(sal) - Anfang September haben wir unseren Usern eine einfache, aber sehr persönliche Frage gestellt: "Wo waren Sie am 11. September 2001?" Die Resonanz war überwältigend: Uns erreichten so viele Emails, dass wir gar nicht alle veröffentlichen können. Wir danken jedoch allen Teilnehmern, dass sie ihre doch sehr emotionalen Erinnerungen mit uns geteilt haben. Lesen Sie hier den ersten Teil unseres Dossiers.
Ich war in einem Flugzeug der American Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach New York, ich wollte meinen Sohn in Maine besuchen. Beim Einchecken wurden wir aufs Schärfste kontrolliert. Ich hatte noch gesagt, dass solche Kontrollen doch ziemlich beruhigend sind! Nach einer Stunde Flug kam die Durchsage, wir müssten umkehren wegen technischer Probleme. Nach einem U-Turn und ca. zwanzig Minuten später sagte der Kapitän, dass zwei Flugzeuge über dem World Trade Center zusammengestoßen sind.
Nachdem Kerosin über dem Atlantik abgelassen war, sind wir wieder in Amsterdam gelandet. Hier konnten wir das wirkliche Unglück auf großen Bildschirmen zum ersten Mal dann richtig sehen. Viele Menschen haben geweint.
Das Wetter in Amsterdam war sehr schlecht, es war kalt und regnete. Da ab ca. 17:30 Uhr kein Zug und auch kein Flug mehr nach Hamburg ging, musste ich in Amsterdam übernachten. Alle Hotels waren belegt. Ich bekam aber für 150 US-Dollar ein kleines Zimmer in einer Absteige.
Ein paar Wochen später bin ich nach Mallorca geflogen. In dem Flugzeug war ein Mann, der dem angeblichen Attentäter Mohammed Atta zum Verwechseln ähnlich sah. Als dieser Fluggast sich ca. eine halbe Stunde in der Toilette einschloss, lief mir dann doch der Schweiß runter Mohammed Attas Vater hat irgendwann mal gesagt, er habe mit Mohammed später, nach dem Anschlag, telefoniert.
- Peter S. -
Mir kommt dieser Tag, der nun schon ein ganzes Jahrzehnt zurückliegt, immer noch sehr nahe vor. Erfahren habe ich die Nachricht über das Radio, als ich mit einem Freund im Auto nach Hause fuhr, nachdem wir uns kurz zuvor im Kino über "Der Schuh des Manitu" schlappgelacht hatten.
Größer konnte der Kontrast gar nicht sein. Wobei ich, wenn ich ehrlich bin, im ersten Moment den Ernst der Situation gar nicht begriffen hatte. Es hieß in der Radioansage lediglich, dass das World Trade Center eingestürzt sei, und - so peinlich mir der Gedanke heute noch ist - fand ich diese Meldung beinahe amüsant, weil so surreal. Erst in den folgenden Momenten begriff ich, dass da etwas sehr Schlimmes passiert sein muss, wobei unzählige Menschen ums Leben gekommen sein müssen.
Ich glaube, mein Freund und ich haben kein Wort mehr gesprochen, bis wir wieder zu Hause waren. Es war eine Nachricht, die wir erst mal im Stillen verarbeiten mussten.
Zurück in meiner Wohnung, schmiss ich natürlich sofort den Fernseher an. Und als ich die Bilder sah, wie die Flugzeuge in das World Trade Center stürzten und die beiden Türme schließlich einstürzten, kamen mir die ersten Tränen in die Augen (selbst jetzt, wo ich mich an diese Momente zurückerinnere, bleiben meine Augen nicht völlig trocken). Ich verspürte nun den enormen Drang, mit anderen darüber zu sprechen, aber leider war ich alleine zu Hause und meine Schwester konnte ich nicht erreichen.
