Der Eklat in Thüringen hat auch in der großen Koalition für neue Spannungen gesorgt - nun kommen die Partner zum Krisentreffen zusammen. Dabei sorgt das bisherige Krisenmanagement von Annegret Kramp-Karrenbauer für viel Unmut bei der SPD. Die Lage in Erfurt ist weiter verfahren - der Bundestagspräsident ruft zu staatspolitischer Verantwortung auf.
Über die Thüringen-Krise beraten die Spitzen von Union und SPD an diesem Samstag im Koalitionsausschuss. Die SPD hatte um das Krisentreffen bei
Führende SPD-Politiker nahmen vor dem um die Mittagszeit anberaumten Treffen CDU-Chefin
Die SPD wirft der CDU vor, der AfD wissentlich in die Falle gegangen zu sein. Die Zusammenarbeit sei vorbereitet gewesen, sagte Generalsekretär
Drohungen mit einem Aus der Koalition vermied die SPD allerdings. Sie taktierten nicht, betonte Co-Parteichefin
Thüringer CDU will neuen Urnengang vermeiden
Kramp-Karrenbauer dagegen sieht auch die SPD am Zug. Sie will den Koalitionspartner beim Spitzentreffen davon überzeugen, selbst einen Ministerpräsidenten-Kandidaten in Thüringen aufzustellen. Grüne und SPD im Land hatten diesen Vorschlag prompt abgewehrt und der CDU vorgeworfen, Rot-Rot-Grün spalten zu wollen - die drei Parteien wollten in Thüringen eine Minderheitsregierung unter dem vorherigen Ministerpräsidenten
Hintergrund ist, dass die Thüringer CDU einen neuen Urnengang vermeiden will - obwohl auch die CDU-Bundesspitze Neuwahlen für den klarsten Weg hält, um stabile Verhältnisse zu erreichen, wie Kramp-Karrenbauer am Freitag sagte. Wie es nun in Thüringen weitergeht, ist unklar. "Die parteipolitischen Querelen und die Fixierung auf Personaldebatten, die jetzt wieder angestrengt werden, helfen niemandem", sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) der "Rheinischen Post" (Samstag). "Alle Seiten stehen jetzt in der Pflicht, anstelle parteipolitischer Ränke ihre staatspolitische Verantwortung zu übernehmen, damit die parlamentarische Demokratie nicht weiter Schaden nimmt".
Kemmerich hatte nach dem Proteststurm zwar seinen Abgang als Ministerpräsident angekündigt. Doch jetzt solle erstmal der Ältestenrat des Landtags klären, wie eine "schnelle, geordnete Amtsübergabe" funktionieren könne, sagte er am Freitag. Für eine Neuwahl bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die derzeit nicht in Sicht ist. Der FDP-Mann könnte auch eine Vertrauensfrage stellen - wenn er diese verliert, könnte der Landtag einen neuen Regierungschef wählen.
Auch bei der FDP rumort es weiter
Hierfür wirbt Ramelow - der wieder das Ruder übernehmen möchte. Vor einer sofortigen Neuwahl warnte er dagegen in einem Interview des MDR: Dies bedeute, dass es mindestens 70 Tage eine "regierungslose Zeit" gebe - weil Thüringen derzeit keine Minister hat. Doch die vertrackten Kräfteverhältnisse haben sich nicht geändert: Rot-Rot-Grün allein hat keine Mehrheit, Ramelow wäre also auf Unterstützung oder Enthaltungen anderer Abgeordneter angewiesen. Es laufen Gespräche mit CDU-Abgeordneten - doch ein Parteitagsbeschluss der Christdemokraten untersagt eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.
Auch in der FDP rumort es weiter. Parteichef Christian Lindner steht weiter unter Druck - auch wenn der Parteivorstand ihm am Freitag klar sein Vertrauen ausgesprochen hatte. Der stellvertretende Bundestags-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag), es brauche eine Diskussion über den Führungsstil von Lindner, "der zunehmend einsam agiert". Der FDP-Politiker und ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum warf Lindner "Führungsversagen" vor. "Ob er in der Lage ist, an der Parteispitze zu bleiben, wird die Hamburg-Wahl zeigen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). In der Hansestadt wird am 23. Februar neu gewählt, und die FDP muss laut einer Umfrage vom Donnerstag um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen. (kad/dpa)
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