt dagegen, in Bezug auf die Forderungen seiner Partei sei das "weder wirkungsgleich noch adäquat". Wenn jemand woanders bereits Asyl beantragt habe, "muss er an der Grenze unmittelbar zurückgeführt werden".
Bayerns Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner rief zur Mäßigung auf. (jwo/dpa) © dpa
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