Die Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris ist gleich aus mehreren Gründen historisch. Sie selbst macht ihre Herkunft und ihr Geschlecht jedoch nicht zum Thema ihres Wahlkampfs – ganz im Gegensatz zu ihrem Rivalen Donald Trump.

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Kamala Harris' Präsidentschaftskandidatur ist historisch: Die US-Demokratin könnte die erste Frau und die erste Schwarze im höchsten Staatsamt in der Geschichte der Vereinigten Staaten werden. Zudem wäre sie bei einem Wahlsieg am 5. November das erste US-Staatsoberhaupt mit asiatischen Wurzeln.

Zum Thema macht die 59 Jahre alte Vizepräsidentin ihr Profil aber kaum – anders als ihr Rivale Donald Trump, der sich mit seinen Kommentaren nach Einschätzung eines Experten aber eher selbst schadet.

Experte: Harris möchte für alle wählbar sein

Ein Beispiel dafür, wie wenig Harris auf ihren Sonderstatus zu geben scheint, war ihre Reaktion im Interview mit CNN am vergangenen Donnerstag. Die Kandidatin wurde auf ein Foto angesprochen, das ihre Großnichte während einer Rede Harris' auf dem Parteitag der Demokraten zeigte. Das Bild war zum Symbol für die durch Harris möglich scheinende Überwindung von Geschlechter- und Rassenbarrieren in der Politik geworden. Harris betonte in ihrer Antwort, dass sie die Allgemeinheit vertrete: "Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich im Moment die für alle Amerikaner am besten geeignete Person für den Posten bin, unabhängig von Rasse und Geschlecht."

Harris versuche, für möglichst viele Menschen wählbar zu sein und mache ihr Geschlecht und ihre Herkunft auch deswegen nicht zum Hauptthema, sagt der Dozent für Medien an der George-Washington-Universität, Jesse J. Holland. Harris' Kandidatur sorge bei jungen, weiblichen und schwarzen Wählern für Begeisterung, zugleich hätten viele US-Bürger weiterhin Bedenken, eine Frau oder eine Schwarze ins höchste Staatsamt zu wählen.

"Küchentisch-Themen" seien wichtiger

Auch führende Demokratinnen scheinen davon auszugehen, dass Harris mit der Konzentration auf Themen wie Kaufkraft oder Einwanderung mehr Stimmen gewinnen kann. So auch die ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die eine zentrale Rolle dabei spielte, Präsident Joe Biden davon zu überzeugen, zugunsten von Harris auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Eine Frau als Staatsoberhaupt wäre das Sahnehäubchen auf dem Kuchen, aber nicht der Kuchen selbst, sagte Pelosi vor Kurzem in einem Podcast mit dem ehemaligen Wahlkampfstrategen von Barack Obama, David Axelrod. Wichtiger seien Themen, über die die Menschen "am Küchentisch" sprächen.

Zudem erinnern sich die Demokraten wohl noch sehr gut an den Wahlkampf von 2016, bei dem Kandidatin Hillary Clinton ihre potenziell historische Rolle als erste US-Präsidentin zu einem zentralen Bestandteil ihrer Kampagne machte. Sie warb mit dem Slogan "I'm with her" ("Ich unterstütze sie"), laut dem Kolumnisten Zeeshan Aleem eine falsche Strategie. Clintons Slogan sei "verkehrt herum" gewesen, sagte er im Sender MSNBC: "Der Präsident sollte uns unterstützen, nicht andersherum." "Kamala Harris hat recht damit, ihre Rasse und ihr Geschlecht nicht zum Wahlkampfthema zu machen", fügte Aleem hinzu.

Harris geht nicht auf Trumps Angriffe ein

Zudem müsse Harris das gar nicht, sagt Holland, denn ihr Rivale Donald Trump tue das bereits – und schade damit eher sich selbst als seiner Rivalin. Anders als bei Biden, den der Kandidat der Republikaner wegen seines Alters gewinnbringend angegriffen hatte, konnte Trump mit seinen Verbalattacken gegen Harris bisher wenig punkten. Stattdessen lenke Trump positive Aufmerksamkeit auf Harris' historische Rolle, sagt der Medienexperte Holland. "Warum kostbare Zeit mit dem Reden über Dinge verschwenden, wenn dein Gegner das für dich macht?".

Auch in ihrem CNN-Interview ließ Harris Trumps Angriffe ins Leere laufen. Auf die Frage, was sie dazu sage, dass der Ex-Präsident ihr vorwerfe, sie habe ihre schwarze Identität erst vor Kurzem entdeckt, um daraus im Wahlkampf Kapital zu schlagen, antwortete sie knapp: "Immer wieder dieselbe alte Leier. Nächste Frage bitte."

Kamala Harris lässt sich nicht in Schubladen stecken

Harris kommt auch die Tatsache zugute, dass sie den US-Bürgern bereits durch ihre Rolle als erste schwarze, weibliche und südasiatische Vizepräsidentin vertraut ist. Dabei hat sie sich nie gescheut, über ihre Herkunft als Tochter eines in Jamaika geborenen Vaters und einer aus Indien stammenden Mutter zu sprechen. So begann die Vizepräsidentin ihre Rede mit einer Hommage an ihre aus Indien stammende Mutter. Diese "brillante, 1,50 Meter große Frau" habe ihren Kindern beigebracht, "nicht über Ungerechtigkeit zu jammern, sondern etwas dagegen zu tun", sagte Harris.

Bei Medienauftritten hingegen gibt sich die Kandidatin eher zurückhaltend, ihre Antworten gelten als schwer einzuordnen. "Zur Zeit schafft sie es, sich gegen Etiketten zu wehren und sich nicht in Schubladen stecken zu lassen", sagte Holland. (afp/bearbeitet von mak)

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