Held und Hassobjekt: US-Elitesoldat Rob O'Neill soll der Mann sein, der den ehemals meistgesuchten Terroristen der Welt getötet hat. Doch mit seinem Gang an die Öffentlichkeit macht sich O'Neill zur Zielscheibe für die Rache islamistischer Terroristen – und in den USA sind viele verärgert über den Ex-Navy-Seal-Soldaten.

Mehr aktuelle News

"Der einzig leichte Tag war gestern". Wenn eine Organisation diesen Slogan als Motto für seine Mitglieder ausgibt, verbirgt sich dahinter vermutlich kein eintöniges Tagesgeschäft. Die US-Spezialeinheit Navy Seals erledigt die Jobs, die für gewöhnliche US-Soldaten zu heikel sind: Sie führen Befreiungs- und Rettungsoperationen durch, sie bekämpfen den internationalen Drogenhandel und sie haben 2011 Osama bin Laden, den damaligen Staatsfeind Nummer Eins der USA, getötet.

Vor drei Jahren gingen die Bilder um die Welt, auf denen US-Präsident Barack Obama und sein Stab im Krisenraum des Weißen Hauses die Tötung von Osama bin Laden via Satellitenübertragung verfolgen. Für Obama war die Übertragung zu nervenaufreibend, verriet später sein damaliger Assistent den Medien. Er habe sich zur Ablenkung zum Kartenspiel zurückgezogen.

Militär und Kongress kannten seine Identität schon vorher

Rob O'Neill konnte sich an diesem 2. Mai des Jahres 2011 nicht zum Kartenspiel zurückziehen. Er war Mitglied des US-Kommandos, das bin Laden tötete. Nun hat der 38-Jährige erklärt, er sei es gewesen, der während der Operation in Pakistan die tödlichen Schüsse auf den Terroristen abgegeben habe. Das sagte er jetzt der "Washington Post".

Doch warum ist der ehemalige Elite-Soldat jetzt an die Öffentlichkeit gegangen? "Er war frustriert: über die Informationslecks der Regierung, auch durch Präsident Obama. Auch über Details der Operation war er sauer und hat darum Einzelheiten über den Einsatz preisgegeben," sagt der schweizerische Politikwissenschaftler Albert A. Stahel. Die "Washington Post" berichtet zudem, dass seine Identität in Militär- und Kongresskreisen schon länger bekannt gewesen sei. Es wäre wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Information an die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Dem wollte O'Neill offenbar zuvorkommen.

Militär droht mit juristischen Konsequenzen

Doch egal ob freiwillig oder nicht: O'Neills Offenbarung wird Konsequenzen haben. Das US-Militär ist verärgert über den Geheimnisverrat. "Ein entscheidender Grundsatz unseres Verhaltenskodexes lautet: 'Ich äußere mich weder öffentlich über meine Arbeit, noch strebe ich nach Anerkennung für meine Taten'", schrieb Konteradmiral Brian Losey, Kommandeur der Navy Seals, in einem Brief an die Spezialkräfte. Losey kündigt in dem Schreiben ausdrücklich juristische Konsequenzen für Verräter an.

Für seine Kameraden sind O'Neills Behauptungen keine Überraschung: "Wir wussten, dass Rob O'Neill sich früher oder später zu erkennen geben würde," sagte ein Mitkämpfer der "New York Times". Dennoch heißen sie O'Neills Gang an die Öffentlichkeit nicht gut. Nachdem sie von O'Neills Interviewplänen erfuhren, enthüllten ehemalige Seals-Soldaten seine Identität schon vor ihm auf ihrer Internetseite Sofrep. Damit wollten sie gegen seine Aktion protestieren.

So gefährdet O'Neill seine Ex-Kameraden

Vermutlich fürchten sie drastische Konsequenzen für ihren ehemaligen Kameraden und auch sich selbst: "Mit Sicherheit planen Al-Kaida und die pakistanischen Taliban nun einen Mordanschlag auf ihn. Das gilt auch für die übrigen an der Aktion beteiligten Elitesoldaten. Sie sind alle gefährdet," sagt Terrorismus-Experte Albert A. Stahel.

Rob O'Neill hat sich dazu noch nicht geäußert. Sein Vater Tom jedoch scheint keine Angst vor der Rache der Terroristen zu haben: Die Leute fragen, ob wir Angst haben, dass ISIS kommt und uns etwas antut, weil Rob nun enttarnt ist. Ich sage, ich werde eine große Zielscheibe an meine Eingangstür malen und sagen: Kommt und holt uns", sagte er in einem Interview mit dem US-Nachrichtenportal "Mail Online".

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.