Auf Tiktok verbreitet sich die Behauptung, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz habe angekündigt, eine Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren. Doch dafür gibt es keinerlei Belege. Was fordert die CDU zur Wehrpflicht?

Sollte Friedrich Merz (CDU) Kanzler werden, sei seine erste Amtshandlung, die Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren. Das habe Merz bereits angekündigt. So lautet zumindest die Behauptung eines TikTok-Videos im November 2024, das über 400.000 Mal aufgerufen wurde. Demnach wolle Merz auch, dass Rentner während dieses Wehrdienstes in die Rentenkasse einzahlen. Die CDU arbeite gar schon an entsprechenden Entwürfen.

Mehr aktuelle News

Die Behauptung verbreitet sich weiter auf anderen Sozialen Netzwerken. Manche kommentierten dazu: "Dieser Mensch ist nicht wählbar", oder: "Jetzt erst Recht die AfD wählen". Ein anderer Nutzer fragte nach der Quelle für die Behauptung.

CDU möchte Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen

Mehrere Google-Suchen belegen: Es gibt keine belastbare Quelle. Die angebliche Ankündigung von CDU-Kanzlerkandidat Merz, über einen Wehrdienst für Rentner zu diskutieren, steht in keinerlei Medienberichten. Ein CDU-Pressesprecher schreibt uns auf Anfrage: "Zu diesem Thema kursierende Beiträge sind allesamt Unfug, Herr Merz hat nichts dergleichen gefordert." Auch im Grundsatzprogramm der CDU steht nichts von einer angeblichen Wehrpflicht für Rentner.

Auf ihrem Bundesparteitag im Mai 2024 stimmte die CDU dafür, dass die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurückgenommen wird. Die CDU möchte die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen. Wie Medien berichteten, geht es bei diesem Vorschlag jedoch um junge Menschen.

Wie die "Welt" im Juni 2024 berichtete, schlug Ex-CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zwar vor, dass ältere Menschen zu Beginn ihres Ruhestands einen sogenannten verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft leisten könnten. Schröder ordnete aber ein, ihr Vorschlag sei "provokant und ironisch" gemeint gewesen.

Nach einer Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck an den TikTok-Nutzer wurde das Video offenbar gelöscht. Die Fragen beantwortete der Nutzer nicht.

Ehemalige Ampel-Regierung setzt auf neue Form des freiwilligen Wehrdienstes

Seit 2011 ist die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Wie das Bundesverteidigungsministerium auf seiner Website erklärt, kommt die Wehrpflicht nur dann wieder zum Einsatz, wenn ein Spannungs- oder Verteidigungsfall festgestellt wird. Laut dem Wehrpflichtgesetz sind alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an wehrpflichtig (Paragraf 1). Die Wehrpflicht endet mit Ablauf des Jahres, in dem das 45. Lebensjahr vollendet oder, im Spannungs- oder Verteidigungsfall, das 60. Lebensjahr vollendet wird (Paragraf 3).

Nicht nur die CDU plant Änderungen zur Wehrpflicht-Regelung, sondern auch die ehemalige Ampel-Regierung. Der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eingebrachte Gesetzentwurf von Anfang November 2024 sieht die Einführung eines "neuen Wehrdienstes" vor. Damit soll die sogenannte Wehrerfassung und -überwachung wieder eingeführt werden. Dazu ist unter anderem eine für Männer verpflichtende Befragung vorgesehen über ihre Bereitschaft und Fähigkeit, den Wehrdienst abzuleisten. Es sei davon auszugehen, heißt es im Entwurf, dass sich damit die Zahl der freiwilligen Bewerber für den Wehrdienst erhöhen wird.

Der Gesetzentwurf liegt aktuell beim Bundesrat. Die Beratungen dazu sind noch nicht abgeschlossen (Stand: 29. November 2024). Nachdem die Ampelkoalition im November 2024 zerbrochen ist, ist ungewiss, ob das Gesetz kommen wird. Eine Erhöhung des Wehrpflichtalters in die übliche Rentenzeit hinein sieht jedoch auch dieser Entwurf nicht vor.

Über CORRECTIV

  • CORRECTIV ist ein gemeinnütziges, unabhängiges und vielfach ausgezeichnetes Recherchezentrum. Die investigativen Journalisten recherchieren langfristig zu Missständen in der Gesellschaft, wie dem Cum-Ex-Steuerraub oder illegaler Parteifinanzierung.
  • Eine eigene Faktencheck-Redaktion - CORRECTIV.Faktencheck - überprüft irreführende Behauptungen und Gerüchte in den sozialen Medien. Die Faktenchecker erklären, wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschmeldungen schützen können.
  • Immer freitags erhalten Sie die neuesten Faktenchecks zu Gerüchten im Netz direkt in Ihr Postfach: Abonnieren Sie hier den CORRECTIV Newsletter.
  • Wenn Sie auf mögliche Falschmeldungen oder Gerüchte stoßen, können Sie diese CORRECTIV.Faktencheck zur Überprüfung schicken — entweder über den CrowdNewsroom oder über WhatsApp an die +49-151-17535184.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.