Dass sich zahlreiche polnische Regional- und Kommunalverwaltungen "LGBT-frei" erklärt haben, sorgt derzeit europaweit für Aufregung. Wegen ihrer Partnerstadt Zamość steht auch Weimar unter Handlungsdruck, Linkspartei und SPD fordern eine entschiedene Reaktion.
Die Ausrufung zahlreicher "LGBT-freier Zonen" in Polen beschäftigt nun auch Weimar. Zwischen der thüringischen Stadt und dem südost-polnischen Zamość besteht seit 2012 eine Städtepartnerschaft.
Der Landkreis Zamość gehört zu einer von über 80 polnischen Regional- und Kommunalverwaltungen, die eine homophobe Resolution "gegen LGBT-Ideologie" angenommen hat. LGBT steht im Englischen für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender. Eine Kunstaktion des schwulen Aktivisten Bart Staszewski, der mit Fotos auf die Situation in seiner Heimat aufmerksam macht, sorgt derzeit europaweit für Aufsehen – und brachte das Thema auch in Weimar auf die Agenda.
Der parteilose Oberbürgermeister Peter Kleine werde mit seinem Amtskollegen, dem Stadtpräsidenten von Zamość, "bei nächster Gelegenheit persönlich über das Thema sprechen", heißt es in einer Stellungnahme der Stadt Weimar auf eine Anfrage unserer Redaktion. Ein Zusammentreffen werde es voraussichtlich zu den Feiern anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des KZ Buchenwald Anfang April geben.
SPD fordert, Städtepartnerschaft ruhen zu lassen
Der Weimarer Linken-Landtagsabgeordnete Steffen Dittes betonte am Dienstag in einer Stellungnahme auf seiner Webseite, dass die Stadt auch wegen Buchenwald historisch dazu verpflichtet sei, "Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Sexualität oder der von ihnen gewählten Familienform zu schützen".
Dittes betont: "Es geht darum, Menschenrechte und die Ablehnung jedweder Form von Diskriminierung zu verteidigen, wenn in einer Partnerstadt zu den in Weimar gelebten Werten vollkommen konträre Erklärungen verabschiedet werden."
Der Linken-Politiker appellierte an die Stadt Weimar, sich im Rahmen der Städtepartnerschaft solidarisch mit der LGBT-Gemeinschaft und allen Menschen zu zeigen, "die in Zamość anscheinend nicht erwünscht sind".
Noch weiter geht die Weimarer SPD. Sie fordert Oberbürgermeister Kleine auf, "die Hintergründe zu klären und, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, die Städtepartnerschaft mit Zamość ruhen zu lassen", bis der homophobe Beschluss zurückgenommen worden ist. Das betont die Kreisvorsitzende Virginie Klemm in einer Pressemitteilung, die unserer Redaktion vorliegt.
Drastische Schritte lehnt die Stadt Weimar hingegen ab: "Eine Aufkündigung der Städtepartnerschaft würde sicher niemandem helfen." Aktuell gebe es Gespräche im Stadtrat, wie fortgefahren werden soll. Auch aus Sicht von SPD-Politikerin Klemm sind Städtepartnerschaften wichtig, "um auf zivilgesellschaftlicher Ebene Verständnis füreinander schaffen zu können".
Stadtrat von Zamość solidarisiert sich mit konservativem Erzbischof
Zwar hat sich nur der Kreis Zamość der homophoben Resolution angeschlossen und nicht Weimars Partnerstadt selbst. Allerdings hatte sich der dortige Stadtrat im August 2019 mehrheitlich hinter den Krakauer Erzbischof Marek Jędraszewski gestellt. Der 70-jährige Geistliche, dem immer wieder eine Nähe zur nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorgeworfen wird, hatte zuvor in seiner Rede zum 75. Jahrestag des Warschauer Aufstandes vor einer "neomarxistischen Seuche in den Farben des Regenbogens" gewarnt und war dafür heftig kritisiert worden.
Die Entschließung des Zamośćer Stadtrates – in dem unter anderem steht, dass "Gender-Ideologie" den "modernen Menschen" bedrohe – ähnelt darüber hinaus den anderen Anti-LGBT Resolutionen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.