- Christian -
Ich war am 11. September 2001 erst vier Jahre alt, jetzt bin ich fast 15. Ich war im Kindergarten, und habe zusammen mit den anderen Kindern irgendeine Veranstaltung gemacht. Ich wurde dann von meiner Mutter abgeholt, und bin mit ihr erst einmal zu meiner Großmutter gegangen (nur 100 Meter weiter), wo auch noch mein Onkel wohnte. Der saß vor dem Fernseher und hat gerade gerufen: "Jetzt ist der zweite Turm auch eingestürzt!" Meine Mutter hat sich sofort zu ihm gesetzt, und ich wusste gar nicht, was los war, sondern wollte nach Hause, weil irgendeine Sendung lief, die ich gerne sehen wollte (soweit ich mich erinnere).
Irgendwann sind wir dann auch nach Hause gegangen, und meine Mutter hat sich dann sofort mit meinem Vater in der Küche vor den Fernseher gesetzt. Wie ich später erfahren sollte, hatten beide Angst vor einem dritten Weltkrieg. Ich aber wusste nicht, was passiert war, und tobte mit meinem einjährigen Bruder im Wohnzimmer herum, was meinen Vater sehr böse gemacht hat.
Erst Jahre später erfuhr ich, dass etwas sehr Schlimmes passiert war, und noch später erfuhr ich von den vielen “Verschwörungstheorien” und ähnlichem. Mittlerweile interessiert mich das Thema sehr, und ich habe mir diverse Dokumentationen und Filme zu dem Thema angesehen.
- Anonym -
Mein persönlicher 11. September wurde ein Fotoprojekt, welches 2010 sogar in die Sammlung des National September 11 Museums in New York City aufgenommen wurde.
- Tom Bloch -
An diesem Tag war ich auf der IFA in Frankfurt. Es war der so genannte Pressetag, an dem nur das Fachpublikum und die nationale und internationale Presse Zutritt zur Messe bekamen. Es gab etliche Neuvorstellungen der Automobilhersteller, unter anderem mit einem eigenen MINI-Pavillon, um dieses Remake von BMW ins rechte Licht zu setzen. Nach einem völlig normalen Vormittag, an dem ich meine Termine nach einander abhakte, wurde es plötzlich um mich herum unruhig.
Alle Telefone klingelten und Menschen, die normalerweise mit Nachrichten ihr Geld verdienen sahen sich irritiert und ratlos um - sie konnten es nicht glauben. In diesem Moment war der erste Flieger im WTC eingeschlagen. Sofort begann die Recherche: Wo ist der nächste Fernseher, der internationales Programm hatte?
In Windeseile bildeten sich um die Übertragungswagen des amerikanischen Fernsehens, welche im Innenhof des Hauptgebäudes standen, Trauben von Menschen und es herrschte absolute Stille. Ich glaube, es war dann Toyota, die sich entschlossen, ihre große Leinwand auf dem Stand zu einem News-Kino zu machen. Alle Plätze belegt, und unter den Profis gingen die Spekulationen los, was den Unfall verursacht haben kann und jeder erinnerte sich daran, wann er das letzte Mal auf dem Tower war, oder ob überhaupt.
Wir saßen da und fingen uns ein wenig, trotz der überwältigenden Bilder aus NY, als dann der zweite Flieger einschlug. Und jetzt brach die Hölle los, die IFA war nicht mal einen Fünfzeiler mehr wert und die Ü-Wagen rauschten vom Hof in Richtung Fraport. Alle Journalisten wussten in diesem Moment, dass diese Nachricht eine andere ist als die IFA oder was auch immer.
Bleiern benommen suchten sie den Weg zu ihren Autos und Taxis, das vorlaute Gebrabbel der Spekulationen wich einer Schockstarre und in Bruchteilen von Minuten waren die Gänge und Hallen der Messe fast menschenleer.
- Michael Gremliza -
An jenen traurigen Tag werde ich mich wohl mein Lebtag klar erinnern, der Schmerz sitzt noch immer tief. In der Nacht zum 9/11 habe ich außergewöhnlich schlecht geschlafen, und am Morgen war ich sehr, sehr unruhig. Beim Frühstück sagte ich zu meiner Freundin: "Etwas Schreckliches passiert heute." Sie schmunzelte.
