Trump-Herausforderer Joe Biden hat die US-Wahl für sich entschieden - er wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten. Gemeinsam mit dem bald 78 Jahre alten Demokraten haben die Amerikaner Kamala Harris ins Weiße Haus gewählt. Wer ist die Politikerin und Juristin? Die künftige Vizepräsidentin gilt als Hoffnungsträgerin und Aufbruchssignal. Wir erklären, warum.
Sie steht in Sportklamotten, mit Sonnenbrille und den Kopfhörern in der Hand in einer grünen Landschaft und hält sich ihr Handy ans Ohr. "Wir haben es geschafft. Wir haben es geschafft,
Es sind die ersten Bilder, die von der frisch gewählten US-Vizepräsidentin (vice president-elect)
"Bei dieser Wahl geht es um so viel mehr als um Joe Biden und mich. Es geht um die Seele Amerikas und unsere Bereitschaft, dafür zu kämpfen", hatte die 56-Jährige noch im Wahlkampf getwittert.
Dabei ist ein Blick auf ihre Person durchaus lohnenswert: Harris' Wahl ist schon vor offiziellem Einzug ins Weiße Haus im kommenden Januar historisch: Sie ist die erste Schwarze, die erste Frau und die erste US-Amerikanerin mit indischen Wurzeln im Amt der Vizepräsidentin. Ihre Biographie macht Harris für viele zur Hoffnungsträgerin.
Kamala Harris hat Wurzeln in Jamaika und Indien
Die künftige Nachfolgerin von
Während Harris' Vater aus Jamaika in die USA einwanderte, um Wirtschaft zu studieren, kam Harris Mutter aus Indien in die Staaten. Vater Donald J. Harris ist mittlerweile Wirtschaftsprofessor an der Stanford University, Mutter Shyamala Gopalan, Krebsforscherin und Bürgerrechlerin, ist 2009 verstorben.
Ihre Herkunft warf Harris schon als "running mate" im Wahlkampf an der Seite von Biden in den Ring: Vor allem Frauen und People of Color - Menschen nicht-weißer Hautfarbe - versuchte sie im Wahlkampf für ihren Parteikollegen zu mobilisieren.
Ihre eigene Bewerbung um eine Präsidentschaftskandidatur für die Demokraten hatte die 56-Jährige im Januar 2019 verkündet, im Dezember aber angesichts schlechter Umfragewerte wieder zurückgezogen.
Harris hat viel Erfahrung im politischen Betrieb
Ins Amt bringt Harris viel Erfahrung im politischen Betrieb mit, ihr beruflicher Werdegang zeugt von Durchhaltevermögen: Nach einem Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Washington sowie einem Jurastudium in Hastings (Kalifornien) war Harris zunächst als Assistentin des Staatsanwalts von Alameda County (Kalifornien) und im Büro des Bezirksstaatsanwalts von San Francisco tätig.
2003 wurde sie als erste Schwarze selbst Bezirksstaatsanwältin von San Francisco, 2011 schließlich Justizministerin und Generalstaatsanwältin von Kalifornien. Mit über 39 Millionen Einwohnern ist Kalifornien der bevölkerungsreichste Staat der USA.
Harris wohnt hier gemeinsam mit Ehemann Douglas Emhoff und zwei Stiefkindern in einer Villa in Los Angeles' Nobelviertel Brentwood. Biden gewann in Kalifornien mit 65,1 Prozent und sicherte sich so auf einen Schlag 55 Wahlleutestimmen.
Progressiv und pragmatisch: Wofür Harris politisch steht
Seit 2017 vertritt Harris Kalifornien im Senat – als erste mit indischen Wurzeln im US-Senat. Somit kann Harris zweifellos als Vorkämpferin gelten. Als sie 2019 am Tag zum Gedenken an Bürgerrechtler Martin Luther King ihre Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur verkündete, sagte sie: "Die Amerikaner wollen eine Kämpferin, sie wollen jemanden, der wie verrückt für sie kämpft."
Thematisch tut die als progressiv und pragmatisch geltende Baptistin das für Themen wie stärkere Waffenkontrolle, die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen, die Abschaffung der Todesstrafe, eine liberalere Einwanderungspolitik, eine allgemeine staatliche Krankenversicherung und mehr Klimaschutz. Nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd trat Harris als prominente Fürsprecherin für gerechteres Justizsystem auf und mischte sich unter die Demonstranten.
Harris' Kampfgeist bekam auch Joe Biden schon zu spüren
Harris punktet in verbalen Schlagabtauschen. Das bekam auch Joe Biden bereits zu spüren: In den demokratischen Vorwahlen ("primaries") "grillte" Harris ihren damaligen Konkurrenten. Dabei ging es um das sogenannte "School Busing" in den 1970er Jahren.
Schwarze Schülerinnen und Schüler wurden dabei mit Bussen in weiße Schulbezirke transportiert, um die Rassentrennung zu überwinden. Biden soll sich dem gemeinsam mit rechten Südstaatlern entgegenstellt haben. Medienwirksam hatte Harris gesagt: "Eines der kleinen Mädchen im Bus war ich."
Trotz dieser Attacke, die Biden um Worte ringend ziemlich schlecht aussehen ließ, ernannte er die 56-Jährige am 11. August 2020 dennoch zu seinem "running mate". Beobachter werteten das schon damals als geschickten Schachzug: Nicht zu weit links, nicht zu weit rechts innerhalb der demokratischen Partei und in ihren Ansichten politisch flexibel, versprach Harris, keine vehemente Opposition in den eigenen Reihen zu erregen und gleichzeitig Minoritäten innerhalb der Wählerschaft anzusprechen.
Eine Vizepräsidentin mit Aussichten
Republikaner versuchten Harris immer wieder als radikal zu labeln – scheiterten damit aber ebenso wie bei Joe Biden. Vielmehr wurde die Nominierung von Harris bei den Wählerinnen und Wählern als Aufbruchssignal gewertet. Einige, die ihr Kreuz bei Joe Biden machten, dürften insgeheim eher die Wahl von Harris ins Auge gefasst haben.
Und wer weiß: Dass der dann 82-jährige Biden im Jahr 2024 eine zweite Amtszeit antritt, kann nicht als ausgemacht gelten. Harris könnte als Vizepräsidentin also schon jetzt auf einer machvollen Position installiert werden – und die Demokraten dann selbst ins Präsidentschaftsrennen führen.
Verwendete Quellen:
- Twitterprofil von Kamala Harris
- Wahlkampf-Website von Joe Biden und Kamala Harris
- California Department of Justice: Kamala D. Harris, 32nd Attorney
- Washingtonpost.com: Sen. Kamala D. Harris named as Joe Biden’s running mate
- Politico.com: 55 things you need to know about Kamala Harris
Korrektur: In einer früheren Version des Artikel bezeichneten wir Kalifornien als den "Sunshine State". Dabei handelt es sich jedoch um den Beinamen Floridas. Wir haben das korrigiert.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.