Im Supermarkt oder im Restaurant könnte es bald keine "Veggie-Burger" oder "Veggie-Steaks" mehr geben – zumindest nicht unter diesen Namen. Über ein Verbot dieser Bezeichnungen stimmt in dieser Woche das Europaparlament ab. Der Mehrheit der Verbraucher ist das Thema hingegen sprichwörtlich Wurst.
Vegetarische oder vegane Fertigprodukte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Doch mit Produktbezeichnungen wie "Veggie-Burger" oder "Tofu-Schnitzel", die an die altbekannten Erzeugnisse aus Fleisch angelehnt sind, könnte bald Schluss sein.
Das EU-Parlament stimmt in dieser Woche über ein mögliches Vermarktungsverbot von Fleischersatzprodukten ab, die mit solchen Namen werben. Das geht aus einem Gesetzesvorschlag des Landwirtschaftsausschusses hervor. Demnach sollten "sich auf 'Fleisch' beziehende Begriffe und Bezeichnungen (...) ausschließlich den zum Verzehr geeigneten Teilen der Tiere vorbehalten" sein. Als Beispiele führt der Entwurfstext "Steak", "Wurst", "Schnitzel", "Burger" und "Hamburger" auf.
Bei den EU-Abgeordneten geht es aber nicht nur um die Wurst. Auch die Vermarktung von Ersatzprodukten für Milcherzeugnisse könnte laut dem Vorschlag eingeschränkt werden. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2017 dürfen rein pflanzliche Produkte bereits nicht mehr als "Sojamilch" oder "Pflanzenkäse" verkauft werden. Dieses Verbot soll dem Gesetzesentwurf zufolge auf Bezeichnungen wie "'-geschmack', '-ersatz', 'Art' oder dergleichen" ausgeweitet werden.
Der Landwirtschaftsausschuss hatte diese Passagen als Änderungen an einem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission im Rahmen der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik vorgeschlagen. Mitglieder des Ausschusses hatten bereits im Frühjahr 2019 für ein Verbot der Verwendung von "Fleisch"-Bezeichnungen für Produkte auf pflanzlicher Basis votiert.
EU-Fraktionen legen eigenen Vorschläge im "Wurst"-Streit vor
Nun soll das Europaparlament entscheiden. Die Abgeordneten sollen den Text am Dienstag im Parlamentsplenum diskutieren und im Anschluss darüber abstimmen. Ergebnisse dürften frühestens am Mittwoch vorliegen.
Der Ausgang des Votums ist völlig offen, auch weil mehrere EU-Parlamentsfraktionen eigene, zum Teil abgeschwächte Gesetzesvorschläge eingebracht haben:
- Die Konservativen, zu denen CDU und CSU gehören, folgen weitestgehend dem Vorschlag des Landwirtschaftsausschusses. Vom Verbot ausgenommen werden sollen Ihnen zufolge nur Fleischzubereitungskategorien wie Hamburger oder Burger. Das heißt: "Veggie Burger" könnten weiterhin so heißen, "vegetarische Schinken" müssten hingegen umbenannt werden.
- Die Sozialdemokraten wollen fleischbezogene Bezeichnungen ausschließlich für Produkte aus Fleisch reservieren. Zugleich fordern sie die EU-Kommission auf, eine Liste von Produkten auf pflanzlicher Basis zu erstellen, die von dieser Regel ausgenommen werden sollen, wenn sie als "fleischfrei" etikettiert werden. "Veggie-Schinken" könnten also weiterhin so heißen – oder eben gerade nicht.
- Am lockersten wollen die linken und grünen Parteien im Europaparlament vorgehen: Ihnen zufolge sollen zwar die meisten fleischbezogenen Bezeichnungen auch Produkten aus Fleisch vorbehalten sein. Die künftigen Regeln sollen allerdings alle Namen ausnehmen, die mit Begriffen wie "auf pflanzlicher Basis", "fleischfrei", "vegan", "vegetarisch" oder "veggie" verdeutlichen, dass das Produkt nicht auf Fleischbasis hergestellt wurde. Kein Problem also für "Veggie-Schinken", "pflanzliche Salami" oder "vegane Steaks".
Nur jeder fünfte Verbraucher wünscht sich Verbot
Und was sagen die Verbraucher? Laut einer Umfrage des Europäischen Verbraucherverbands vom Herbst 2019 lehnen die meisten EU-Bürger ein Verbot ab. Nur 20 Prozent der Befragten aus elf EU-Staaten waren der Meinung, dass die Verwendung von "Fleisch"-Bezeichnung auf vegetarischen und veganen Produkten nicht erlaubt sein sollte.
42 Prozent der Befragten wünschten sich lediglich eine eindeutige Kennzeichen, aus der hervorgeht, ob es sich um ein tierisches oder pflanzliches Produkt handelt. 26 Prozent sahen überhaupt kein Problem.
Als einer der stärksten Befürworter für ein Verbot gilt der europäische Bauernverband Copa Cogeca. Er forderte die Europäische Union auf, mit "surrealistischen" Beschreibungen Schluss zu machen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Der Verband argumentiert, dass eine Duldung von Begriffen wie "Veganer-Burger" die Verbraucher verwirren und den Bauern schaden würde. (afp/mf)
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