Nach heftigen Protesten hat US-Präsident Donald Trump versichert, er wolle keine Verschiebung der Wahl am 3. November. Derzeit steht er aufgrund schlechter Umfrage-Werte unter großem Druck.
US-Präsident
"Ich will keine Verschiebung", sagte er am Donnerstag (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus auf eine entsprechende Frage.
"Aber ich will auch nicht drei Monate warten müssen und dann herausfinden, dass alle Wahlzettel fehlen und die Wahl bedeutungslos ist".
Zuvor hatte sein Vorstoß sowohl unter den Demokraten als auch in seiner eigenen republikanischen Partei für Empörung gesorgt. Trump stellt sich am 3. November zur Wiederwahl.
Hürden für Verschiebung der Wahl sind extrem hoch
Wegen der Corona-Pandemie könnte die Briefwahl in den USA zunehmen und sich die Auszählung damit verzögern. Trump hält das Wählen per Brief zudem für betrugsanfällig.
Mit Blick darauf hatte er zunächst auf Twitter geschrieben: "Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???"
Er schrieb später, Wahlergebnisse müssten in der Nacht vorliegen, "nicht Tage, Monate oder sogar Jahre später!" In manchen Bundesstaaten genügt es, die Briefwahl-Unterlagen am Wahltag abzusenden.
Die Hürden für eine Verschiebung der Präsidentenwahl am 3. November sind extrem hoch, weil der Termin seit 1845 gesetzlich festgeschrieben ist.
Nötig wäre eine Änderung durch den US-Kongress, die noch dazu vor Gerichten angefochten werden könnte. Außerdem wären auf diesem Weg nur einige Wochen zu gewinnen.
Denn der weitere Zeitplan ist in der Verfassung festgeschrieben und damit noch starrer: der Starttermin für den neuen Kongress ist am 3. Januar und der Amtsantritt des Präsidenten am 20. Januar. Eine Verschiebung erscheint daher höchst unwahrscheinlich.
Kritik von allen Seiten für Trumps Vorstoß
Trumps Vorstoß erfolgte kurz nach Bekanntgabe historisch schlechter Konjunkturdaten für das zweite Quartal. Infolge der Corona-Krise ist die US-Wirtschaft in einem noch nie da gewesenen Ausmaß eingebrochen, wie am Donnerstag verkündet wurde.
Die Pandemie hat Trump seines wichtigsten Arguments für die Wiederwahl beraubt: eine boomende Wirtschaft. Am Mittwoch hatte es bereits eine andere Hiobsbotschaft gegeben.
Seit Beginn der Corona-Pandemie starben im Zusammenhang mit der Krankheit Covid-19 bereits mehr als 150.000 Menschen in den USA.
Republikaner und Demokraten reagierten empört auf die Idee, die Wahl zu verschieben: "Niemals in der Geschichte dieses Landes, durch Kriege, Depressionen und den Bürgerkrieg hindurch, haben wir jemals eine vom Bund geplante Wahl nicht pünktlich abgehalten", sagte der Mehrheitsführer von Trumps Republikanern im US-Senat, Mitch McConnell, am Donnerstag (Ortszeit). Die Wahl werde wie geplant am 3. November stattfinden.
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, verwies auf Twitter auf die US-Verfassung, wonach der Kongress für den Wahltermin zuständig ist.
Ex-Präsident
Obama kritisierte seinen Nachfolger scharf, ohne ihn beim Namen zu nennen. "Die an der Macht tun ihr Äußerstes, um die Menschen vom Wählen abzuhalten."
Wählerumfragen setzten Trump unter Druck
Der demokratische Senator Tom Udall schrieb auf Twitter, es gebe keine Möglichkeit, dass Trump das Datum verschieben könne. Der Präsident wolle damit nur von seiner "Inkompetenz" in der Corona-Krise ablenken.
Die Tatsache, dass Trump eine Verschiebung überhaupt ins Spiel bringe, sei allerdings ein ernster Angriff auf den demokratischen Prozess.
Die Bürgerrechtsorganisation ACLU teilte mit: "Wir sind eine Demokratie, keine Diktatur. Die Verfassung ermächtigt den Kongress, ein Wahldatum festzulegen, und der Kongress hat dieses Datum für November festgelegt. Nichts, was Präsident Trump sagt, tut oder twittert kann diese Tatsache ändern."
Der Historiker und Präsidentschaftsexperte Michael Beschloss schrieb auf Twitter, niemals in der Geschichte der USA - auch nicht im Bürgerkrieg oder im Zweiten Weltkrieg - habe es einen erfolgreichen Vorstoß gegeben, die Präsidentschaftswahl zu verschieben.
In Wählerumfragen liegt Trump derzeit deutlich hinter dem designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Joe Biden.
Auch wenn man diese Ergebnisse wegen des komplizierten Wahlsystems und zudem drei Monate vor der Wahl mit äußerster Vorsicht genießen muss: Trump steht unter Druck.
Kritik an Briefwahl - ohne konkrete Belege
In seinem Tweet wiederholte Trump seine Befürchtung, dass eine starke Zunahme der Briefwahl zur "betrügerischsten Wahl" der Geschichte führen könnte.
"Es wird eine große Blamage für die USA", schrieb er. Trump hat für seine Befürchtung eines Wahlbetrugs bislang keine Belege geliefert, äußert aber immer wieder Bedenken.
Die meisten Wahlexperten gehen davon aus, dass Briefwahl im Grundsatz sicher ist - auch wenn eine Änderung des Wahlmodus wegen der Pandemie nur wenige Monate vor der Abstimmung eine große Herausforderung darstellt.
Die Demokraten wiederum schätzen die Briefwahl als Option, weil damit möglicherweise mehr ihrer Anhänger abstimmen werden und dies zudem in der Pandemie das Gesundheitsrisiko verringern würde.
Die Demokraten werfen Trump vor, dass er sich mit seinen düsteren Warnungen eine Rechtfertigung schaffen will, um das Ergebnis der Präsidentenwahl am 3. November nicht anzuerkennen.
In einem Interview hatte Trump kürzlich offengelassen, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde. (dpa/dar)
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