Aus für die "Osmanen Germania BC": Die nationalistische türkische Organisation ist vom Bundesinnenminister verboten worden. Wer sind die "Osmanen" und was haben sie mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu tun?

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Horst Seehofer hat die "Osmanen Germania BC" verboten und der Organisation und ihren Teilorganisationen jede Tätigkeit untersagt. "Von dem Verein geht eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus", erklärte das Ministerium.

Die Gruppe ist seit geraumer Zeit im Visier deutscher Sicherheitsbehörden. So bestand dem Innenministerium zufolge schon länger der Verdacht, dass "Zweck und Tätigkeit des Vereins 'Osmanen Germania BC' den Strafgesetzen zuwiderlaufen". Mehrere Mitglieder der Organisation sind mehrfach durch schwere Straftaten wie Mordversuche, Gewaltexzesse, Menschenhandel aufgefallen.

Die Brutalität der "Osmanen Germania BC"

Die "Osmanen" bezeichnen sich selbst als Boxclub (BC). Die Mitglieder geben vor, Jugendlichen helfen zu wollen. "Tatsächlich aber liegt dessen gemeinsamer Zweck in der gewalttätigen Gebiets- und Machtentfaltung sowie in der Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden rockerähnlichen Gruppierungen", heißt es aus dem Innenministerium.

"Osmanen Germania BC" ist Ermittlern bereits 2015 aufgefallen. Neben Hessen und Nordrhein-Westfalen sind und war der Verein nach Angaben des Stuttgarter Ministeriums im Südwesten am aktivsten.

Immer wieder kam es zu schweren Körperverletzungs- und versuchten Tötungsdelikten.

Wie brutal die "Osmanen" vorgehen, zeigen die Auseinandersetzungen in Baden-Württemberg. Dort gerieten sie immer wieder mit türkischen Kurden, die in der Gruppe "Bahoz" ("Storm") organisiert sind, aneinander.

Es habe massive Gewalttaten und auch Rauschgiftdelikte bis hin zu versuchten Tötungen gegeben, sagte Landeskriminaldirektor Klaus Ziwey in Stuttgart. Weil die Annahme bestand, dass die Gruppe politisch vom Ausland gesteuert wird, wurde der Staatsschutz bei den Ermittlungen mit ins Boot geholt.

Auch ein Anschlag auf eine Schischa-Bar im August 2016 in Saarbrücken wird den "Osmanen" nach Angaben des ZDF zugeschrieben. Ziel der Handgranaten-Attacke waren demnach Kurden. Der Saarbrücker Chef der "Osmanen Germania" gilt als mutmaßlicher Täter. Er ist inzwischen wegen Anstiftung zum Mord angeklagt.

In Stuttgart läuft seit März ein Prozess gegen acht mutmaßliche Mitglieder, darunter drei, die zur höchsten Führungsebene gerechnet werden.

Gewaltverherrlichendes Video soll einschüchtern

Gründer der Rockergruppe ist Mehmet B., der die "Osmanen" öffentlich gern als sozial engagierten Boxclub präsentiert – wie ein vor zwei Jahren auf Facebook hochgeladenes Video verdeutlichen soll.

Wie die Gruppe tatsächlich tickt, verdeutlicht ein Video, welches das ZDF im Netz gefunden hat: "Osmanen Germania – Wir kommen und übernehmen das ganze Land. Männer, die bis zu ihrem letzten Tropfen Blut auf dem Schlachtfeld stehen", heißt es darin.

In dem Film zu sehen sind bewaffnete Kämpfer sowie ein Mann, der andeutet, einer Geisel mit einer Kettensäge den Kopf abzuschneiden.

Videos wie dieses sollen Angst einjagen. Gerichtet sei diese Drohkulisse vor allem gegen die türkeikritischen Organisationen wie die Gülen-Bewegung und kurdische Organisationen.

Erdogans Handlanger in Deutschland?

Außerdem stehen die "Osmanen" nach Einschätzung des NRW-Innenministeriums auch in Verbindung zur türkischen Regierungspartei AKP und zum Umfeld des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Medienberichten von ZDF und "Stuttgarter Zeitung" zufolge dokumentieren Abhörprotokolle entsprechende Verbindungen. Sie sollen belegen, dass die Gruppe von einem Erdogan nahestehenden AKP-Abgeordneten finanziert und gesteuert wurde. Gemeint ist Metin Külünk, ein enger Vertrauter des türkischen Präsidenten.

