Geringverdiener haben vor allem in Großstädten kaum eine Chance auf dem Wohnungsmarkt. Sozialwohnungen sollen Abhilfe schaffen. Die Zahl dieser Unterkünfte ist im vergangenen Jahr aber weiter gesunken.
2017 gab es nur noch 1,223 Millionen Wohnungen mit Mietpreisbindung und damit rund 46 000 weniger als im Vorjahr. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Im Jahr 2006, als mit einer Reform die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Länder überging, waren es noch rund 2,1 Millionen. Allerdings war die Zahl schon in den Jahren zuvor gesunken - 2002 gab es noch 2,5 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland.
Die Länder bekommen zwar Milliarden vom Bund für Sozialwohnungen, die Mittel sind bisher aber nicht zweckgebunden. Die Zahl der Wohnungen kann fallen, auch wenn neue gebaut werden. Denn die staatlich bezuschussten Wohnungen fallen nach einiger Zeit aus der Sozialbindung. Das geschieht etwa, wenn der Bauherr seinen geförderten Kredit abbezahlt hat.
Problem soll zur Chef-Sache werden
Der Rückgang sei "schlicht nicht hinnehmbar", sagte Chris Kühn, der wohnungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, der dpa. Die Bundesregierung sei nicht in der Lage, die Negativspirale zu stoppen. "Der soziale und bezahlbare Mietwohnungsbau muss die Top-Priorität beim angekündigten Baugipfel sein", sagte Kühn. Kanzlerin
Horst Seehofers (CSU) Innenministerium hatte das Bau-Ressort mit der Regierungsbildung vom Umweltministerium übertragen bekommen. Die Grünen fordern mehr Investitionen und eine neue Wohngemeinnützigkeit. Diese war 1990 abgeschafft worden. Sie hatte vorgesehen, dass Wohnungsunternehmen Steuervorteile bekamen, wenn sie sich an bestimmte Vorgaben hielten und als gemeinnützig anerkannt waren.
Verteilung der Sozialwohnungen unterschiedlich
Nach Einschätzung von Immobilienverbänden müssen in Deutschland pro Jahr 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen entstehen, davon nach Einschätzung des Mieterbunds rund 80 000 Sozialwohnungen. 2016 waren rund 24 550 neue Sozialwohnungen gebaut worden, 2017 waren es 26 231. Das waren deutlich mehr als in den Vorjahren - aber weniger als in derselben Zeit aus der Mietpreisbindung fielen und damit Teil des freien Wohnungsmarkts wurden.
Die Verteilung der vorhandenen Sozialwohnungen über die Bundesländer ist sehr unterschiedlich, ebenso die Bautätigkeit. Mit Abstand die meisten Sozialwohnungen gab es 2017 im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, nämlich 461 261 - allerdings ist diese Zahl vorläufig. Am wenigsten Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein gab es im Saarland (825), in Sachsen Anhalt (3431) und in Mecklenburg-Vorpommern (6693).
Grundgesetz-Änderung soll helfen
Die vom Bund für das Jahr 2017 insgesamt bereitgestellten Mittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro wurden nach Angaben der Länder "überwiegend zweckentsprechend für die Wohnraumförderungeingesetzt", wie es in einem Bericht der Bundesregierung vom Juli heißt. Rund acht Prozent des Geldes floss aber in andere Zwecke, das betraf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen,Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Bundesregierung will das Grundgesetz so ändern, dass der Bund auch über 2019 hinaus den Ländern noch Hilfen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen darf. Im Gespräch ist, die Bundeshilfen dann nur noch zweckgebunden auszuzahlen. Für eine Änderung des Grundgesetzes hat die große Koalition aus Union und SPD nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag, sie muss daher zum Beispiel FDP und Grüne mit ins Boot holen. (dpa/br)
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