- Die Besetzung von Richterposten am Supreme Court gehört zu den wichtigsten Privilegien von US-Präsidenten.
- Biden bekommt nun zum ersten Mal die Chance - und will Geschichte schreiben.
Nach dem angekündigten Rücktritt von Supreme-Court-Richter Stephen Breyer will US-Präsident
Das Oberste US-Gericht stellt mit seinen Entscheidungen zu besonders strittigen Themen wie Abtreibung, Einwanderung oder gleichgeschlechtlichen Ehen immer wieder wichtige Weichen für die Gesellschaft. Die neun Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Ihre Auswahl ist daher ein hart umkämpfter politischer Prozess.
Breyer Ausscheiden ermöglicht Biden erstmals seit seinem Amtsantritt die Neubesetzung eines Sitzes am politisch umkämpften Supreme Court. Der Senat muss Bidens Nominierung zustimmen. In der Parlamentskammer haben Bidens Demokraten eine knappe Mehrheit, die sie aber bei den Kongresswahlen im November an die Republikaner verlieren könnten.
Biden will mit der Nominierung sein Wahlkampf-Versprechen einlösen
Die Personalie ändert nichts an der konservativen Mehrheit an dem Gericht, ist politisch aber dennoch von großer Bedeutung. Ex-Präsident
Derzeit gehören mit Clarence Thomas ein Afroamerikaner und mit Sonia Sotomayor eine Latina dem Obersten Gericht an. Biden hatte bereits im Wahlkampf versprochen, im Fall einer Vakanz erstmals in der Geschichte eine schwarze Frau als Richterin am Supreme Court zu nominieren. Biden will mit seiner Personalpolitik erreichen, dass auch die Spitzen der Institutionen die ethnische Vielfalt und die Diversität der Vereinigten Staaten widerspiegeln. Schwarze machen dort nach offiziellen Statistiken gut 13 Prozent der Bevölkerung aus.
Breyer hatte am Donnerstag offiziell angekündigt, nach fast 28 Jahren am Obersten Gericht bis zum Sommer in den Ruhestand gehen zu wollen. Er gehe dabei davon aus, dass bis zur Sommerpause des Supreme Court Ende Juni oder Anfang Juli eine Nachfolge nominiert und bestätigt werde, teilte der Richter in einem vom Gericht veröffentlichten Schreiben an Biden mit. Es sei ihm "eine große Ehre" gewesen, als Richter dazu beizutragen, dass die Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten würden.
Wahl fordert Geschlossenheit der Demokraten
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, kündigte bereits an, sobald eine Nominierung von Biden vorliege, werde im Justizausschuss "umgehend" eine Anhörung angesetzt. Die Kammer werde die Personalie im gebotenen Tempo prüfen und bestätigen. Dazu brauchen Bidens Demokraten im Senat nur eine einfache Mehrheit, die sie auf die Beine stellen können, sofern sie komplett geschlossen agieren. Bei anderen Themen hakte es an der Geschlossenheit der Demokraten im Senat zwar sehr. Der republikanische Senator Lindsey Graham schrieb aber auf Twitter, er erwarte, dass die Demokraten bei dieser Personalie zusammenstünden.
Der Fraktionschef der Republikaner im Senat, MitchMcConnell, dankte Breyer für dessen Dienste. McConnell appellierte zugleich an Biden, eine Kandidatin oder einen Kandidaten der Mitte zu nominieren. "Der Präsident darf diese wichtige Entscheidung nicht an die radikale Linke auslagern", teilte der Top-Republikaner mit. "Das amerikanische Volk verdient einen Kandidaten, der dem geschriebenen Text unserer Gesetze und unserer Verfassung Respekt zollt."
Im September 2020 war die Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg im Alter von 87 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Der Tod der liberalen Justiz-Ikone wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in jenem Jahr hatte heftige politische Kämpfe ausgelöst. Trump und die Republikaner wollten den dadurch frei gewordenen Sitz unbedingt noch vor der Wahl besetzen und zogen den Bestätigungsprozess ihrer Nachfolgerin, der konservativen Juristin Amy Coney Barrett, im Eiltempo durch - gegen große Widerstände der Demokraten. Seitdem haben die Konservativen die dominierende Mehrheit von sechs der neun Sitze am Gericht. Das könnte die Entwicklung der US-Gesellschaft auf Jahrzehnte beeinflussen. (dpa/fra)
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