- Leserinnen und Leser fragen Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker - unser Format bietet den Usern unserer Plattform die Möglichkeit, einen direkten Draht zum Berliner Politikbetrieb herzustellen.
- Vor der Bundestagswahl brennen den Leserinnen und Lesern offenbar sehr viele Probleme unter den Nägeln.
- Hier beantwortet Ralph Brinkhaus, Chef der CDU/CSU-Fraktion, zehn Fragen, unter anderem zum Benzinpreis, zur Rente, zum Asylrecht und zur Freigabe von Cannabis.
Vor der Bundestagswahl am 26. September haben wir unseren Leserinnen und Lesern die Chance gegeben, ihre Fragen und Anliegen an sechs Spitzenkräfte der im aktuellen Bundestag vertretenen Parteien zu schicken.
Teil 1: Ihre Fragen an Linke-Politiker Gregor Gysi
Gregor Gysi (Die Linke),
Hier nimmt Ralph Brinkhaus, der Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Stellung.
"Ihre Partei möchte Steuererhöhungen unter anderem zur Finanzierung der Tilgung der neuerlichen Staatsverschuldung aus der noch nicht beendeten Corona-Pandemie, aber auch der unbedingt notwendigen Modernisierung fast aller Bereiche in Deutschland vermeiden. Woher soll das Geld für die Zukunftsinvestitionen also kommen?"
Jürgen, Landkreis Nordsachsen, 57, freiberuflicher Ingenieur
Ralph Brinkhaus: Steuererhöhungen wollen wir nicht, weil damit das wirtschaftliche Wachstum abgeschwächt würde. Jetzt nach der Coronakrise muss die Wirtschaft wieder in Fahrt kommen, da sind Steuererhöhungen Gift. Unser Plan ist deswegen: Wir wollen aus der Krise mit voller Wirtschaftskraft herauswachsen. Genauso haben wir es nach der Finanzkrise 2011 gemacht. Ich bin sehr optimistisch, dass das wieder klappt, weil wir unglaublich gute Voraussetzungen in Deutschland haben: Wir haben tolle Unternehmen, wir haben sehr kreative Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und tolle Forscher und Ingenieure.
"Was halten Sie von der Frauenquote?"
Gerlinde, Potsdam, 63, Rentnerin
Brinkhaus: In wichtigen Posten in der Wirtschaft sind Frauen heute immer noch unterrepräsentiert. Ich bin sehr froh, dass wir dagegen etwas unternommen haben: Wir haben vor der Sommerpause ein Gesetz verabschiedet, sodass Frauen in den Vorständen großer deutscher Unternehmen künftig stärker vertreten sind. Schon seit vier Jahren gilt für Aufsichtsräte eine Frauenquote, und diese Regelung wirkt: Zum Jahresende 2020 lag der Frauenanteil in Aufsichtsräten in der Privatwirtschaft schon bei über 35 Prozent. Das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.
"Welche Möglichkeiten sehen Sie, um besonders Frauen besser abzusichern, wenn sie später in Rente gehen? Ich denke da am meisten an berufstätige alleinerziehende Mütter, die doch tagtäglich vor einer großen Herausforderung stehen und auch in der heutigen Zeit oft noch weniger Lohn als Männer beziehen."
Sieglinde, Landkreis Friesland, 73, Rentnerin
Brinkhaus: Wer ohne Partner Kinder großzieht, kommt finanziell schwer über die Runden. Um ihnen das Leben zu erleichtern, haben wir schon eine deutliche Entlastung für Alleinerziehende beschlossen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt von 1.908 Euro auf 4.008 Euro und gilt auch in diesem und den nächsten Jahren fort. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen und Alleinerziehende weiter entlasten. Wir haben überhaupt sehr viel unternommen, um Familien finanziell zu helfen, so haben wir beispielsweise das Kindergeld um 25 Euro erhöht und den Kinderzuschlag auf bis zu 205 Euro monatlich erhöht. Das ist die beste Grundlage für eine auskömmliche Rente später.
"Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass Beamte (auch Politiker) keine Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Pflege- und Krankenversicherung zahlen. Wann wird das endlich geändert, damit die Rentenkassen entsprechend mehr Einnahmen haben?"
Silvia, Cuxhaven, 58, Kaufmännische Angestellte
Brinkhaus: Zunächst einmal finde ich wichtig, festzuhalten, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung in der Krise unter schwierigen Bedingungen wirklich großartige Arbeit geleistet haben. Es ist für unseren Staat unumgänglich, dass der öffentliche Dienst des Bundes auch weiterhin seine Aufgaben mit gut ausgebildeten und motivierten Beschäftigten effizient erledigt. Dazu brauchen wir zum Beispiel in den Bereichen Polizei, Bundeswehr und Finanzen Mitarbeiter, die eine besondere Bindung und Loyalitätspflicht zum Staat haben, dafür ist die Verbeamtung ein guter Weg.
"Das staatliche Verbot von Cannabis ist gescheitert. Die Zahlen von Konsumenten jedes Alters steigen. Wird es in der nächsten Legislaturperiode mit der CDU zu einer Liberalisierung von Cannabis als Genussmittel kommen?"
