- Im neuen Bundestag ist der Frauenanteil leicht gestiegen. Knapp 35 Prozent der Abgeordneten sind weiblich.
- Wir stellen sechs Frauen vor, die in den kommenden Jahren im Parlament von sich reden machen könnten.
Der neue Bundestag wird anders aussehen als der alte. Er wird unter anderem weiblicher – zumindest ein bisschen. 255 der jetzt gewählten 735 Abgeordneten sind Frauen. Macht eine Quote von 34,7 Prozent.
Damit sind die Frauen im Bundestag immer noch in der klaren Minderheit. Aber immerhin: Höher war ihr Anteil mit 36,3 Prozent nur in der Legislaturperiode 2013 bis 2017. Im Vergleich zur Periode 2017 bis 2021 haben die Frauen jetzt ein bisschen Boden gut gemacht.
In den Fraktionen von Grünen und Linken sind die weiblichen Abgeordneten in der Mehrheit, in der SPD stellen sie immerhin 42 Prozent der Fraktionsmitglieder. Mit 13 Prozent am niedrigsten ist der Frauenanteil in der AfD. Bei Union und FDP liegt er knapp unter der 25-Prozent-Marke.
Von einer gleichberechtigten Vertretung im Parlament ist die weibliche Mehrheit der Gesellschaft damit noch weit entfernt. Doch für Frauen mit Ehrgeiz und Selbstbewusstsein ist in allen Fraktionen gesorgt. Wir stellen sechs von ihnen vor.
Gyde Jensen (FDP)
Wo sie herkommt: "Nich blots snacken. Tohörn. Moken.", stand auf ihren Wahlplakaten. Aus dem Plattdeutschen übersetzt: Nicht bloß reden, sondern zuhören und machen. Jensen stammt aus dem hohen Norden, hat in Kiel Politik und Anglistik studiert und zog 2017für die FDP Schleswig-Holstein in den Bundestag ein – als damals jüngste Abgeordnete. Jetzt ist sie wieder dabei.
Was sie auszeichnet: Die 32-Jährige hat schnell auf sich aufmerksam gemacht. Als Bundestagsneuling übernahm sie 2017 die Leitung des Ausschusses für Menschrechte und humanitäre Hilfe, prangerte Menschenrechtsverletzungen in Belarus genauso an wie unmenschliche Arbeitsbedingungen in Teilen der deutschen Fleischindustrie.
Sie ist Parlamentarierin, gleichzeitig junge Mutter und steht damit für ein modernes Frauenbild. Ihre Partei kann von ihr nur profitieren: Auch wenn
Möglicher Karriereweg: Wird die FDP Teil der nächsten Bundesregierung, werden die Liberalen einige Posten zu vergeben haben. Jensen hätte dann Chancen, den nächsten Karriereschritt zu machen. Zum Beispiel als stellvertretende Fraktionschefin oder Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung.
Ricarda Lang (Grüne)
Wo sie herkommt: Große Karriereschritte hat die 27-Jährige schon vor dem Sprung in den Bundestag gemacht. Sie war Sprecherin der Grünen Jugend und ist seit November stellvertretende Bundessprecherin und frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. Jetzt ist die Schwäbin über die Landesliste Baden-Württemberg in den Bundestag eingezogen – und gehört gleich zum Team, das für ihre Partei die Regierungsbildung sondieren soll.
Was sie auszeichnet:
Möglicher Karriereweg: Als Parlamentsneuling kommt ein Spitzenamt in der Fraktion für sie wohl zu früh. Aber in der Parteiführung? Falls Annalena Baerbock und Robert Habeck als Minister in die nächste Bundesregierung wechseln, werden die Grünen jedenfalls neue Vorsitzende brauchen.
Silvia Breher (CDU)
Wo sie herkommt: Die Frau mit der auffälligen Frisur ist Bauerntochter und Rechtsanwältin aus dem tiefschwarzen Westen Niedersachsens. 2017 wurde sie als Direktkandidatin der CDU erstmals in den Bundestag gewählt.
Was sie auszeichnet: Breher hat eine Blitzkarriere hingelegt: Schon zwei Jahre nach ihrem Einzug in den Bundestag wurde sie 2019 stellvertretende Parteivorsitzende. In Armin Laschets Zukunftsteam war sie für Familienthemen zuständig. Auch als der Kanzlerkandidat am Wahlabend vor die Presse trat, stand sie direkt neben ihm.
