- Seit über 20 Jahren wird das Saarland von der CDU regiert. Am 27. März wird im kleinsten der deutschen Flächenländer gewählt.
- Für die SPD tritt Spitzenkandidatin Anke Rehlinger an. In der aktuellen großen Koalition ist sie Wirtschaftsministerin - und liegt in allen Umfragen deutlich vor Amtsinhaber Tobias Hans von der Union.
- Im Interview mit unserer Redaktion spricht die 45-Jährige über die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Landtagswahlen, und erklärt, warum sie den Tankrabatt gut findet. Außerdem verrät sie, warum sie für alle Bürgerinnen und Bürger per Handy erreichbar sein will.
Anke Rehlinger war früher Leichtathletin und hält seit 1996 den saarländischen Landesrekord im Kugelstoßen und seit 1995 den Jugendrekord im Diskuswerfen. "War bislang einfach noch niemand besser", lacht die 45-jährige Juristin, als sie auf ihre früheren sportlichen Erfolge angesprochen wird.
Am Sonntag wählt das Saarland eine neue Landesregierung - und SPD-Spitzenkandidatin
Eine mehr als zwei Jahre andauernde Corona-Pandemie, seit über drei Wochen nun ein Krieg mitten in Europa, ausgelöst durch den russischen Aggressor
Anke Rehlinger: Die Bilder aus der Ukraine lassen niemanden los und sind Thema in sehr vielen Gesprächen. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind es. Aber die Leute haben daneben trotzdem noch all ihre anderen Sorgen und Nöte, das merken wir im Wahlkampf durch die intensiven Gespräche an den Infoständen.
Inwiefern verändert die Kriegssituation in unmittelbarer Nachbarschaft Ihren Blick auf die Politik und am Ende auch auf Ihren Wahlkampf?
Ganz klar, der Krieg bedeutet eine Zäsur. Und natürlich müssen wir uns fragen, ob das, was wir als Gewissheiten sicher glaubten, noch zu dieser veränderten Lage passt. Nehmen Sie den Ausbau der erneuerbaren Energien: Wir sehen jetzt, dass es dabei nicht nur um Klimaschutz, um einen neuen, potenziellen Markt mit vielen Chancen und Möglichkeiten geht. Der Krieg wirft einen ganz anderen Blick auf die Thematik: Der Ausbau ist jetzt vor allem auch eine Frage der Energieversorgung, -sicherheit und -unabhängigkeit. Das Gas gehört zu einem großen Teil Putin, Wind und Sonne gehören allen, die müssen wir nutzen.
Inflation, steigende Energie-, Heiz- und Spritkosten – wie wollen Sie das abfedern?
In allererster Linie haben natürlich die Menschen in der Ukraine unter diesem Krieg zu leiden. Aber er zeigt auch bei uns seine Auswirkungen. Eine langfristige, systemische Antwort habe ich beschrieben, kurzfristig braucht es Entlastungen, denn exorbitant hohe Preise können viele nicht lange aushalten. Dazu führe ich sehr gute Gespräche, wie das schnell gelingen wird und es sind ja diverse Vorschläge dafür auf dem Tisch.
SPD-Spitzenkandidatin Rehlinger: "Den Tankrabatt sehe ich als Diskussionsanstoß"
Also finden Sie den Tankrabatt gut?
Das betrifft ja nicht nur das Tanken, sondern auch das Heizen und die Frage, wie wir unseren Wirtschaftsstandort erhalten. Sicher betrifft der Spritpreis uns am direktesten, deshalb muss sehr zügig und konkret eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen. Den Tankrabatt sehe ich als Diskussionsanstoß. Das ist aber noch nicht perfekt und geht sicher klüger und auch schonender im Umgang mit Steuergeld. Denn wir müssen schon darauf achten, dass wir nicht mit Steuergeld die Gewinne der Mineralölkonzerne finanzieren, die sich ohnehin gerade die Taschen voll machen. Ich bin sicher, dass Kanzler Olaf Scholz und die Bundesregierung aus diesem Einzelvorschlag sehr schnell ein sinnhaftes Paket schnüren wird.
Woran würden die Menschen im Saarland am schnellsten merken, dass Sie künftig Ministerpräsidentin und Regierungschefin sind?
