Es hat lange gedauert, doch nun hat Innenminister Horst Seehofer eine erste Vereinbarung mit einem EU-Staat zur Rücknahme von Migranten vorgelegt. Doch wie viele Menschen sind von dem bilateralen Abkommen mit Spanien überhaupt betroffen? Antworten auf diese und weitere wichtige Fragen.
Die große Koalition aus CDU, CSU und SPD hat gewackelt wegen Uneinigkeiten in der Asylpolitik. Am Ende wurde der Streit beigelegt. Die Lösung: Abkommen mit anderen EU-Staaten zur Rücknahme von Migranten.
Fragen und Antworten zum Abkommen mit Spanien
Die erste bilaterale Vereinbarung gibt es nun mit Spanien. Ob das Abkommen Erfolg verspricht und wer davon eigentlich betroffen ist, lesen Sie hier.
Was ist vereinbart worden?
Migranten, die bereits in Spanien einen Asylantrag gestellt haben, sollen ab Samstag binnen 48 Stunden dorthin zurückgeschickt werden können.
Allerdings geht es nur um Menschen, die an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden; diese wird aber nur punktuell kontrolliert und liegt auch gar nicht auf dem direkten Weg von Migranten aus Spanien.
Minderjährige ohne Begleitung sind nicht betroffen, sie dürfen weiterhin einreisen. Das gilt auch für in Spanien registrierte Flüchtlinge, die dort aber keinen Asylantrag gestellt haben.
Wie viele Menschen sind davon wohl betroffen?
Es gehe weniger um die Zahl der Betroffenen, als darum, den Rechtsstaat durchzusetzen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), der ARD.
Wer über Spanien in die EU gelangt ist und unbemerkt über die deutsche Grenze kommt, konnte schon bisher nach Spanien zurückgeschickt werden - allerdings ist das Verfahren aktuell deutlich aufwendiger und führt nicht immer zum Erfolg.
Es geht ohnehin um relativ wenige Fälle: Auf Spanien entfielen im ersten Quartal nur 110 Fälle oder 4,4 Prozent aller sogenannten Dublin-Überstellungen. Das Land liegt damit weit hinter Italien mit 31,2 Prozent (781 Fälle).
Wie viele Flüchtlinge beantragen in Spanien Asyl?
Im vergangenen Jahr wurden in Spanien 31.120 Asylanträge gestellt - die meisten (gut 10.000) allerdings von Bürgern des südamerikanischen Krisenlandes Venezuela.
Nach Angaben des spanischen Flüchtlingshilfswerks CEAR wurden im vergangenen Jahr 13.850 Asylanträge abgewickelt. Fast zwei Drittel (8.675) wurden abgelehnt. Positiv beschieden wurden vor allem Anträge von Syrern, Irakern und Palästinensern.
Die meisten Bootsflüchtlinge, die in den vergangenen Monaten ankamen, stammen aber aus afrikanischen Ländern wie dem Sudan, Marokko, Mali oder Mauretanien.
Wie viele Migranten kommen insgesamt nach Spanien?
Nach den neuesten Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind dieses Jahr bis zum 5. August von Nordafrika aus insgesamt 23.741 Flüchtlinge auf dem Seeweg in Spanien angekommen. Das sind mehr als im Gesamtjahr 2017 (rund 21.600) und mehr als etwa in Italien.
Ein Grund dafür: Die neue italienische Regierung fährt einen ausgesprochen harten Kurs gegen Flüchtlinge und verwehrt Rettungsschiffen die Einfahrt in die Häfen des Landes. Viele Flüchtlinge weichen deswegen auf Spanien aus.
Wie viele Migranten reisen von Spanien nach Mitteleuropa weiter?
Dazu gibt es keine Zahlen. Die Migranten kommen nach ihrer Ankunft in Spanien in die total überfüllten Erstaufnahmezentren (CIE) - und tauchen dann zum Teil ab, um ihr Glück in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern zu versuchen.
In einer Anfang des Jahres veröffentlichten Studie der Madrider Universität ICAI-ICADE Comillas heißt es: "Obwohl es keine offiziellen Zahlen gibt, wurde bei der Recherche festgestellt, dass eine beträchtliche Zahl der Asylbewerber oder der anerkannten Asylbewerber Spanien verlässt und in Länder im Norden Europas weiterreist".
Wie ist der Stand mit anderen Einreiseländern von Migranten in Europa?
Die Gespräche laufen noch, etwa mit Italien. Bundesinnenminister
Im ARD-"Sommerinterview" hatte er am Sonntag gesagt, er hoffe auf Gewissheit in dieser Woche.
Ist die Spanien-Absprache ein positives Signal im Asylstreit der Union?
Das bleibt abzuwarten. Seehofer waren vor allem Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen wichtig. Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die dafür Absprachen mit den europäischen Zielländern verlangte - und ihrem Innenminister auftrug, die nötigen Details zu klären.
Öffentlich wahrt Seehofer Distanz zum Thema: Das Innenministerium veröffentlichte keine Pressemitteilung zur Spanien-Vereinbarung, erst auf Nachfrage gab Seehofers Sprecherin die Vereinbarung bekannt, zwei Tage nach Unterzeichnung.
Ob der Minister selbst unterschrieben hat, sagte sie nicht. Seehofer könnte die Ergebnisse der ihm aufgenötigten Verhandlungen so am Ende immer noch als unbefriedigend einstufen - und damit neuen Streit riskieren. (dh/cai/dpa)
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