- Im Triell wirft Armin Laschet (CDU) seinem Kontrahenten Olaf Scholz (SPD) mangelnde Abgrenzung zur Linken vor.
- Scholz müsse eine Koalition mit der Partei ausschließen, findet Laschet.
- Gerade in der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es tatsächlich viele Hürden für ein Bündnis aus SPD und Linke. Eine Übersicht.
Es war einer der wenigen Wirkungstreffer, die
Auf ein eindeutiges Ja oder Nein zu Rot-Grün-Rot ließ Scholz sich freilich nicht festnageln. Nur so viel: Es gebe "Prinzipien", über die er "nicht und mit niemandem" verhandeln werde. Deutschlands Mitgliedschaft in der NATO sei eines davon.
Doch die Frage nach dem Verteidigungsbündnis ist längst nicht das einzige Thema, das einer Verbindung von SPD und Linke im Weg stehen dürfte. Laschet selbst warf gleich noch ein paar in die Runde, etwa die Rolle des Verfassungsschutzes oder ganz aktuell die Positionen der Parteien hinsichtlich des Afghanistan-Einsatzes. Ein Blick in das Linke-Wahlprogramm:
Die Linke und die NATO
Seit 1955 ist die Bundesrepublik Mitglied der North Atlantic Treaty Organization und bekennt sich damit wie die restlichen Unterzeichner zu Frieden, Demokratie, Freiheit und der Herrschaft des Rechts.
Die Linke allerdings hält das Bündnis für ein "Relikt des Kalten Kriegs" und fordert eine Politik der Entspannung gegenüber Russland. Auch habe die NATO mit ihrem "'Krieg gegen den Terror' keine Sicherheit geschaffen". Im Linke-Wahlprogramm heißt es dementsprechend deutlich: "Wir fordern die Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat."
Sollte es nach der Bundestagswahl tatsächlich eine Mehrheit für SPD, Grüne und Linke geben, prallen beim Thema NATO definitiv Welten aufeinander.
Die Linke und die Bundeswehr
Auch bei der Finanzierung der Truppe hatte Laschet am Sonntagabend versucht, Scholz in die Ecke zu drängen - allerdings mit wenig Erfolg. Der Finanzminister betonte vielmehr, wie stark der Wehretat unter der letzten schwarz-gelben Bundesregierung zusammengeschrumpft sei, und dass er ihn deutlich gesteigert habe, zuletzt auf mehr als 50 Milliarden Euro.
Neben den grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Linke und SPD in der Verteidigungspolitik spielt in der Debatte das 2-Prozent-Ziel der NATO eine wichtige Rolle. Demnach soll jedes Mitglied zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung aufwenden. Bei Deutschland waren es 2020 1,57 Prozent.
Für die Linke dürfte selbst das zu viel sein. Vom 2-Prozent-Ziel will sie sich ohnehin verabschieden und schreibt im Wahlprogramm: "Die Rüstungsausgaben müssen gesenkt, die Rüstungsexporte gestoppt und die Auslandseinsätze der Bundeswehr beendet werden." Oder, wie es Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow unlängst im Gespräch mit unserer Redaktion formuliert hat: "Es hat kein deutscher Soldat mit einer Waffe in der Hand etwas im Ausland zu suchen."
Wie weit SPD und Linke in diesem Punkt voneinander entfernt liegen erkennt, wer den Passus zur Bundeswehr im SPD-Zukunftsprogramm nachschlägt: "Für uns steht fest, dass wir nur mit einer gut ausgestatteten und modernen Bundeswehr unseren Aufgaben als zuverlässiger Partner in Europa und der NATO gerecht werden können."
Die Linke und Afghanistan
Böswillig gelogen hat Armin Laschet im Triell vermutlich nicht, als er behauptete, die Linke habe im Bundestag gegen die Rettung der Menschen in Kabul gestimmt. Aber korrekt war seine Aussage nicht. Bei der Abstimmung über den Rettungseinsatz stimmten zwar tatsächlich sieben Linke-MdBs mit Nein, allerdings auch fünf mit Ja; 43 enthielten sich.
Wobei zur Wahrheit auch gehört: Bisher hat die Linke grundsätzlich immer und mit überragender Mehrheit gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gestimmt. Für die Partei stellt also die mehrheitliche Enthaltung bereits eine kleine Zäsur dar.