Den ganzen Tag über konnte ich mich irgendwie auf nichts wirklich konzentrieren, habe die Prüfung in der Berufsschule verhauen. Danach bin ich im örtlichem Einkaufscenter nachmittags einkaufen gewesen. In der HIFI- und TV-Abteilung liefen wie gewohnt die TV-Geräte an der Wand. Erst habe ich die Bilder gar nicht realisiert und noch weiter eingekauft, doch irgendwann
kam bei mir das böse Erwachen.
Immer mehr Menschen aus den Einkaufscenter sammelten sich vor den TV-Geräten. Ich geriet ins Stocken, fing an zu realisieren, was dort geschah. Es war so unwirklich, wie im Film. Doch es war real, es war schwer, es zu begreifen, völlig absurd. Unfassbar. Nach einigen Minuten bin ich zusammengesackt und in Tränen ausgebrochen.
Noch heute, nach fast zehn Jahren, treiben mir diese Bilder Tränen in die Augen. Ich bete, dass sich so etwas Grausames niemals wiederholt.
- A. Libutzki -
Ich war am 11.09.2001 mit meiner Freundin bei einer Aufzeichnung der Sendung von "Bärbel Schäfer". Das Thema war "Sexy Mütter" und meine Freundin sollte im Publikum zu dem Thema zu Wort kommen. Wir saßen in einem Raum, um auf den Beginn der Aufzeichnung zu warten. Zur Unterhaltung lief ein Fernseher.
Plötzlich sahen wir einen Bericht, eine Reportage über dieses Unglück, das sich kurz zuvor in NY ereignet hat. Ich weiß noch, wie fassungslos wir auf diesen Fernseher gestarrt haben. Wir konnten gar nicht begreifen, dass das wirklich passiert und irgendwann wurde der Fernseher plötzlich ausgeschaltet, damit wir gute Laune für die anstehende Aufzeichnung behalten!
Wir waren dann während der Aufzeichnung tatsächlich noch unsicher, ob sich das Unglück tatsächlich ereignet hat, so unbegreiflich schien uns das.
- Sandra Morales -
Am 11. September war ich in Miami auf Geschäftsreise mit meinem Unternehmen. Ich hörte im Radio Nachrichtensprecher und Sondersendungen und merkte, dass die Stadt aufgewühlt war. Und ich begriff: Die Twin Towers. Aus meinem Unternehmen waren auch Leute in NY, und ich habe sie angerufen. Einer hob nicht ab.
Ich hatte Panik, doch sechs Stunden später rief er mich an. Er hatte Verletzen geholfen. Ich war erleichtert und fürchterlich schockiert zugleich. Seitdem hasse ich es, in die Staaten zu fliegen.
- Anonym -
Am 11. September 2001 war ich mit meinem Mann in Toronto, Kanada unterwegs. Wir waren einen Tag zuvor, also am 10.September, angereist und wollten nun das Wahrzeichen, den 553 m hohen CN Tower besuchen. Es war schon gegen 9 Uhr und der Terror war schon im vollen Gange, nur wir hatten davon keine Ahnung. Der Turm war geschlossen - für uns völlig unverständlich. Also machten wir zunächst eine Stadiontour nebenan im Sky Dome (heute Rogers Centre). Mitten in der Führung hieß es: "Und aus Sicherheitsgründen brechen wir jetzt hier ab und gehen durch diesen Ausgang, alle wissen ja wieso." Wir Touristen wussten aber gar nicht worum es geht.
Draußen stellten wir fest, dass kaum Menschen auf den Straßen waren - die saßen wohl alle vor dem Fernseher. Also beschlossen wir, erstmal zuhause anzurufen und zu melden, dass wir gut angekommen sind. Der Bruder meines Mannes war völlig erleichtert, von uns zu hören (obwohl wir ja 500 km weit weg vom Geschehen waren). Er meinte, es seien Flugzeuge ins WTC geflogen und eines sei noch in der Luft. Man wisse nicht, ob ein Krieg ausbrechen würde und sämtliche Flughäfen, auch in Kanada, seien gesperrt.
