- Etwa die Hälfte der Stimmen könnte bei der Bundestagswahl 2021 per Brief abgegeben werden.
- Das beeinflusst die Genauigkeit der ersten Wahlprognosen um 18:00 Uhr.
- Näher am Endergebnis liegen dann die ersten Hochrechnungen, die nicht mehr auf Nachwahlbefragungen beruhen.
Am Abend der Bundestagswahl werden Millionen Menschen gebannt vor ihren Bildschirmen sitzen. Kurz nach Schließung der Wahllokale werden etwa bei den Rundfunkanstalten ARD und ZDF gegen 18:00 Uhr schon die ersten Prognosen gezeigt. Doch was ist die Grundlage dafür und welchen Einfluss haben die zahlreichen Briefwählerinnen und -wähler?
Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap und die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen positionieren ihre Interviewerinnen und Interviewer vor vielen hunderten Wahllokalen im gesamten Land, wie ihre Sprecher erklären. Wählerinnen und Wähler werden dann kurz nach dem Urnengang am Sonntag gefragt, wo sie ihre Kreuze gesetzt haben. Wie Briefwählerinnen und -wähler abgestimmt haben, ist damit jedoch nicht mit eingerechnet. Dabei könnte etwa die Hälfte der Stimmen per Brief kommen, vermutet eine Sprecherin des Bundeswahlleiters.
Wahlforscher Frank Brettschneider zufolge bringen Meinungsforscher die Briefwahlstimmen auf anderen Wegen in ihre Prognosen ein. In repräsentativen Umfragen kurz vor dem Wahlsonntag - telefonisch oder online – würden Briefwählerinnen und -wähler identifiziert und nach ihrer Wahlentscheidung gefragt. Laut einer Sprecherin von Infratest dimap werden die Briefwahlstimmen anhand von "Vorwahlerhebungen und der Erfahrungen aus der Vergangenheit" mit eingerechnet.
Erste Prognosen könnten ungenauer sein als bei früheren Wahlen
Die 18-Uhr-Prognosen könnten dieses Mal wegen des hohen Anteils an Briefwählerinnen und -wählern trotzdem eine etwas größere Differenz zum Endergebnis aufweisen als üblich, sagt sie. Auch Matthias Jung, Vorstand der Forschungsgruppe Wahlen sagt: "Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Fehler der 18-Uhr-Prognose etwas größer werden." Die Fehler dürften aber "statistisch gesehen zu keinem katastrophalen Ergebnis führen", betont er.
Bei den 18-Uhr-Prognosen vergangener Jahre habe es eine Abweichung von ein bis zwei Prozentpunkten im Vergleich zum amtlichen Endergebnis gegeben. "Das ist durchaus normal", betont Jung.
Brettschneider weist darauf hin, dass es besonders in diesem knappen Wahlkampf auch nach den Prognosen spannend bleiben könnte. "Da können ja nachher 0,3 oder 0,4 Prozentpunkte einen wesentlichen Unterschied machen, auch mit Blick auf die Koalitionsoptionen."
Noch näher am Endergebnis lägen dann schließlich die Hochrechnungen. Diese beruhten nicht mehr auf der Befragung der Wählerinnen und Wähler nach ihrem Urnengang, sondern auf den Stimmauszählungen selbst. Brettschneider fasst zusammen: "Meist ist die Prognose schon ziemlich gut – und die Hochrechnung ist es dann erst recht." © dpa
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