Die Saarländerinnen und Saarländer entscheiden jetzt über die Frage, wem sie am ehesten zutrauen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Ich habe sehr deutlich gemacht, dass ich das, was ich als Wirtschaftsministerin schon angestoßen habe, als Ministerpräsidentin zur Chefinnensache machen würde. Das Thema Strukturwandel muss aus der Staatskanzlei heraus vorgedacht und koordiniert werden, sowohl innerhalb der Landesregierung als auch mit den Partnern nach außen.
Das klingt aber sehr abstrakt. Woran würden die Menschen denn praktisch merken, dass die Landeschefin Rehlinger heißt?
Beim Thema "gebührenfreie Kitas" würden wir sofort einsteigen. Nach der bereits erledigten Halbierung der Beiträge wollen wir die Gebühren in der kommenden Legislaturperiode ganz abschaffen.
Hat Ihr Kontrahent
Wenn man sich die aktuellen Umfragen anschaut, merkt man, dass die Saarländerinnen und Saarländer ganz gut wahrgenommen haben, dass die SPD schon in dieser Landesregierung die führende Kraft ist.
Was sagen Sie zu Hans‘ selbstgedrehtem Handyvideo vor der Tankstelle, in dem er eine Spritpreisbremse fordert?
Ich denke, in diesen besonderen Zeiten kommt es auf solides Regierungshandeln an. Das sollte man lieber mit Sacharbeit am Kabinettstisch oder im direkten Dialog mit dem Bürger unter Beweis stellen, aber nicht als Wutbürger an der Tankstelle.
Anruf bei Anke Rehlinger: "Die Leute sind meistens ganz überrascht, dass ich wirklich dran gehe"
Sie haben auf Ihrer Webseite eine Handynummer veröffentlicht, unter der die Bürgerinnen und Bürger Sie erreichen können. Gehen Sie da wirklich selbst dran, wenn‘s klingelt?
Telefonisch bin ich vor allem bei Sprechstunden erreichbar, aber auch mal zwischen Terminen. Tatsächlich rufen aber die meisten nicht direkt an, sondern schicken eine Sprachnachricht oder einen kurzen WhatsApp-Text. Das beantworte ich dann zwischendurch. Die Leute sind dann meistens ganz überrascht, dass ich wirklich dran gehe oder antworte.
Mit welchen Themen kommen die Menschen an?
Meistens sind es konkrete Anliegen, sehr häufig auch einfach nur Rückmeldungen, in der Regel positiv. Auffällig ist, dass fast gar nicht gemeckert oder gepöbelt wird – ganz im Gegensatz zu den Kommentaren bei Facebook oder Ähnlichem.
Ab welchem Ergebnis würden Sie von einem Erfolg bei der Landtagswahl sprechen?
Wenn die SPD vor der CDU liegt. Das Saarland ist seit über 20 Jahren CDU-geführt. Unser Anspruch ist ein Wechsel in der Staatskanzlei. Die Umfragen deuten darauf hin, dass die Saarländerinnen und Saarländer das mehrheitlich wollen.
Wenn Sie Wahlsiegerin werden, wer wäre ihre Lieblingskoalitionspartner?
Ich stehe für Verlässlichkeit und Stabilität. Sollte ich den Auftrag erhalten, eine Regierung zu bilden, wird das für mich der Maßstab sein, um die vor uns liegenden Aufgaben erfolgreich zu meistern. Ich habe Sympathien für eine große Koalition, weiß aber nicht, ob die CDU dafür überhaupt als Juniorpartner zur Verfügung stünde und wie sie nach einer verlorenen Wahl überhaupt aufgestellt sein wird.
Seit der gewonnenen Bundestagswahl geht’s für die SPD auch im Saarland in den Umfragen nach oben. Ist die CDU zu schwach oder ist es die eigene Stärke?
Zur Wahrheit gehört, dass immer beides zusammenkommen muss. Natürlich hilft es, wenn es eine gute bundespolitische Ausgangsposition für die SPD gibt. Aber das alleine reicht nicht, um aus der Rolle eines Juniorpartners heraus zu gewinnen. Da braucht es eigene Stärke, die wir haben. Man traut uns in allen Themenfeldern mehr zu als der CDU, das ist nicht mal im Bund der Fall. Und die Menschen scheinen mit mir als Person, meiner Arbeit und meinen Vorstellungen für die Zukunft zufrieden zu sein.
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