Nun war es so, dass wir selbst dem Unglück mehr oder weniger haarscharf entkommen waren. Wir hatten ursprünglich für den gleichen Reisetermin, also den 10.09., einen Flug nach New York anstatt Toronto geplant, und wären damit selbstverständlich am 11.09. in Manhattan gewesen - wenn nicht gar am WTC. Nur wegen des guten Dollarkurses in Kanada schwenkten wir damals um. Nicht auszudenken!
Ich sah am CN Tower hoch und dachte, hier sollten wir erst mal weg. Wer weiß, was noch geplant ist? Völlig schockiert liefen wir am Lake Ontario entlang und diskutierten, was nun geschehen werde. Angenommen ein Krieg würde in den USA ausbrechen, würden wir nach Deutschland zurückkommen, würde Kanada involviert? Wir dachten im ersten Moment nur an uns, da wir auch noch keine Bilder gesehen hatten und uns keine Vorstellung davon machen konnten, was genau geschehen war, wie viele Opfer es gab. Einen Fernseher konnten wir nicht finden und stellten uns an einen Kiosk mit Radio. Schockiert von den Nachrichten fuhren mit der Fähre auf die Toronto Islands, um Abstand zu finden.
Abends im Hotel fanden wir eine allgemein formulierte Nachricht vom Hotel vor, in der pauschal allen US-Bürgern kondoliert wurde, und konnten dann schockiert die TV-Bilder verfolgen. Ich habe jedes Mal wieder geweint.
Die Reise stellten wir um, da wir Abstecher in die USA geplant hatten und wir Angst hatten, die Grenzen könnten gesperrt werden. Als die Flughäfen wieder offen waren, waren wir erleichtert. Das Leid begleitete uns natürlich auf der gesamten Reise, an den kanadischen US-Botschaften lag ein Blumenmeer, Teddys, Texte; die üblichen Preise und Hinweise auf Kabel-TV an Hotels wurden mit Steckbuchstaben durch traurige und unterstützende Texte und Flaggen ersetzt, Privatleute hängten Schilder und Flaggen an ihr Haus.
Die Sicherheitsvorkehrungen bei der Rückreise kann man sich ungefähr vorstellen. Noch immer denke ich daran, welches Glück wir hatten, dass wir die ursprünglich geplante Reiseroute damals änderten.
- Ulrike Sieberg, 41 Jahre -
Im August 2001 trat ich meinen Dienst als Auslandslehrer an einer NATO-Schule an. Da unser Haus noch nicht zur Verfügung stand, bin ich mit meinen beiden ältesten Kindern (13 und 10 Jahre) in eine Stube der Kaserne gezogen. Am Nachmittag des 11. September 2001 sollte ein Willkommensempfang durch einen hohen NATO-Offizier stattfinden. Der ließ sich aber entschuldigen und auch sonst waren keine Offiziere anwesend, was altgediente Lehrkräfte als äußerst ungewöhnlich empfanden. Der Empfang war auch nur sehr kurz und so ging ich danach zurück in die Unterkunft zu meinen Kindern.
Ich stellte fest, dass der Fernsehraum proppevoll war, was zu dieser Nachmittagszeit auch sehr ungewöhnlich war. Ich betrat den Raum und sah im Fernsehen einen Actionfilm mit brennenden Hochhäusern. Aber schon nach wenigen Sekunden war mir klar, dass das bitterer Ernst war. Die Stimmung unter den Soldaten war äußerst angespannt und ein neben mir stehender Offizier sagte nur: "Oh oh, das gibt Ärger!" Dem konnte ich nur beipflichten und die Entwicklung der letzten zehn Jahre hat gezeigt, dass dies eine völlig realistische Einschätzung war.
