In wenigen Wochen finden die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen statt. Die Thüringer AfD hat dafür die Kampagne "Der Osten machts" gestartet. Kommunikationsexperte Johannes Hillje sieht dabei eine neue Strategie.

Mehr aktuelle News

Die AfD hat wenige Wochen vor der Landtagswahl in Thüringen ihre Kampagne gestartet. In einem Imagefilm fasst die Partei ihre wichtigsten Forderungen zusammen, mit denen sie Thüringen und den Osten verbessern will. "Nein zum Windrad" (die AfD lehnt Klimaschutzmaßnahmen kategorisch ab) oder "Weg mit Gebührenzwang" (Thüringens AfD-Chef Björn Höcke möchte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner jetzigen Form abschaffen) gehören da etwa dazu. Auffällig: Das Video wirkt im Gegensatz zum Wahlvideo von der Europawahl positiv und bunt.

Hillje: Kampagne modernisiert Rechtsextremismus

"Die Kampagne ist das nächste Level der Selbstverharmlosung, sie soll einen 'Feel-Good-Rechtsextremismus' erzeugen", schreibt Johannes Hillje in einem Thread auf X. Hillje ist Kommunikationsexperte, sein Schwerpunkt: die AfD. Laut Hillje zielen die Botschaften, Gestaltung, Emotionen der Kampagne darauf ab, "Rechtsextremismus zu modernisieren, ästhetisieren und euphorisieren". Der Wahlspruch "Der Osten machts" verspreche zudem einen AfD-Ministerpräsidenten. Aus Sicht von Hillje ist das unrealistisch. Was der Spruch aber schaffe, sei Identität.

Dass die verwendeten Bilder farbig und positiv gestaltet seien, stelle eine Abkehr von früheren Kampagnen dar, in denen die Partei vor allem mit Angst-Botschaften auf sich aufmerksam machte.

Die Partei kokettiert in ihrem Video auch mit aktuellen Entwicklungen, etwa dem Gerichtsverfahren gegen Höcke. Der wurde im Mai wegen der Verwendung von Nazi-Parolen zu einer Geldstrafe verurteilt. Konkret ging es dabei um die SA-Losung "Alles für Deutschland". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In der Kampagne findet die Losung in abgewandelter Form aber ebenfalls ihren Platz.

Zu sehen ist auf dem Bild ein Klassenzimmer, auf der Tafel steht "Alles für Thüringen" – im Vordergrund die Forderung der AfD: "Unterricht auf Deutsch!". "Die Tatsache, dass 'Alles für Thüringen' an der Tafel steht, muss man auch als Hinweis darauf verstehen, wie sich die AfD den Schulunterricht vorstellt", schreibt Hillje dazu.

Auch die Inszenierung von Höcke selbst folge dem Muster, "den Rechtsextremisten sympathisch, menschlich, harmlos darzustellen". Der Wahlkampf selbst zielt aus Sicht des Kommunikationsexperten darauf ab, Rechtsextremismus zum Event zu machen. Die AfD Thüringen wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.

Experte sieht nächste Stufe der Selbstverharmlosung

Hillje stellt klar: "Die nächste Stufe der Selbstverharmlosung der AfD besteht darin, dass man sich nicht mehr nur als 'bürgerlich' oder Ähnliches verharmlost, sondern einen modernen 'Feel-Good-Rechtsextremismus' durch Ästhetisierung, Euphorisierung und Eventisierung konstruiert."

Den Medienstaatsvertrag kündigen, den Verfassungsschutz umformen, kein "Kampf gegen Rechts": Von diesen Zielen hat Björn Höcke bereits Ende 2023 geträumt, als er bei der Landeswahlversammlung zum Spitzenkandidaten der AfD gewählt wurde. Konkret würde das bedeuten: kein öffentlich-rechtlicher Rundfunk mehr, eine Beschneidung der Kompetenzen des Verfassungsschutzes, etwa mit Blick auf die Überprüfung und Überwachung verfassungsfeindlicher Organisationen, kein Geld mehr für Demokratie- und Aussteigerprojekte.

Es ist unwahrscheinlich, dass die AfD bei der Landtagswahl in Thüringen am 1. September 2024 eine absolute Mehrheit erreichen kann. Zudem lehnen alle derzeit im Landtag vertretenen Parteien eine Koalition mit der AfD kategorisch ab. (ras)

Verwendete Quellen:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.