Dass sie trotzdem mit Nein gestimmt hat, begründet die Linke-Außenpolitikexpertin Sevim Dagdelen im "Spiegel" damit, dass der Einsatz völkerrechtswidrig sei, weil er auf dem Einvernehmen mit der afghanischen Regierung fuße, die faktisch die Macht an die Taliban im Land verloren habe. Vorsichtiger äußerte sich Co-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch. Zwar sei der Einsatz "nicht zustimmungspflichtig", dennoch bedanke er sich bei den deutschen Soldaten.
Prügel für das Linke-Abstimmungsverhalten gab es natürlich dennoch - auch von der SPD. "Es ist extrem enttäuschend, dass die Linke einerseits den Schutz von den Taliban bedrohter Menschen in Afghanistan fordert und sich dann verweigert, dass diesen Menschen auch geholfen wird", sagte der SPD-Außenexperte Nils Schmid der "Welt".
Die Linke und der Verfassungsschutz
Auch in puncto innere Sicherheit wäre eine Zusammenarbeit von Linke und SPD schwierig zu realisieren. Der "sogenannte Verfassungsschutz" schütze nicht die Demokratie, sondern oft rechte Strukturen, heißt es im Linke-Wahlprogramm. "Wir wollen die Verfassungsschutzbehörden in dieser Form auflösen." Ersetzt werden sollen sie durch eine nicht näher definierte "unabhängige Beobachtungsstelle".
Die SPD dagegen setzt auf die in jüngster Vergangenheit nicht nur wegen ihrer Rolle in der Affäre um die rechte Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) schwer kritisierte Behörde. Zur Abwehr von Extremisten und Terroristen kündigt die SPD vor der Wahl per Zukunftsprogramm an: "Um dieser erheblichen Gefahr wirksam begegnen zu können, muss der Verfassungsschutz die Rolle eines demokratischen Frühwarnsystems erfüllen."
Beziehungsstatus: Es ist kompliziert
Kurzum: Wenn beide Parteien bei den Ankündigungen aus ihren Programmen bleiben, dürfe eine Zusammenarbeit, geschweige denn eine Koalition, kaum machbar sein. Das sieht mit einiger Sicherheit auch der im eher konservativen SPD-Spektrum verhaftete Kanzlerkandidat Scholz so. Allerdings hat er auch den Kampf um den SPD-Vorsitz vor nicht einmal zwei Jahren gegen die deutlich weiter links stehenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verloren.
Dazu kommt der gerade bei jungen Anhängern populäre frühere Juso-Chef Kevin Kühnert, der die Tür für ein linkes Bündnis ebenso geöffnet halten möchte. Kühnert hatte gerade erst im Talk von Anne Will Gelegenheit, die Kampagne insbesondere der Union gegen Rot-Grün-Rot auf Korn zu nehmen. "Wenn man Leuten weismachen will, dass mit Olaf Scholz, ich wiederhole, Olaf Scholz die kommunistische Gewaltherrschaft Einzug hält in Deutschland (…), dann ist man falsch gewickelt", rief Kühnert CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak zu.
Tatsächlich wendet die Union seit Wochen in den sozialen Medien viel Energie dafür auf, vor einem Linksruck zu warnen, sollten SPD, Grüne und Linke an die Regierung kommen. Bei den Wählern allerdings verfängt dieser "grandiose Quatsch" (Kühnert) offenbar nicht. Im Gegenteil: Im ZDF-Politbarometer lag jede mögliche Regierungskoalition mit der Union in puncto Beliebtheit hinter dem Linksbündnis.
Für die Union dürfte all das zweierlei bedeuten: Erstens scheint der Trend in den aktuellen Umfragen durch eine Angstkampagne nicht zu drehen zu sein. Gegen den souverän-langweiligen Olaf Scholz dürfte es inhaltliche Ansagen von CDU und CSU brauchen.
Und zweitens ist eine Verbindung von SPD und Linke nach einem Blick in die Wahlprogramme sowieso unrealistisch. Wenn es für die Union wirklich in die Opposition geht, dann wird das wohl eher durch ein Ampelbündnis passieren. Armin Laschet hätte dann immerhin eine Sorge weniger: Für die FDP steht die deutsche NATO-Mitgliedschaft nicht zur Disposition.
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