Am Wochenende beginnt die Münchener Sicherheitskonferenz. Selten haben so viele Krisen und Herausforderungen die Welt beschäftigt wie derzeit. Konferenzchef Christoph Heusgen hält am Ziel des Treffens aber fest: Frieden durch Dialog.
Die Münchener Sicherheitskonferenz feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Zum 60. Mal findet das hochrangige Treffen der Diplomatie und Außenpolitik statt. Doch die Feierlaune dürfte begrenzt sein.
In Europa herrscht wieder Krieg, ein Ende des russischen Angriffs auf die Ukraine ist nicht absehbar. Im Nahen Osten ist nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und die israelische Gegenreaktion der jahrzehntealte Konflikt eskaliert. Und dann steht auch noch die Sicherheitsarchitektur für Europa vor einer ungewissen Zukunft. Im Herbst könnte Ex-Präsident Donald Trump in den USA wieder zum Staatsoberhaupt gewählt werden. Jener Mann, der am Wochenende erneut das Beistandsversprechen für angegriffene Nato-Staaten in Europa in Zweifel gezogen hat.
"Wir haben heute in diesem Jahr so viele Krisen, Konflikte und Herausforderungen, wie wir es selten in den letzten 60 Jahren hatten", sagt Christoph Heusgen, Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, am Montag in der Bundespressekonferenz.
Ziel der Münchener Sicherheitskonferenz: Frieden durch Dialog
Das politische Spitzentreffen wird in dieser Woche vom Freitag bis Sonntag im Hotel Bayerischer Hof in München stattfinden. Am Anspruch, ein "Marktplatz für diplomatische Initiativen" zu sein, will die Sicherheitskonferenz trotz der schwierigen Weltlage nicht rütteln. "Frieden durch Dialog" lautet das Motto.
180 hochrangige Regierungsvertreter kündigt Heusgen an. Sie werden bei öffentlichen Diskussionen, vor allem in vertraulichen Runden hinter verschlossenen Türen aufeinandertreffen. Und sie kommen aus der ganzen Welt, nicht nur aus Europa und den USA, sondern zum Beispiel auch aus Kolumbien, Tansania und den Malediven.
Neben dem israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog soll auch der palästinensische Premierminister Mohammed Schtajjeh in München zu Gast sein – genau wie Vertreter aus dem Libanon, Katar, Irak und Jemen. Die Generalsekretäre von UNO (Antonio Guterres) und Nato (Jens Stoltenberg) sind ebenso angekündigt wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Die hochrangigste Vertreterin aus den USA wird Vizepräsidentin Kamala Harris sein, auch der amerikanische Außenminister Anthony Blinken ist angekündigt. Konferenzchef Heusgen betont am Montag aber, dass auch eine Delegation aus dem Kongress nach München kommen wird – also auch Politikerinnen und Politiker der Republikanischen Partei. Reichlich Gesprächsstoff für die Zukunft der transatlantischen Beziehungen dürfte also gegeben sein.
Keine Regierungsvertreter aus Russland
Anders ist das beim Krieg in der Ukraine. Aus Russland sind Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft und der Opposition eingeladen – aber niemand aus der russischen Regierung. Heusgen sieht die Verantwortung hier auch beim russischen Staatspräsidenten: "Wenn Putin sich durchringt und die ukrainische Regierung anerkennt, wäre das eine Basis, dass man auch russische Vertreter einlädt."
Heusgen setzt in diesem Krieg weiterhin auf eine Verhandlungslösung. Der frühere Botschafter hatte zuletzt an das Minsker Abkommen erinnert: Russland und die Ukraine hatten es 2015 geschlossen – die russische Invasion hat es aber bekanntlich nicht verhindert. Heusgen hatte daher auch Kritik auf sich gezogen. Am Montag bleibt er aber dabei: Minsk stehe für einen Waffenstillstand für vertrauensbildende Maßnahmen, die in diesem Krieg nötig seien.
In Deutschland schwindet offenbar die Zuversicht
Einen eher deprimierenden Titel hat der "Munich Security Report 2024", den das Team der Konferenz jedes Jahr im Voraus zusammenstellt. "Lose-Lose?" lautet der englische Titel: Eine Situation, in der alle Beteiligten nur verlieren. Wenn man die internationale Zusammenarbeit als Kuchen betrachte, dann gelte Folgendes, sagt Tobias Bunde von der Münchener Sicherheitskonferenz: Immer weniger kümmern sich um den Kuchen an sich, immer mehr machen sich vor allem Sorgen um ihren eigenen Anteil. Wenn der Kuchen aber immer kleiner werde, verlieren alle.
Gerade in Deutschland schwindet angesichts der vielen Krisen offenbar die Zuversicht. Eine Umfrage des Reports kommt zu dem Schluss: 47 Prozent der Deutschen glauben nicht, dass das Land in Zukunft sicherer sein wird. 49 Prozent rechnen auch damit, dass das Land weniger wohlhabend sein wird. "Das ist ein deutlicher Kontrast zu China und Indien, wo Mehrheiten deutlich optimistischer in die Zukunft blicken", sagt Bunde.
Zu Gründen für diese schwindende deutsche Zuversicht will Bunde nicht spekulieren. Es sei aber auch eine Aufgabe für München, zu zeigen, dass dieser Pessimismus nicht gerechtfertigt ist. "Da kann man was dagegenhalten." Diese Aufgabe hat auch Konferenzchef Heusgen seinen Moderatoren und Moderatorinnen mitgegeben: Ein "Silberstreif am Horizont" solle in jeder Diskussion erkennbar sein.
Verwendete Quellen
- Pressekonferenz in der Bundespressekonferenz
- Lose-Lose? Munich Security Report 2024
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