Der Fall des Ex-Doppelagenten Skripal schlägt weiter hohe Wellen. Skripal und seine Tochter kamen wohl an ihrer eigenen Haustür im englischen Salisbury mit dem Gift in Kontakt. Der jungen Frau geht es inzwischen etwas besser.
Der Gesundheitszustand der Tochter des vergifteten Ex-Doppelagenten Sergej Skripal bessert sich zusehends. Yulia Skripal spreche gut auf die Behandlung an, teilte das Krankenhaus im englischen Salisbury am Donnerstag mit. Der Zustand von Sergej Skripal hat sich dem Krankenhaus zufolge nicht verändert, er bleibe "kritisch aber stabil".
"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, das Yulia Skripal rasche Fortschritte macht und nicht mehr in einem kritischen Zustand ist", sagte die medizinische Leiterin des Bezirkskrankenhauses in Salisbury, Christine Blanshard, der Mitteilung zufolge. Die 33-Jährige bleibe aber weiterhin rund um die Uhr in Behandlung.
Yulia Skripal und ihr Vater Sergej (66) waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der Innenstadt von Salisbury entdeckt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet wurden.
London macht Moskau verantwortlich
Die beiden kamen wohl an ihrer eigenen Haustür in Salisbury mit dem Gift in Kontakt. Dort wurde die höchste Konzentration des Nervengifts entdeckt, teilte die Polizei mit. Einem BBC-Bericht zufolge soll es an der Türklinke gewesen sein, möglicherweise in Form einer klebrigen Masse, die dort hingeschmiert wurde. Die Tür wurden inzwischen abmontiert. Medienberichten zufolge wurde ein Spielplatz in der Nähe des Hauses am Donnerstag abgesperrt.
London macht Moskau für den Anschlag verantwortlich. Russland streitet aber jegliche Verantwortung ab. Trotzdem wiesen weltweit inzwischen 27 Staaten russische Diplomaten aus, darunter auch Deutschland, Frankreich und die USA. Die Gesamtzahl der betroffenen Personen liegt bei mehr als 140. Sieben weiteren russische Diplomaten wurden von der Nato vor die Tür gesetzt.
Aus Sicht des österreichischen Außenministeriums ist die Massenausweisung russischer Diplomaten auf unbewiesener Grundlage erfolgt. "Wir haben einen Vorfall, dessen Sachverhalt der Aufklärung noch harrt", sagte Außenministerin Karin Kneissl am Donnerstag in Wien.
Russlands Reaktion lässt auf sich warten
Es hätte andere diplomatische Möglichkeiten gegeben, auf den Verdacht angemessen zu reagieren, so die Chefdiplomatin weiter. Österreich sei mit seiner Position, keine russischen Diplomaten auszuweisen, in der internationalen Gemeinschaft alles andere als isoliert. Viele Nationen seien dem Beispiel der USA, Deutschlands und anderer Staaten nicht gefolgt.
"Das Ausweisen von Diplomaten war nie unsere Praxis", sagte Kneissl. Gerade in schwierigen Zweiten gelte es, die Kommunikation aufrechtzuerhalten. "Diplomatie ist mehr, als sich wechselseitig Positionspapiere vorzuhalten. Es ist die Praxis der Zwischentöne", sagte sie. Sollte Österreich um Vermittlung in diesem Fall gebeten werden, sei das Land gerne bereit dazu. Es gebe aber bisher keine Anfragen dazu.
Russlands Reaktion auf die Ausweisungen lässt derweil auf sich warten. Die Gegenmaßnahmen würden derzeit ausgearbeitet, sagte Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums, am Donnerstag in Moskau.
"Ich denke, dass sie in Kürze bekanntgegeben werden", sagte sie der Agentur Interfax zufolge. Sie sprach von einer angemessenen Reaktion, nannte aber keine Details. Es wird erwartet, dass auch Russland zahlreiche Diplomaten des Landes verweisen wird.
Moskau erwägt angeblich die Schließung des US-Generalkonsulats in St. Petersburg. Das berichtete die Zeitung "Iswestija" unter Berufung auf Quellen im russischen Außenministerium.
5.000 Stunden Videomaterial werden ausgewertet
Die britische Polizei kündigte an, weiter intensiv im Umkreis des Wohnhauses von Sergej Skripal in Salisbury nach Beweisen zu suchen. Die Ermittlungen könnten sich aber noch über Monate hinziehen. Ausgewertet werden auch 5000 Stunden mit Videomaterial von Überwachungskameras.
Großbritannien ist eines der am stärksten mit Videokameras überwachten Länder der Welt. Im Fall des 2006 in London mit radioaktivem Polonium vergifteten Kremlkritikers und Ex-Agenten Alexander Litwinenko war es unter anderem die Identität der Täter, die eine Zuordnung nach Moskau ermöglichte. © dpa
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