Philipp, Friedberg (Hessen), 26, Architekt
Brinkhaus: Eine verantwortungsvolle Gesundheits- und Drogenpolitik – und genau dafür stehen die Unionsparteien – muss einer Ausweitung riskanter und gesundheitsgefährdender Konsummuster entgegenwirken. Daher dürfen und werden wir keine zusätzliche Einladung für eine illegale Droge wie Cannabis aussprechen.
"Bei der Diskussion um ein Tempolimit auf Autobahnen steht die CDU für an den Verkehr angepasste Limits. Wie sieht das bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit Grün aus? Wäre ein Tempolimit 'Verhandlungsmasse' oder kann ich mich bei der CDU auf die Ablehnung eines allgemeinen Tempolimits verlassen?"
Helmut, Hessen, 54, Angestellter im Außendienst
Brinkhaus: Wir haben uns als Union dazu - wie Sie es auch ausgeführt haben - klar positioniert und so gehen wir dann auch in die Koalitionsverhandlungen, wenn wir dazu einen Wählerauftrag bekommen.
"Als Eltern eines schwer behinderten, erwachsenen Sohnes sind wir auf ein Auto angewiesen und die Benzinpreise machen uns heute schon stark zu schaffen. Welche Richtung wird die Union in Bezug auf steigende Spritpreise einschlagen?"
Wolfgang, Sachsen-Anhalt, 73, Rentner
Brinkhaus: Wir halten beim Benzinpreis Maß und Mitte. Ich will aber auch hier sehr klar sein: Benzin wird in den kommenden Jahren nach und nach teurer werden – den Kampf gegen den Klimawandel gibt es nicht umsonst. Uns von der Union ist es aber wichtig, realistische und faire Übergangszeiträume zu schaffen. Die Menschen sollen natürlich ihr Auto weiter nutzen, müssen sich aber darauf einstellen, künftig auf verbrauchsarme Wagen oder Elektroautos umzusteigen. Dabei werden wir sie mit Prämien- und Anreizprogrammen unterstützen.
"Wie wollen Sie die Flüchtlingswelle eindämmen und warum setzen Sie sich nicht ein, dass die abgelehnten Asylsuchenden zurückgeführt werden?"
Peter, Wiesbaden, 75, Rentner
Brinkhaus: Die Union steht auch in der Migrationspolitik für Maß und Mitte. Wir schützen mit unserem Asylrecht diejenigen, die wirklich verfolgt werden. Wir haben bei diesem Thema sehr viel in den vergangenen Jahren erreicht und die Zahlen sind ja deutlich zurückgegangen. Aber klar ist für mich auch: Wer abgelehnt wurde in Deutschland, muss zurück in seine Heimat. Das ist eine ganz grundsätzliche Frage unseres Rechtsstaates, aber ich weiß auch, dass wir da besser werden müssen. Denn wir wollen Zuwanderung konsequent steuern und kontrollieren. Damit haben wir eine komplett andere Position als SPD, Linke und insbesondere die Grünen. Ein Einwanderungsministerium wie von Frau Baerbock vorgeschlagen, ist da ein völlig falsches Signal. Damit werden im Ergebnis Einwanderungshürden weiter abgesenkt werden, was letztlich einen höheren Zuwanderungsdruck insbesondere von Unqualifizierten mit sich bringen wird.
"Wissen Sie eigentlich über die Alltagsprobleme der Bürgerinnen und Bürger Bescheid oder verliert man als Abgeordneter die Sicht auf diese Probleme? Welches ist Ihrer Meinung nach das größte Alltagsproblem der Bürgerinnen und Bürger?"
Holger, Hof (Bayern), 46, Lehrer
Brinkhaus: Die meisten Abgeordneten wohnen und leben mit ihren Familien und Freunden vor Ort in ihren Wahlkreisen. Sie haben nicht nur ihre Sprechstunden, sondern sind darüber hinaus auch viel unterwegs, in Betrieben, sozialen Einrichtungen auf Volksfesten und in Schulen. Dort wird natürlich über alles gesprochen. Da sagen die Leute, was ihnen wichtig ist: Das ist die Zukunft ihrer Arbeitsplätze, eine intakte Umwelt, die Pflegesituation, Rente, Schulen und Kitas, aber auch Sicherheit und Migration.
"Als jahrelanger CDU-Stammwähler bin ich über das aktuelle Auftreten der CDU/CSU entsetzt. Diese zum Teil offen ausgetragene Uneinigkeit beider Fraktionen ist der letzten Volkspartei unwürdig und spielt nur den politischen Gegnern in die Hände. Was gedenken Sie als Fraktionsvorsitzender zu tun? Haben Sie überhaupt die Möglichkeit dazu, etwas zu ändern?"
Stefan, Wolfsburg, 47, Schulleiter
Brinkhaus: CDU und CSU sind Volksparteien, die ein breites Spektrum an Meinungen in sich vereinen – diese Vielfalt ist nicht nur normal, sie ist auch gewünscht, um die Anliegen der Menschen in unserem Land in der ganzen Breite widerzuspiegeln. Als Fraktionschef ist es meine wichtigste Aufgabe, die verschiedenen Strömungen, die unsere Bundestagsabgeordneten repräsentieren, unter einen Hut zu bringen. Das ist sehr anspruchsvoll, bereitet mir aber auch viel Freude.
In der dritten Folge unserer Reihe stellt sich Grünen-Politiker
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