"Alexa, hier spricht der BND, bitte schicke mir alle Gespräche über das geplante Bombenattentat" - so einfach wird der Zugriff auf private Daten des Sprachassistenten aus dem Hause Amazon zwar nicht. Der geplante Beschluss der Innenminister klingt aber auch so ziemlich bedrohlich.
China, Iran, Nordkorea - beim Stichwort "Überwachungsstaat" fallen einem sofort die üblichen Verdächtigen ein. Der Schutz der Privatsphäre ist dort wenig bis gar nicht gegeben, ausländische und soziale Medien werden zensiert, die Bürger über Kameras und Ausspähen der Kommunikationsmittel kontrolliert.
Doch wie weit ist Deutschland eigentlich von einem solchen Zustand entfernt? Geht es nach der Innenministerkonferenz (IMK), ist zumindest der Zugriff auf private "Smart Home"-Daten auch unserem Staat bald erlaubt.
Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dem eine Beschlussvorlage des schleswig-holsteinischen Innenministers und IMK-Vorsitzenden Hans-Joachim Grote (CDU) für die Tagung vom 12. bis 14. Juni in Kiel vorliegt.
Tauschen sich Terroristen über Alexa aus?
Demnach sollen künftig digitale Spuren von internetfähigen Geräten in Privathaushalten als Beweismittel vor Gericht verwendet werden dürfen.
Fernseher, Kühlschränke oder Sprachassistenten wie Alexa, die mit dem Internet verbunden sind, sammelten permanent wertvolle Daten, die für Sicherheitsbehörden von Bedeutung sein könnten, so die Überlegung.
Digitalen Spuren komme "eine immer größere Bedeutung" bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen und terroristischen Bedrohungslagen zu, heißt es in der Beschlussvorlage.
Und laut dem Bericht haben sich die Innenstaatssekretäre von Union und SPD in der vergangenen Woche in Berlin auf einer Vorkonferenz bereits darauf verständigt, den Antrag Schleswig-Holsteins unterstützen zu wollen.
Nutzt der BND Alexa bereits als Abhöranlage?
Wie das ARD-Magazin "Kontraste" berichtet, blieb bereits im April eine Anfrage der Linken im Bundestag unbeantwortet, ob deutsche Nachrichtendienste solche Sprachassistenten wie Alexa oder Siri als Abhörinstrument nutzen.
Die Bundesregierung wollte diese Informationen nicht herausgeben, auch nicht als Verschlusssache. Bei Bekanntwerden würden die Nachrichtendienste dieses Mittel verlieren, es sei "kein Ersatz durch andere Instrumente möglich", so die Begründung.
Seehofer fordert Entschlüsselung von WhatsApp und Co.
Bundesinnenminister
Seehofer will im Rahmen der Reform zum Beispiel Messengerdienste wie WhatsApp verpflichten, den Sicherheitsbehörden Zugang zu verschlüsselten Nachrichten zu verschaffen.
Anderenfalls müssen sie damit rechnen, von der Bundesnetzagentur für Deutschland gesperrt zu werden.
Online-Durchsuchung könnte geheime Informanten enttarnen
Die Organisation Reporter ohne Grenzen warnte vor der geplanten Reform der Gesetze, in denen die Befugnisse des Verfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes geregelt werden.
Sie ermögliche es, Journalisten digital auszuspionieren, die "Server großer Verlage und Rundfunksender zu hacken, zu durchsuchen" und dabei auch die Identität von Informanten aufzudecken, erklärte die deutsche Sektion der Journalistenvereinigung.
Da Journalisten teilweise auch in kriminellen Milieus recherchieren müssten, könnten ihre Daten bei der Überwachung verschlüsselter Kommunikation und bei der verdeckten Online-Durchsuchung vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zudem leicht als "Beifang" abgeschöpft werden.
Via Twitter wehrte sich Seehofer gegen den Vorwurf, er wolle den Geheimdiensten ein Werkzeug zur Ausforschung von Journalisten an die Hand geben.
Aktuell liegt der Entwurf Seehofers auf Eis. Es wird allerdings erwartet, dass Seehofer einen neuen Anlauf nimmt, sobald die Nachfolge von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) geklärt ist.
Denn ihr Ministerium hatte den Entwurf im März mit dem Hinweis gestoppt, die darin vorgesehenen Befugnisse gingen über die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehene "maßvolle" Kompetenzerweiterung von Verfassungsschutz und BND hinaus.
Barley wechselt ins Europäische Parlament, ihre Nachfolge für das Justizministerium ist noch offen.
Verwendete Quellen:
- Sendung "Kontraste" vom 11. April 2019
- Redaktionsnetzwerk Deutschland
- Agenturmaterial von dpa
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