In der Union schätzt man Brehers unverstellte Sprache und ihren Optimismus. Als Frau aus dem ländlichen Raum steht sie für die klassische CDU-Klientel, ohne allzu konservativ zu wirken.
Möglicher Karriereweg: Die 48-Jährige käme als Ministerin oder Staatssekretärin in Betracht, falls die Union es doch in die Regierung schafft. Zum Beispiel im Familien- oder Landwirtschaftsressort.
Jessica Rosenthal (SPD)
Wo sie herkommt: Die 28-Jährige arbeitete bisher in Bonn an einer Gesamtschule. Anfang dieses Jahres wurde sie Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos. Jetzt ist sie in den Bundestag eingezogen – auch wenn sie das Direktmandat in Bonn den Grünen überlassen musste.
Was sie auszeichnet: Der Juso-Chefposten war schon für einige Genossinnen und Genossen ein Karrieresprungbrett: Gerhard Schröder, Andrea Nahles und jüngst natürlich Kevin Kühnert haben es genutzt. Rosenthal spricht geschickt immer wieder über ihre Berufserfahrung als junge Lehrerin. Damit macht sie deutlich, dass sie das Leben "da draußen" kennengelernt hat, statt direkt von der Universität in die Parlamente zu wechseln.
Möglicher Karriereweg: Rosenthal wird wohl neben Kevin Kühnert die inoffizielle Anführerin der Jusos in der gewachsenen Bundestagsfraktion. Auf Twitter hat sie schon deutlich gemacht, dass mit den jungen und selbstbewussten Genossinnen und Genossen zu rechnen sein wird: Sie stellen 23 Prozent der SPD-Abgeordneten.
Amira Mohamed Ali (Linke)
Wo sie herkommt: Die Rechtsanwältin wurde 2017 in den Bundestag gewählt. Dort war sie zuerst für Verbraucherschutz und Tierschutz zuständig. Als Sahra Wagenknecht sich von dem Posten zurückzog, wurde die zuvor wenig bekannte Mohamed Ali neben Dietmar Bartsch Fraktionsvorsitzende der Linken.
Was sie auszeichnet: In der zerstrittenen Linksfraktion hat Mohamed Ali nach Auskunft von Abgeordneten für Ruhe und sachlichere Debatten gesorgt. Auch wenn die 41-Jährige zum linken Flügel der Fraktion gezählt wird, ist Polarisierung nicht ihr Ding. In ihren Reden setzt sie mehr auf gute Argumente als auf Zuspitzung.
Möglicher Karriereweg: Nach der herben Wahlschlappe gibt es bei der Linken gerade keine Posten zu verteilen. Mohamed Ali kann aber hoffen, zumindest den Fraktionsvorsitz zu behalten. Da sie nicht als Spitzenkandidatin angetreten ist, kann man ihr das Abschneiden der Linken kaum anlasten.
Joana Cotar (AfD)
Wo sie herkommt: Cotar wurde in Rumänien geboren, wuchs in Hessen auf und ist studierte Politikwissenschaftlerin. 2017 zog sie für die AfD in den Bundestag ein, wo sie in ihrer Fraktion für Digitalpolitik zuständig ist. Im Frühjahr bewarb sie sich um die Spitzenkandidatur ihrer Partei bei der Bundestagswahl – unterlag aber Alice Weidel und Tino Chrupalla.
Was sie auszeichnet: Inhaltlich bedient Cotar das typische AfD-Programm, ist gegen die Corona-Politik und die Aufnahme afghanischer Geflüchteter. Bei der Wählerschaft ihrer Partei kommt das an. Allerdings gilt sie als Teil des moderaten Flügels. Ihre Botschaften vermittelt Cotar im Umgang mit Medien weniger aggressiv als andere AfD-Politiker – sondern immer mit einem Lächeln im Gesicht.
Möglicher Karriereweg: Auch wenn sie beim Rennen um die Spitzenkandidatur deutlich unterlag: Die 48-Jährige hat zumindest den Finger gehoben und sich innerparteilich bekannt gemacht. Ob es zu einem herausgehobenen Posten reicht, bleibt aber abzuwarten: Der moderate AfD-Flügel geht geschwächt aus der Bundestagswahl hervor.
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