Joe Biden ist aus dem Rennen um die US-Präsidentschaft ausgestiegen. Nun wird nach einer Alternative gesucht – in Kamala Harris scheint sie schon gefunden. Was spricht für die 59-Jährige und was gegen sie?

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Nach viel Kritik, mehreren Patzern und deutlichen Alterserscheinungen wurden die Rufe nach einem Rückzug Joe Bidens aus dem Präsidentschaftsrennen immer lauter – vor allem aus den eigenen Reihen. Am vergangenen Sonntag konnte Joe Biden diesem Druck nicht mehr standhalten und zog sich offiziell zurück.

Nun müssen die Demokraten jemand Neues in den Wahlkampf schicken. Die Antwort, wer das sein könnte, ist naheliegend: "Kamala Harris ist eindeutig die wahrscheinlichste Kandidatin. Sie will die Nominierung und die meisten älteren Demokraten, die Biden loswerden wollten, unterstützen sie", sagte der Politikberater Ian Bremmer dem "Tagesspiegel". Auch Biden legt den Demokraten ans Herz, Kamala Harris zu nominieren. Nun gilt es abzuwägen, wie sinnvoll das wäre.

Das Alter

Einer der Hauptkritikpunkte, mit denen sich Joe Biden immer wieder auseinandersetzen musste, war sein hohes Alter. Auch Donald Trump ist nicht mehr der Jüngste. Ihr Wahlkampf wirkte wie der Kampf zweier alternder Erzfeinde. Kamala Harris ist mit 59 Jahren mehr als 20 Jahre jünger. Sie hat also einerseits Lebenserfahrung, lässt andererseits aber nicht die Befürchtung aufkommen, sie könne sich Ausrutscher wie Biden leisten.

Der Wahlkampf würde sich weniger auf ihr Alter als auf sie als Person konzentrieren. "t-online" spekuliert, "die Wahl würde mit Harris zu einer Abstimmung über Donald Trumps Charakter werden – der von einem großen Teil der Amerikaner als furchtbar angesehen wird".

Unterstützung aus den eigenen Reihen

Ein weiterer großer Unterschied zu Biden, der Harris zum Vorteil gereichen könnte, ist, dass sie wesentlich mehr Unterstützung aus der Demokratischen Partei erhält. Während sich zuletzt ein Großteil gegen Biden ausgesprochen hatte, versammeln sich hinter Harris bereits einflussreiche Persönlichkeiten der Partei.

Darunter ist die ehemalige Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihr Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton. Auch rund ein Drittel der demokratischen Senatoren, die bekannte Parteilinke Alexandria Ocasio-Cortez, Verkehrsminister Pete Buttigieg und mehrere Gouverneure, haben sich für Harris ausgesprochen. Dazu gehören die Gouverneure von Kalifornien und Pennsylvania, Gavin Newsom und Josh Shapiro, sowie die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, die selbst als Alternativen zu Biden gehandelt werden. Auch die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi hat sich kürzlich "offiziell, persönlich und politisch" hinter Harris gestellt.

Auf der anderen Seite sprach sich ein äußerst einflussreicher Demokrat zumindest vorerst noch nicht für eine Kandidatur von Harris aus – Ex-Präsident Barack Obama. Obama drückte nur Zuversicht aus, dass "ein herausragender Kandidat" gefunden werde. In seiner Stellungnahme verlor er über Harris jedoch kein Wort.

Finanzierung

Für die 59-Jährige spricht auch, dass sie den bisherigen Wahlkampf mit Biden bestritten und gemeinsam mit ihm Geld gesammelt hat. Ohne ausreichende finanzielle Unterstützung hätte Harris keine Chance auf den Sieg.

Doch die Zeichen dafür stehen gut. Ihr Wahlkampfteam hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen 24 Stunden 81 Millionen US-Dollar gesammelt (73 Millionen Euro). Dabei handele es sich um die höchste Summe, die jemals in dieser Zeitspanne von einem möglichen Kandidaten oder eine Kandidatin gesammelt worden sei, hieß es. Die 81 Millionen US-Dollar fließen demnach in eine bereits mit rund 240 Millionen US-Dollar gefüllte Kasse (220 Millionen Euro).

Zwar gibt es neben Kamala Harris noch weitere Alternativen für das Präsidentenamt – etwa Verkehrsminister Pete Buttigieg, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom und Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer. Allerdings könnte insbesondere Harris beim Spendensammeln davon profitieren, dass sie als Vizepräsidentin im Gegensatz zu anderen potenziellen Kandidaten landesweit bekannt ist.

Trumps Kampagne läuft bereits auf Hochtouren

Die Frage ist, ob Harris Trump noch einholen kann. Der Wahlkampf der Republikaner läuft längst auf Hochtouren. Kann sie genug Zustimmung sammeln?

In Umfragen kommt die ehemalige Senatorin bisher nur auf niedrige Zustimmungswerte. Vor allem zu Beginn ihrer Amtszeit als Vizepräsidentin, die 2021 begann, hatte Harris Schwierigkeiten, an Profil zu gewinnen. Dabei hatte sie bereits im Wahlkampf an der Seite Bidens mit Auftritten zu zentralen Themen wie dem Abtreibungsrecht gepunktet.


An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Tatsächlich liegt Angaben des Tagesspiegel zufolge Harris in den jüngsten Umfragen in einem hypothetischen Duell mit Trump landesweit im Schnitt zwei Prozentpunkte hinter dem Republikaner (46 Prozent zu 48 Prozent). Das ist eine etwas bessere Ausgangslage als für Biden. Der Präsident liegt im Durchschnitt der Umfragen drei Prozentpunkte hinter Trump (47 Prozent zu 44 Prozent). Ihre Chancen wären also besser als die von Biden, dennoch hat Trump bisher einen Vorsprung.

Darf Kamala Harris überhaupt kandidieren?

Als der Name Kamala Harris in den Topf der möglichen Präsidentschaftskandidaten geworfen wurde, gab es zweifelnde Stimmen, die behaupteten, Harris könne nicht für das Amt der US-Präsidentin kandidieren, weil ihre Eltern in die USA eingewandert seien. Dies ist jedoch falsch.

Tatsächlich spielt die Herkunft der Eltern für das Amt des US-Präsidenten keine Rolle. Die Verfassung stellt lediglich drei Anforderungen: Kandidaten müssen gebürtige US-Bürger, mindestens 35 Jahre alt sein und seit mindestens 14 Jahren in den USA leben.

US-Vizepräsidentin Harris erfüllt alle drei Kriterien: Sie wurde am 20. Oktober 1964 in Oakland, Kalifornien, geboren. Der 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung gewährt allen Menschen, die in den Vereinigten Staaten geboren sind, die Staatsbürgerschaft. (lla)

Nach Bidens Rückzug: Deutsche Politiker atmen auf

Auch deutsche Politiker reagieren erleichtert auf Bidens Rückzug. Ist Donald Trump noch zu verhindern? Erste Erkenntnisse nach Bidens Paukenschlag bekommt der deutsche Arbeitsminister in Washington.

Verwendete Quellen:

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