• Am Wochenende wird gewählt, die Inhalte sind ausgetauscht.
  • Jetzt geht es um Nuancen: Wer kann mit wem?
  • In der großen Schlussrunde kommt es dabei auf die leiseren Töne an.

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Es ist die Blaupause für die große Elefantenrunde nach der Bundestagswahl am Sonntag: Das Spitzenpersonal aller großen Parteien steckt seine Territorien ab. Keine drei Tage vor dem Urnengang richtet sich der Blick bei der TV-"Schlussrunde" schon darauf, wer zusammen passen könnte - und weniger auf Wahlausgang und Programme.

ARD und ZDF haben die Politiker in vermeintliche Lager geordnet: Auf der einen Seite der Moderatoren Linke, Grüne und SPD, auf der anderen CDU, CSU, FDP, ganz außen die AfD. Doch so einfach ist es diesmal nicht, wenn es um mögliche Koalitionen geht. Man muss auf Nuancen achten: Wer blinkt in Richtung welcher Koalition, wer geht auf Distanz zu wem? Und wie gehen der gescheiterte und der tatsächliche Kanzlerkandidat der Union miteinander um? Ein Blick auf die Achsen in der Auseinandersetzung von sechs Spitzenkandidaten und CSU-Chef Markus Söder:

Rot und Grün gesellt sich gern?

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz macht keinen Hehl daraus, dass die Grünen sein Lieblings-Koalitionspartner sind. Ob die Grünen das auch so sehen und zusammen mit SPD und FDP eine Ampel anstreben - oder ob sie doch lieber eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP eingehen, ließ Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Schlussrunde offen. Im letzten Triell der Kanzlerkandidaten am vergangenen Wochenende hatte man zeitweise fast den Eindruck eines Schulterschlusses zwischen ihr und Scholz, etwa als sie sich beim Thema Mindestlohn gegenseitig die Bälle zuspielten.

Diesmal sind die Zwischentöne andere: Wo war die SPD, als die Sozialwohnungen abgeschafft wurden, fragte etwa Baerbock. Zum umstrittenen Mietdeckel sagte Scholz klar Nein, Baerbock vermied eine eindeutige Position. Ausdrücklich ging sie auf Distanz zu beiden derzeitigen Regierungsparteien, die sich aktuell in den Umfragen duellieren. "CDU und SPD stehen für Weiter so", erklärte sie. Die Grünen wollten ein neues Kapitel beim Klimaschutz aufschlagen - und dies mit den Parteien tun, mit denen das am besten gelinge. Am liebsten natürlich, so betonte Baerbock, in einer grün geführten Regierung. In den Umfragen scheint das aber keine Option mehr zu sein.

FDP plus X

Die Situation der FDP ähnelt der der Grünen: Nach derzeitigem Stand scheinen Koalitionen sowohl mit Union und Grünen, als auch mit SPD und Grünen möglich. Beide könnten Königsmacher sein. Bislang hat Parteichef Christian Lindner kräftig in Richtung Union geblinkt - auch diesmal, jedoch ließ er ein kleines Türchen offen, ausgerechnet beim Thema Finanzpolitik, dem Kernthema der Liberalen.

Die Schuldenbremse aufzuweichen, sei "fraglos" ein Ausschlusskriterium für eine Koalition, sagte Lindner zwar in Richtung der Grünen. Zugleich betonte er, die Einhaltung der Schuldenbremse bedeute nicht, dass man gar keine Schulden aufnehmen dürfe. Genau das hat die SPD vor: Schuldenbremse im Grundgesetz behalten - aber für Investitionen so viel Geld aufnehmen, wie darin erlaubt ist. Auch die vollständige Abschaffung des Solis bezeichnet Lindner nur noch als "wünschenswert", statt als absolute Bedingung. Zugleich betonte er jedoch, inhaltliche Schnittmengen seien in einer Jamaika-Koalition mit der Union am größten. "Grüne Schulden, rote Steuererhöhungen, gibt es mit uns nicht."

