Mehr als anderthalb Jahre hat es gedauert, nun ist die Entscheidung gefallen: Das türkische Parlament hat dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt. Hat Erdogan bekommen, was er wollte?
Nach anderthalb Jahren politischem Tauziehen hat das türkische Parlament der Aufnahme Schwedens in die Nato zugestimmt. 287 Parlamentarier stimmten am Dienstagabend in Ankara dafür, 55 dagegen, 4 Abgeordnete enthielten sich. Jetzt muss Präsident Recep Tayyip Erdogan das sogenannte Beitrittsprotokoll noch unterschreiben, was als so gut wie sicher gilt. Ob er die türkische Ratifizierung zeitnah abschließt, bleibt aber abzuwarten. Nach Erdogans Unterschrift wird der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht. Auch das Nato-Land Ungarn muss der Aufnahme Schwedens noch offiziell zustimmen. Alle anderen 29 Alliierten haben dies bereits getan.
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April vergangenen Jahres als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen.
Erdogan: Forderungen an Zustimmung geknüpft
Erdogan hatte die Zustimmung seines Landes unter anderem an Kampfjetlieferungen aus den USA geknüpft. Bisher fehlt dazu aber weiterhin die Zustimmung des US-Kongresses.
Die Türkei hatte ihre Blockade zudem auch immer wieder mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz Schwedens gegen "Terrororganisationen" begründet. Dabei geht es Ankara vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG. Die Regierung in Stockholm hatte auf die Anforderungen der Türkei etwa mit verschärften Anti-Terrorgesetzen reagiert. Ärger gab es zudem um die Genehmigung von Koranverbrennungen in Schweden, die auf scharfe Kritik aus Ankara stießen.
Erdogan hatte sein monatelanges Veto im vergangenen Jahre aufgekündigt und dem Parlament das Nato-Beitrittsprotokoll Ende Oktober zur Ratifizierung vorgelegt. Ob das grüne Licht aus Ankara nun an Zugeständnissen in Verhandlungen über Rüstungsgeschäfte hängt, blieb unklar.
Die US-Regierung muss den Kongress in Washington formell über den Rüstungsverkauf informieren. Das US-Parlament hat die Möglichkeit, das Rüstungsgeschäft zu blockieren. Eine Reihe von Parlamentariern hatte deutlich gemacht, den Deal verhindern zu wollen, sollte die Türkei weiter den Nato-Beitritt Schwedens blockieren.
Schweden begrüßt Zustimmung
Die schwedische Regierung hat die Zustimmung des türkischen Parlaments zum Nato-Beitritt des skandinavischen Landes begrüßt. "Heute sind wir einer vollständigen Mitgliedschaft in der Nato einen Schritt nähergekommen", schrieb Ministerpräsident Ulf Kristersson am Dienstagabend unmittelbar nach der Abstimmung in Ankara auf der Online-Plattform X. Es sei "positiv", dass die Große Nationalversammlung der Türkei für den schwedischen Beitritt in das Verteidigungsbündnis gestimmt habe.
Auch Außenminister Tobias Billström begrüßte die Nachrichten aus Ankara. "Das ist natürlich gut, dass das türkische Parlament jetzt dafür gestimmt hat", sagte er dem Rundfunksender SVT. Jetzt werde man darauf warten, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan das Ratifizierungsinstrument unterzeichne und weiterleite. Dies sollte so schnell wie möglich passieren - es gebe keinen Grund, zu warten, wenn das Parlament seinen Teil erledigt habe, sagte Billström.
Bundesregierung: "Eine wichtige und richtige Entscheidung"
Die Bundesregierung hat die Zustimmung des türkischen Parlaments zum Nato-Beitritt Schwedens begrüßt. "Das ist eine wichtige und richtige Entscheidung. Der anstehende Beitritt von Schweden wird, wie die bereits vollzogene Aufnahme Finnlands, das Nordatlantische Bündnis insgesamt weiter stärken", teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Dienstagabend mit. Die Beitritte seien eine direkte Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Beitrittsprozess nun zügig abgeschlossen werden kann." (dpa/cgo)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.