Der Wald in Deutschland ist zu einem akuten Patienten geworden. Bund und Länder bereiten schon Programme vor, auch als Antwort auf den Klimawandel. Doch was genau ist sinnvoll - und woher kommt das Geld, das Agrarministerin Julia Klöckner bereitstellen will?

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Die deutschen Wälder sollen nach schweren Schäden durch Trockenheit und Käfer mit Millionenhilfen aufgeforstet und besser gegen den Klimawandel gewappnet werden. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) stellte am Mittwoch in Berlin zusätzliche Mittel von Bund und Ländern von bis zu 800 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren in Aussicht. 180.000 Hektar geschädigte Fläche - mehr als 250.000 Fußballfelder - seien wieder zu bepflanzen. Umweltschützer mahnten eine "ökologische Waldwende" an. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) forderte 11.000 zusätzliche Forstkräfte.

Klöckner: Klimawandel hat Wald schneller getroffen als erwartet

"Wir müssen dringend handeln", sagte Klöckner vor Vertretern von mehr als 170 Interessengruppen und Institutionen mit Blick auf die Waldschäden, die in Deutschland seit dem vergangenen Jahr verstärkt auftreten. "Der Wald stirbt in einigen Teilen." Der Klimawandel habe "uns deutlich schneller getroffen als erwartet".

Die Konferenz sei daher ein "Krisengipfel". Die geschädigten Flächen seien größer als die zunächst angenommenen 110.000 Hektar. Hintergrund sind Zerstörungen durch Stürme, Borkenkäfer und die extreme Dürre von 2018. Auch in diesem Jahr ist es vielerorts zu trocken gewesen. Daher sollen große Aufforstungen mit Millionen Bäumen angegangen werden.

Für Nothilfen seien vom Bund nach jetzigem Verhandlungsstand in der Regierung zusätzliche 547 Millionen Euro zu erwarten, machte Klöckner deutlich. Dazu sollten ergänzende Mittel der Länder fließen, so dass insgesamt bis zu 800 Millionen Euro zusammenkommen können. Über die konkrete Verwendung soll nun weiter beraten werden. Dabei soll es neben der Wiederaufforstung auch um praktische Erleichterungen gehen.

Geschädigte Bäume müssen schnell entfernt werden

Geschädigte Bäume müssten schnell herausgebracht werden, erläuterte Klöckner. Der Wald solle aber keinesfalls leergefegt werden, da Totholz Lebensraum und Nährstoffquelle sei. Unfallgefahren seien aber zu vermeiden. Die Ausnahmeregelung, dass Holz-Lastwagen 44 Tonnen statt 40 Tonnen schwer sein dürfen, solle verlängert werden. Nötig sei auch eine "stringentere Jagd", damit Baum-Sprösslinge nicht gleich wieder von Rehen gefressen werden. Kommen soll auch eine systematische Erfassung von Waldschäden für ganz Deutschland.

Klöckner rief dazu auf, ideologische Debatten zwischen Akteuren und Verbänden zu vermeiden, welche die gemeinsame Arbeit erschwerten. Es gebe auch Stufen "zwischen Urwald und Raubbau". Deutschland sei mit einem Laubwaldanteil von 43 Prozent auch kein "Land der Forstplantagen".

Beim Aufforsten seien Mischwälder mit einem breiten Spektrum heimischer, standortangepasster Baumarten bevorzugt zu fördern. Die in Deutschland ursprünglich heimischen Laubmischwälder gelten als klimastabiler als schnell wachsende Nadelholzbestände. Der Bund wolle nicht Schäden ersetzen, sondern bei der Klima-Anpassung helfen.

Forstwirtschaft: Geld ist erster Schritt, es werde aber mehr gebraucht

Der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrats, Georg Schirmbeck, nannte die 547 Millionen Euro des Bundes einen wesentlichen ersten Schritt. Für die Zukunft werde aber deutlich mehr Geld gebraucht. Die nordrhein-westfälische Agrarministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) begrüßte die Bundes-Unterstützung. Wichtig sei aber, Mittel flexibel abrufen zu können. "Wir müssen für eine Dekade planen und nicht nur bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres."

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte in Berlin, die Wälder müssten von Monokulturen zu "stabilen Klimawäldern" umgebaut werden, die Dürren und extremen Regen besser aushalten. Solche Wälder hätten eine grundlegende Basis: "Bäume müssen groß und alt werden können." Es sei der richtige Weg, wenn der Staat dies unterstütze.

Die IG BAU forderte deutlich mehr Fachkräfte. "Der klimagerechte Umbau des Forstes ist eine Mammutaufgabe, die sich nur mit zusätzlichem Personal stemmen lässt", sagte der Vize-Vorsitzende Harald Schaum. Gebraucht werde ein zusätzlicher Forstbeschäftigter pro 1.000 Hektar, was bei elf Millionen Hektar Wald in Deutschland einen Mehrbedarf von 11.000 Beschäftigten bedeute - jeweils zur Hälfte für den privaten und den öffentlichen Forst.

Kritik aus der Opposition

Der Grünen-Agrarpolitiker Harald Ebner sagte der dpa, mehr Geld sei wichtig und richtig, es müsse aber vernünftig eingesetzt werden. "Die Millionen jetzt einfach wie Herbstlaub in der Fläche zu verstreuen für Pflanzungen mit fragwürdigen Erfolgsaussichten und unklarer Zielrichtung, wäre herausgeworfenes Geld." Der Wald müsse auch eine Chance bekommen, sich selbst zu erneuern. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte, es dürfe kein Geld für ein "Weiter so" in der Forstwirtschaft geben.

Die FDP-Opposition im Bundestag kritisierte Klöckners Waldgipfel als "ideenlos". Er komme zudem zu spät, erklärte der Forstexperte Karlheinz Bunsen. Die Bundesregierung hätte "längst" eine Taskforce einsetzen zu müssen, die Maßnahmen vorlegt.

Die Maßnahmen zur Stabilisierung der Waldbestände angesichts der Herausforderungen des Klimawandels gelten als äußert komplex. Der Inhalt des von Klöckner auf dem Gipfel vorlegten Eckpunktepapiers, das in den Beratungen mit den Verbänden weiter konkretisiert werden soll, reicht bis in Details der Förderstruktur und der Beseitigung des von Borkenkäfern befallenen Waldes. (mgb/dpa/afp)

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