Die Union unter sich - weder neue Spitzen noch traute Einigkeit

Neue Spitzen gegen Laschet gab es von Markus Söder zwar nicht. Doch der CSU-Chef zeigte gleich bei seiner ersten Antwort, was für ein Wahlkämpfer in ihm steckt - und was der Unterschied zu Laschet neben ihm ist. Es ging um die Bluttat von Idar-Oberstein, wo ein 49-Jähriger den Kassierer einer Tankstelle erschossen haben soll, weil der ihn auf die Maskenpflicht hinwies. Ein "klares Stoppschild" verlangte Söder gegen jene, "die diesen Staat bedrohen und einschüchtern wollen". Bei Unionsanhängern dürften die markigen Worte ankommen.

Laschet konnte seinem alten Rivalen im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur da nur mit leicht nach oben gezogener Augenbraue von der Seite zuschauen. Der Punkt beim Unions-Kernthema Innere Sicherheit ging an Söder. Laschet selbst geriet gleich zu Beginn in den Verteidigungsmodus, als ihm vorgehalten wurde, die Unionsfraktion habe doch das "Wehrhafte-Demokratie-Gesetz" im Bundestag verhindert. Auch sein Angriff gegen Scholz in der Wohnungspolitik verpuffte später: Bevor ein Streit der beiden Hauptgegner im Kampf ums Kanzleramt überhaupt in Fahrt kam, wechselten die Moderatoren das Thema.

Linke Hoffnungen?

Die Linken liegen in Umfragen mit sechs bis sieben Prozent zwar klar hinten, können aber trotzdem von einer Regierungsbeteiligung träumen - jedenfalls, wenn Rot-Grün-Rot zustande käme. Laschet und Söder stellen es als ziemlich sicher dar, dass Scholz diese Option wählen würde. Doch wie nah rückte die Linken-Spitzenkandidatin Janine Wissler eigentlich an die SPD heran? Bei Mietendeckel und Schuldenbremse machte sie eher Unterschiede deutlich, deutete aber an, dass man über das linke Nein zur Nato tatsächlich sprechen könne.

Der dritte Moderator

Nach knapp einer Stunde schlüpfte Lindner plötzlich in die Rolle des Fragestellers, dreht sich nach rechts zu seiner Sitznachbarin: "Wie stehen Sie dazu, Frau Weidel, dass mit chinesischem Kapital deutsche Unternehmen gekauft werden und das europäischen Unternehmen in gleicher Weise in China nicht möglich ist?" ZDF-Mann Theo Koll bat um "eine ganz kurze Antwort an unseren dritten Moderator".

Union kann Rückstand verkürzen

In einem letzten ZDF-"Politbarometer" verringerte die Union leicht den Abstand auf die SPD. Sie kommt in der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen auf 23 Prozent - plus 1 im Vergleich zur Vorwoche. Die SPD liegt unverändert bei 25 Prozent. Die Grünen kommen auf 16,5 Prozent (plus 0,5). Die AfD erzielt 10 Prozent (minus 1), die FDP 11 und die Linke 6 Prozent (beide unverändert).

Damit hätte als mögliches Zweier-Bündnis lediglich eine Koalition aus SPD und CDU/CSU eine knappe Mehrheit. Reichen würde es auch für eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP, für eine Regierung aus Union, Grünen und FDP sowie für das Bündnis Rot-Grün-Rot. Nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen wissen 35 Prozent der Befragten noch nicht sicher, ob sie wählen wollen und wenn ja, wen.

Bei den persönlichen Werten liegt SPD-Mann Scholz weiter deutlich vor seinen Konkurrenten. 47 Prozent der Befragten (minus 1) wünschen sich ihn als Kanzler, 20 Prozent Laschet (minus 2) und 16 Prozent Baerbock.

Die "Schlussrunde" in ARD und ZDF war die letzte große TV-Auseinandersetzung vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Zuvor hatten Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Grüne) und ihre zwei Mitbewerber Laschet (CDU/CSU) und Scholz (SPD) in drei Triell-Runden ihre Argumente ausgetauscht. In einer Viererrunde hatten zudem die Spitzenkandidaten von FDP, AfD, Linker und CSU miteinander gerungen. (mss/dpa)

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