Nach heftigem Protest hat Ungarn sein umstrittenes Whistleblower-Gesetz überarbeitet. Das Parlament in Budapest strich am Dienstag eine Passage, die es Bürgern ermöglicht, anonym Menschen zu melden, welche die Rolle von Ehe, Familie und Geschlecht "in Frage stellen". Menschenrechtsorganisationen hatten diese scharf kritisiert und der Regierung vorgeworfen, damit LGBTQ-feindliche Gefühle zu schüren. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.
Ausgang der Diskussion war eine Erweiterung des seit 2014 bestehenden Whistleblower-Gesetzes, die das Parlament im April auf den Weg gebracht hatte. Um die "ungarische Lebensweise zu schützen", sollte es Bürgern möglich sein, anonym Verstöße gegen "wesentliche Werte und Rechte" der Verfassung zu melden. Neue Bereiche dieser möglichen Verstöße sollten das Verständnis von Ehe und Familie und auch die geschlechtliche Identität von Kindern sein, die der ihres Geburtsgeschlechts entsprechen soll.
In der ungarischen Verfassung ist seit einer Änderung von 2019 festgeschrieben, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich ist, dass ein Vater ein Mann ist und eine Mutter eine Frau.
Gegen die Erweiterung des Whistleblower-Gesetzes hatte die ungarische Präsidentin Katalin Novak ihr Veto eingelegt und den Entwurf zur Überarbeitung an das Parlament zurückgewiesen. Durch die "vage formulierte Anordnung" könnten demnach die Werte der Verfassung nicht ausreichend geschützt werden.
Seit 2018 drängt in Ungarn der rechtspopulistische Ministerpräsident Viktor Orban, der sein Land als "christliches Bollwerk" in Europa sieht, mit immer schärferen Gesetzen Freiheiten zurück. Seine Regierung verbot den Eintrag von Geschlechtsumwandlungen im Personenstandsregister und die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.
Seit 2021 ist es auch verboten, mit Minderjährigen über Homosexualität oder Geschlechtsangleichungen zu sprechen. Dagegen hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das von 15 EU-Ländern unterstützt wird. © AFP
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