Die CDU zieht in Thüringen alle Register. Nun muss das Landesverfassungsgericht ran. Die Sitzung wurde vorerst unterbrochen.
Im Streit um das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten hat die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag das Landesverfassungsgericht angerufen. Das Gericht solle entscheiden, welche Regeln bei der Wahl gelten, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, während der turbulenten ersten Plenarsitzung nach der Landtagswahl. Wann das Gericht entscheiden wird, war zunächst unklar.
Hintergrund ist, dass die AfD als stärkste Fraktion auf das alleinige Vorschlagsrecht für das Amt an der Landtagsspitze pocht. Die anderen Fraktionen wollen die Geschäftsordnung ändern, so dass der Landtagspräsident "aus der Mitte des Parlaments" gewählt werden kann und schon im ersten Wahlgang dementsprechende Vorschläge gemacht werden können.
Alterspräsident Treutler löst heftige Diskussionen aus
Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD), der von den anderen Fraktionen heftig kritisiert wurde, vertagte die Sitzung daraufhin auf Samstag.
Tumulte hatten die konstituierende Sitzung überschattet. Auslöser war ein Streit zwischen der AfD und den Fraktionen von CDU, BSW, SPD und Linkspartei über die Tagesordnung. CDU und BSW wollten mit einem Antrag zur Geschäftsordnung das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten ändern, um einen Abgeordneten der vom Thüringer Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften AfD auf dem Spitzenposten zu verhindern.
Treutler unterbrach die Sitzung mehrfach und lieferte sich heftige Wortgefechte mit Vertretern der anderen Fraktionen. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, und weitere Abgeordnete forderten wiederholt die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Parlaments und eine Abstimmung über den Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung. Dem folgte Treutler allerdings nicht.
Bühl: "Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung"
Die CDU-Fraktion hat daraufhin einen neuen Alterspräsidenten gefordert. "Wir fordern den zweitältesten Abgeordneten auf, die Sitzung zu führen", rief der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Andreas Bühl. Weiter sagte er: "Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung."
Unterstützung bekam er von der Fraktionsvorsitzenden des BSW, Katja Wolf. Sie sagte: "Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt".
Die SPD-Abgeordnete Cornelia Klisch sprach von einer Behinderung des Parlaments, das sich durch die Verzögerungstaktik des Alterspräsidenten nicht wie vorgesehen nach der Landtagswahl vor vier Wochen konstituieren könne. "Wir möchten Parlament werden", sagte sie der dpa. Der Alterspräsident habe kein Recht, das zu verhindern. Treutler hatte immer wieder Anträge ignoriert, die Beschlussfähigkeit des Thüringer Parlaments festzustellen.
Minister: Angriff auf die Demokratie
Thüringens geschäftsführender Innenminister und SPD-Abgeordnete Georg Maier sagte: "Die AfD greift unsere Demokratie von innen aus an." Die Rede sei aggressiv gewesen.
Die Landtagssitzung wurde innerhalb von drei Stunden immer wieder länger unterbrochen und schließlich ganz abgebrochen.
Pattsituation im Landtag
Der Verlauf der ersten Landtagssitzung gibt einen Vorgeschmack auf die demnächst anstehende Wahl des Ministerpräsidenten. Die CDU als zweitstärkste Fraktion will in Sondierungsgesprächen in der kommenden Woche eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD ausloten. Eine solche Brombeer-Koalition hat allerdings nur 44 von 88 Sitzen im Landtag. Ihr fehlt damit eine Stimme zur Mehrheit.
Die AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze hat bei der Landtagswahl ihr bisher bundesweit bestes Ergebnis mit 32,8 Prozent erzielt. Sie verfügt damit im Landtag in Erfurt über eine Sperrminorität, die beispielsweise bei der Wahl von Verfassungsrichtern zum Tragen kommen könnte. Die Thüringer AfD wird seit 2021 vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
Die CDU kam bei der Landtagswahl auf 23,6 Prozent der Stimmen und will erstmals seit zehn Jahren in Thüringen mit ihrem Parteichef Mario Voigt wieder den Ministerpräsidenten stellen. Das BSW kam aus dem Stand auf 15,8 Prozent, die Linke von Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow auf 13,1 Prozent und die SPD auf 6,1 Prozent. (dpa/bearbeitet von phs)
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