Der Zentralrat der Juden hat scharfe Kritik an Holger Stahlknecht geäußert. Hintergrund ist eine Äußerung des Innenministers von Sachsen-Anhalt zur Bewachung von jüdischen Einrichtungen. Während der Zentralrat "fassungslos" auf diese reagiert, spricht Stahlknecht von einem Missverständnis.

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Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht vorgeworfen, Antisemitismus Vorschub zu leisten. Der CDU-Politiker sprach daraufhin am Montagabend von einem "Missverständnis".

Stahlknecht hatte am Freitag das Polizeirevier Dessau-Roßlau besucht. Nach einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" (MZ) war dabei zur Sprache gekommen, dass das Revier wegen der Bewachung jüdischer Einrichtungen 1.500 zusätzliche Arbeitsstunden leiste.

Stahlknecht: Zusätzliche Arbeitsstunden fehlen woanders

Der Minister habe gesagt, diese Arbeitsstunden fehlten woanders. Es könne sein, dass die Polizei daher nicht bei jeder Anforderung pünktlich zur Stelle sei. Ferner erinnerte er daran, dass sein vor Monaten erfolgter Vorstoß, neben Beamten auch zivile Wachleute für die Bewachung der jüdischen Einrichtungen einzusetzen, im Landtag gescheitert sei.

Schuster reagierte empört: "Mit seinen Äußerungen suggeriert Minister Stahlknecht, Juden seien schuld daran, wenn sich die Polizei um die Belange der übrigen Bevölkerung nicht mehr angemessen kümmern könne", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Zentralrat der Juden reagiert "fassungslos" auf Äußerung Stahlknechts

"Ein Landesinnenminister scheut sich nicht, Juden als privilegiert darzustellen und sie gegen andere Bevölkerungsgruppen auszuspielen", kritisierte Schuster. "Damit befördert er Antisemitismus. Das ist ein Armutszeugnis."

Eine solche Einstellung mache den Zentralrat nach dem Anschlag von Halle und dem jüngsten antisemitischen Angriff in Hamburg "fassungslos", sagte Schuster weiter. "Es stellt sich die Frage, ob Holger Stahlknecht weiter für das Amt des Innenministers geeignet ist."

Der Minister wies den Vorwurf zurück. "Mein Ziel war und ist es, deutlich zu machen, dass die erhöhte Polizeipräsenz zum Schutz der jüdischen Einrichtungen für mich nicht verhandelbar ist und oberste Priorität in meinem Handeln hat", betonte der CDU-Politiker.

Der Schutz jüdischer Einrichtungen war nach dem Anschlag von Halle vor rund einem Jahr in ganz Sachsen-Anhalt erhöht worden. "Ich bin zutiefst betroffen und erschüttert, dass meine Äußerungen offensichtlich für ein Missverständnis gesorgt haben", so Stahlknecht. Allen sei bewusst, dass der Anschlag von Halle eine Zäsur in der Geschichte des Landes gewesen sei. (dpa/afp/thp)

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