Die künftige EU-Kommissionspräsidentin hat 26 Kandidaten für ihr Team vorgeschlagen - einen aus jedem EU-Staat. Die sollen sich ab nächster Woche in Anhörungen beweisen. Aber für zwei Anwärter ist womöglich schon vorher Schluss. Und weitere stehen unter Druck.
Es ist ein Rückschlag für die künftige EU-Kommissionschefin
Wie es nun genau weitergeht, war zunächst noch unklar. EU-Parlamentspräsident David Sassoli werde in einem ersten Schritt den Rechtsausschuss um eine Klarstellung seiner Position bitten, hieß es aus Parlamentskreisen. So soll geklärt werden, ob und wie sich die monierten Interessenkonflikte der Kandidaten auflösen lassen. Nach der Geschäftsordnung muss das nicht zwingend der Austausch eines Kandidaten sein. Es kommt etwa auch der Tausch des vorgesehenen Aufgabenbereichs in der EU-Kommission infrage.
EU-Komission: Rovana Plumb und Laszlo Trocsanyi fallen durch
Der rumänischen Anwärterin Rovana Plumb wird ein Privatkredit zur Wahlkampffinanzierung vorgehalten. Sie hatte sich 800.000 rumänische Lei (etwa 170.000 Euro) privat geliehen und dieselbe Summe ihrer Partei PSD gespendet, um als Kandidatin für das EU-Parlament aufgestellt zu werden. Den Kredit hatte sie - wie ein weiteres Darlehen - zwar in einer Vermögenserklärung in Rumänien erwähnt, nicht aber gegenüber dem EU-Parlament.
In Brüssel sagte Plumb am Donnerstag: "Ich habe nichts Falsches getan." Sie habe stets Recht und Gesetz respektiert und so transparent wie möglich gehandelt. Plumb soll nach von der Leyens Vorschlag eigentlich Verkehrskommissarin werden.
Beim ungarischen Kandidaten Laszlo Trocsanyi sah der Ausschuss den Interessenkonflikt in seiner Beteiligung an einer Anwaltskanzlei, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß. Der Politiker aus der Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban ist als Kommissar für die Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik vorgesehen.
Weitere Kandidaten könnten bei Anhörungen im Parlament straucheln
Von der Leyen hatte Anfang September die 26 Kandidaten aus den EU-Staaten für ihre neue Kommission vorgestellt. Ab kommendem Montag müssen sich die Nominierten Anhörungen in den zuständigen Ausschüssen des Europaparlaments stellen. Auch dabei könnten Abgeordnete noch einmal Vorbehalte geltend machen.
Plumb und Trocsanyi sind aber nach dem Votum des Rechtsausschusses noch nicht einmal für die Anhörungen zugelassen. Von der Leyen kündigte ein Treffen mit Parlamentspräsident David Sassoli an, um weitere Schritte zu besprechen, denn bei den Anhörungen dürften weitere Kandidaten ins Straucheln geraten.
Konkret geht es um den polnischen Anwärter Janusz Wojciechowski und die französische Nominierte Sylvie Goulard, gegen die die EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf ermittelt. Wojciechowski ist durch Unregelmäßigkeiten bei Reiseabrechnungen ins Visier der Ermittler geraten. Er selbst gibt an, "auf eigene Initiative" 11.250 Euro für "nicht ausreichend dokumentierte" Reisekosten für den Zeitraum 2009 bis 2011 erstattet zu haben. Der europäische Steuerzahler habe "keinerlei Verluste" erlitten.
Gegen Goulard gibt es Vorwürfe der Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im EU-Parlament sowie die nicht ordnungsgemäße Deklarierung eines monatlichen Beraterhonorars in Höhe von 10.000 Euro, gezahlt von einer privaten Denkfabrik. Beim Thema Scheinbeschäftigungen hat Goulard nach eigener Aussage "ein reines Gewissen", das Beraterhonorar sei ein "Nicht-Thema", sie habe schließlich alle Einnahmen immer angegeben.
Die Abgeordneten dürften ebenfalls Fragen an den belgischen Kommissionsanwärter Didier Reynders haben, gegen den kürzlich Korruptionsvorwürfe aufgekommen waren. Auch muss sich der designierte Außenbeauftragte Josep Borrell aus Spanien auf schwierige Gespräche einstellen: Gegen ihn soll ein Strafbefehl wegen Insidergeschäften vorliegen. Und bei der portugiesischen Nominierten Elisa Ferreira gibt es Berichte über mögliche Interessenkonflikte mit den Geschäften ihres Mannes.
Vorwurf: Von der Leyen hat Kandidaten nicht genau genug geprüft
Ab nächster Woche müssen sich die Nominierten Anhörungen im EU-Parlament stellen. Einzelne Kandidaten könnten dann noch ausgetauscht werden. Ende Oktober stimmen die Abgeordneten über das Personalpaket als Ganzes ab.
Die neue Kommission soll am 1. November starten. Nun wird der künftigen Kommissionspräsidentin von der Leyen vorgehalten, sie habe die Kandidaten der EU-Staaten nicht genau genug geprüft. (mgb/dpa)
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