Am 22. September 2013 sind 61,8 Millionen Deutsche aufgerufen, ihre Stimmen zur Bundestagswahl abzugeben. Das ist auf der Hallig Gröde nicht anders als in Berlin, Pirmasens oder Stuttgart. Aber nirgendwo anders ist der Urnengang so schnell erledigt.
Eine Wahl bedeutet in der Vorbereitung und Durchführung einen enormen logistischen Aufwand. Für die Bundestagswahl 2013 wurde die Bundesrepublik in 299 Wahlkreise eingeteilt. Sie sind in der Reihenfolge der Bundesländer von Nord nach Süd durchnummeriert.
Ziel ist es, dass jeder Wahlkreis etwa gleich viele Einwohner hat. Kommt es zu Abweichungen von mehr als 25 Prozent, muss neu verteilt werden. Wahlkreise sind dabei immer innerhalb eines Bundeslandes angelegt, grenzübergreifende Varianten gibt es nicht.
Ausnahme Hallig Gröde
Schleswig-Holstein als nördlichstes Bundesland führt die Liste mit den Wahlkreisen 1 bis 11 an. Bei den jeweiligen Wahlen werden diese Wahlkreise für die ganz praktische Durchführung nochmal in kleinere Einheiten, die Wahl- oder Stimmbezirke unterteilt. Der kleinsten Verwaltungseinheit werden dann jeweils ein Wahllokal und ein Wahlvorstand zugeteilt. Laut Gesetz sollen in Deutschland auf einen Stimmbezirk nicht mehr als 2.500 Wahlberechtigte entfallen - darüber kann man auf der Hallig Gröde allerdings nur schmunzeln.
Bei der Bundestagswahl 2009 gab es im kleinsten Wahlbezirk des Landes ganze 13 Wahlberechtigte, bei der Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl im vergangenen Jahr waren es sogar nur 11 Stimmen. Bei jeder Wahl ist die kleine Marschinsel Gröde der erste ausgezählte Stimmbezirk.
Gröde zählt zu den Halligen, einer Gruppe kleiner Inseln im Wattenmeer der Nordsee. Entstanden sind diese vergänglichen Schönheiten bei Ebbe und Flut beziehungsweise bei Sturmfluten, die über Jahrhunderte Landflächen weggerissen und an anderer Stelle Sedimente neu angelagert haben. Die Einwohnerzahl auf Gröde, der kleinsten selbständigen deutschen Gemeinde, wechselt je nach Jahreszeit. Mehr als 50 Mal im Jahr ist landunter angesagt, so dass nur die beiden Warften, also die aufgeschütteten Hügel, auf denen die reetgedeckten Wohngebäude liegen, aus dem Wasser ragen. Zum Jahreswechsel 2011/12 waren nur fünf Menschen auf der Hallig. Im Sommer, wenn sich auch Touristen für die Eilande interessieren und Schafe und Kühe auf der knapp zweieinhalb Quadratkilometer großen Insel grasen, sind es an die siebzehn ständige Bewohner, die in ihren fünf Unterkünften auch Gäste aufnehmen.
Wahl auf Gröde - familiäres Erlebnis
Der Wahltag hat hier so etwas wie einen Kultstatus. Wenn direkt nach dem landesweiten Schließen der Wahllokale um 18.00 Uhr die TV-Kanäle ihre Prognosen verkünden, kommt das erste reale, also vollständig ausgezählte Ergebnis immer von Gröde. Das Wahllokal auf Gröde befindet sich in der guten Stube von Bürgermeister Volker Mommsen.
Mommsen, seit etwa 25 Jahren Bürgermeister auf Gröde, hat 2009 in einem Interview für "Die Welt" berichtet, dass wie überall in Deutschland das "Wahllokal" der Insel von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet hat. Allerdings gaben meist bis Mittag jeder Wähler seine Stimme ab. Und die Atmosphäre ist eine ganz besondere. "Die Wahlurne steht bei mir zu Hause auf der Knudswarft im Wohnzimmer. Da verläuft die Wahl sehr familiär. Für jeden gibt es eine Tasse Kaffee. Meist ergibt sich auch ein Klönschnack."
Eine fast hundertprozentige Wahlbeteiligung, wie die Hallig Gröde sie vorweisen kann, ist andernorts unerreicht. Im bundesweiten Schnitt lag die Beteiligung 2009 bei rund 72 Prozent, ein historischer Negativrekord.
Wahlberechtigte und -kreise deutschlandweit
Die meisten Wahlberechtigten gibt es 2013 wieder in Nordrhein-Westfalen, wo 13,2 Millionen Menschen in 64 Walkreisen an die Urnen gerufen werden. Zahlenmäßig folgen Bayern mit 9,3 Millionen potentiellen Wählern in 45 Wahlkreisen und Baden-Württemberg mit 7,8 Millionen und 38 Wahlkreisen. Die wenigsten Wahlberechtigten haben mit 0,5 und 0,8 Millionen Bremen und das Saarland, wo zwei beziehungsweise vier Wahlkreise bestehen. In Schleswig-Holstein sind in den elf Wahlkreisen immerhin 2,2 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen.
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