Er soll mehrfach Geld an führende Mitglieder der "Osmanen" übergeben haben oder übergeben lassen haben. Auf Wunsch des Abgeordneten sollen von dem Geld vollautomatische Schusswaffen gekauft worden sein.

Außerdem soll den Recherchen nach der PKA-Abgeordnete Külünk daran mitgewirkt haben, die Proteste gegen die Armenien-Resolution des Bundestages im Jahr 2016 zu organisieren. An denen hatten Angehörige der "Osmanen Germania" teilgenommen. Erdogan, so heißt es weiter, soll sich sogar ausdrücklich vorbehalten haben, über die Proteste selbst zu entscheiden. Das belege ein Telefonat vom 1. Juni 2016 um 22:21 Uhr.

Im Visier der "Osmanen Germania"

Auch Jan Böhmermann hat der Schlägertrupp offenbar auf seiner Liste gehabt. Die Gruppe sei auf Anweisung gegen den Moderator aktiv geworden. Külünk habe der "Stuttgarter Zeitung" zufolge über den früheren Mannheimer Vorsitzenden der "Union der Europäisch-Türkischen Demokraten" (UETD), Yilmaz Ilkay Arin, dazu aufgefordert, den Moderator für sein Erdogan-Schmähgedicht zu bestrafen.

Böhmermann wurde jedoch rechtzeitig gewarnt und unter Polizeischutz gestellt. Er verließ Deutschland daraufhin für ein paar Wochen.

Brisant: Bei der UETD handelt es sich um eine Auslandsorganisation der AKP. "Osmanen"-Mitglieder wie Mehmet B., Selcuk S. und Levent U. sollen engen Kontakt zu UETD gehabt haben und über Kontaktleute instruiert worden sein.

Ein Gruppenfoto, auf dem UETD-Mitglieder, "Osmanen" und AKP-Mitglieder zu sehen sind, soll die Verbindung zwischen den "Osmanen" und der UETD belegen. Auch veröffentlich wurde ein Bild, das den damaligen "Osmanen"-Vizepräsident Selcuk S. mit dem Erdogan-Berater Ilnur Cevik zeigt.

Seehofer: "Keine Nachsicht erwarten"

Das nun erlassene Verbot stützt sich auf das Vereinsgesetz. Zweck und Tätigkeit der "Osmanen Germania" liefen den Strafgesetzen zuwider, erklärte das Ministerium. Betroffen von dem Verbot sind auch alle Teilorganisationen. Aktuell sind demnach im Bundesgebiet 16 Ortsgruppen, sogenannte Chapter, aktiv.

Seehofer erklärte, Bund und Länder bekämpften entschieden alle Erscheinungsformen organisierter Kriminalität, auch rockerähnliche Gruppierungen. Mitglieder des nun verbotenen Vereins verübten schwere Straftaten: "Wer den Rechtsstaat ablehnt, kann von uns keine Nachsicht erwarten", sagte Seehofer.

Das Verbot stützt sich laut Innenministerium auch auf Erkenntnisse, die im Rahmen von Ermittlungsmaßnahmen Mitte März gewonnen wurden. Ziel war es damals, nähere Informationen über Struktur und Leitung des Vereins und das Zusammenwirken mit seinen Teilorganisationen zu erlangen.

Zur Durchsetzung des Verbots fanden Durchsuchungen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz statt. Bundesweit sind 16 Chapter des OGBC bekannt.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann lobten das Verbot der Gruppe. "Wir dulden keine Gewaltexzesse von Rockern und rockerähnlichen Gruppierungen", sagte Strobl am Dienstag in Stuttgart. Herrmann sagte: "Das ist ein empfindlicher Schlag gegen eine schwerkriminelle Rockergruppierung (…) Wir gehen konsequent und mit aller Entschlossenheit gegen gewaltbereite und gefährliche Rocker vor."

(mit Agenturmaterial der dpa)

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