Angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks auf Joe Biden versucht das Weiße Haus weiterhin vehement jegliche Zweifel an den Fähigkeiten des US-Präsidenten zu zerstreuen. Die Sprecherin der Regierungszentrale, Karine Jean-Pierre, die sich normalerweise von ihrem Podium aus nur zu Regierungsangelegenheiten und nicht explizit zum Wahlkampf äußert, betonte mehrfach, der 81-jährige Demokrat werde im Rennen um die Präsidentschaft bleiben.

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Wie schon tags zuvor drehten sich auch heute fast alle Fragen in der regulären Pressekonferenz des Weißen Hauses um den schwachen Auftritt Bidens bei einer Fernsehdebatte gegen seinen Herausforderer Donald Trump in der vergangenen Woche - und einem möglichen Rückzug Bidens aus dem Präsidentschaftswahlkampf. Vor der Pressekonferenz hatte das Weiße Haus Medienberichte zurückgewiesen, die nahe legten, dass Biden über einen Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft nachdenkt.

Jean-Pierre sagte, Biden wolle weitermachen. Er erkenne an, was vorgefallen sei und habe einen realistischen Blick darauf. Er sei sehr offen und ehrlich in Bezug auf das, was alle im Fernsehen gesehen hätten, aber er wisse auch, dass er der Präsident der USA sei und nun weitermachen müssen.

Auf die Frage, warum sich Biden seit dem TV-Debakel nicht bewusst ohne Teleprompter und ohne Skript präsentiere, antwortete Jean-Pierre, es sei nicht ungewöhnlich für US-Präsidenten, einen Teleprompter zu nutzen - und wechselte dann schnell das Thema, um die politischen Errungenschaften Bidens anzupreisen.

Zuvor hatte die "New York Times" (Bezahlinhalt) unter Berufung auf einen "wichtigen Verbündeten" des amtierenden US-Präsidenten berichtet, dass Biden offenbar einen Rücktritt in Erwägung zieht.

Biden sei sich darüber im Klaren, dass seine nächsten Termine gut laufen müssten, darunter ein Interview mit ABC News sowie Wahlkampfauftritte in Pennsylvania und Wisconsin. "Er weiß, wenn er noch mehr solche Auftritte hat (gemeint ist die desaströse TV-Debatte vergangene Woche, Anm. d. Red.), sind wir an einem völlig anderen Punkt angelangt", sagte die Quelle der Zeitung.

Das Gespräch sei das erste Indiz dafür, dass Biden sich darüber bewusst sei, dass er seine Kandidatur möglicherweise nicht mehr werde retten können, wenn er die Öffentlichkeit in den kommenden Tagen nicht von seiner Eignung überzeugen könne, schreibt die NYT. Ein Top-Berater des US-Präsidenten, der ebenfalls anonym bleiben wollte, sagte der Zeitung, Biden sei sich "der anstehenden politischen Herausforderungen völlig bewusst".

Sprecher des Weißen Hauses dementiert Bericht vehement

Andrew Bates, ein Sprecher des Weißen Hauses, dementierte den Bericht umgehend. "Diese Behauptung ist absolut falsch", teilte Bates auf X mit. "Wenn uns die New York Times mehr als sieben Minuten Zeit gegeben hätte, das zu kommentieren, hätten wir ihnen das auch so gesagt."

In der vergangenen Woche hatte Biden bei einer TV-Debatte gegen seinen Herausforderer Donald Trump einen desaströsen Auftritt hingelegt. Mittlerweile wächst der Druck auf den Demokraten auch in den eigenen Reihen. Die bekanntesten Gesichter der Partei halten sich bislang mit harscher Kritik zurück und stehen öffentlich hinter Biden.

Das Weiße Haus bemüht sich, Zweifel an seiner Eignung für das Amt zu zerstreuen und seinen verpatzten Auftritt im Fernsehen so gut es geht vergessen zu machen. Biden selbst erklärte das Debakel damit, dass er anstrengende Auslandsreisen hinter sich gehabt habe und vor Müdigkeit auf der Bühne fast eingeschlafen sei. (mss/ank/dpa)

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