- Anonym -
Der 11. September 2001 war ein Dienstag und zu dem Zeitpunkt war ich noch Zeitsoldat (SaZ 6) bei der Marine. Während des Zeitraumes war ich Navigationsmaat des Minentaucherbootes Mühlhausen. Unsere Einheit befand sich im Heimathafen Eckernförde. Ich hatte nach dem Frühstück die Morgenwache alleine auf der Pier vor dem Boot. Meine Wachschicht war zwischen 8 und 10 Uhr. Während die Kameraden an Bord waren und den Tagesdienst nach dem Frühstück beginnen wollten, ereigneten sich ja die Anschläge in New York. Ich befand mich immer noch zur Wache auf der Pier.
Auf einmal liefen mehrere Soldaten an Bord in die Messen (Aufenthaltsräume) um dort die TVs einzuschalten. Ich musste ja weiterhin die Wache schieben. Ein Kamerad rief mir folgenden Satz zu (den ich nie vergessen werde): "In den USA ist 'Krieg'. Die USA werden angegriffen." Ich wurde nervös und wollte am liebsten auch sofort die Bilder im TV sehen. Ein wenig später lief dann der Kommandant von Bord und teilte mir als Wachdienst mit, dass er dringend zum Kommandeur muss.
Alle befürchteten das Schlimmste und ob Deutschland auch in den Krieg muss. Zu diesem Zeitpunkt war den Meisten noch nicht bewusst, dass es sich um Terroranschläge handelt, sondern viele dachten, dass die USA kriegerisch von einem Land angegriffen werden. Die Sicherheitsmaßnahmen und Wachen wurden verstärkt.
Ich kann mich daran erinnern, dass ich am Abend nach meiner Wache und nach Dienstschluss aus dem Marinestützpunkt in die Stadt fahren wollte und die Wache anstatt mit Pistole mit größeren Handwaffen ausgestattet war und die Tore geschlossen waren. Ich musste beim Durchfahren der Wache anhalten, da mein PKW kontrolliert wurde (mit Spiegel unter dem PKW usw.). Man hatte auch bei der Bundeswehr Angst vor Anschlägen. Dieser Zustand wurde nach ca. 3 Tagen wieder aufgehoben, nachdem sich alles ein wenig beruhigt hatte.
- David Guttmann -
Mit dem 11.September 2001 bleibe ich immer verbunden. Ich bin gebürtige Tschechin und seit 11 Jahren lebe ich in Deutschland. Am 11. September 2001 hatte ich einen ganz normalen Tag, dachte ich zumindest. Jeder Tscheche hat zwei besondere und schöne Tage im Jahr: seinen Geburtstag und seinen Namenstag.
Mein Namenstag ist am 11.September. Ich heiße Denisa und der Name wird im tschechischen Namenskalender am 11.9. gefeiert. Anstatt am 11.September 2001 meinen Namenstag mit meinen Freunde zu feiern, saß ich vor dem Fernseher und schaute, was in NY gerade passiert war. Es war alles so traurig, dass ich keine Lust zum Feiern hatte. Habe ich bis heute nicht, weil jeder 11.September dreht sich nicht um mich und meinen Namen, sondern weltweit um 9/11.
Ich bin am 9.3. geboren. Ohne Punkte ist das die Nummer 93, genau wie der Flug UA93, der am 11. September 2001 als eine der vier entführten Maschinen, die für die Anschläge in New York und Washington, D.C. benutzt wurden, entführt wurde und in der Nähe von Shanksville, Pennsylvania abgestürzt ist. Dabei starben alle 44 Menschen an Bord. An jedem Geburtstag seit 2001 geht wieder 9/11 durch meinen Kopf.
Zwei wichtige Tage in meinem Leben sind also mit 9/11 tief verbunden. Und es bleibt auch so bis zum Ende meines Lebens.
- Denisa Voriskova -
Wir haben am 11. September 2001 gerade den 40. Geburtstag meiner Mutter gefeiert. Alle waren fröhlich und gut drauf und wir hatten den Fernseher einfach nebenbei laufen. Als dann jedoch auf jedem (!) Sender Eilmeldungen über die - zu dem Zeitpunkt - noch nicht wirklich sicheren Gründe kamen, war die Feier schnell zu Ende. Weil die Gäste aus Angst vor weiteren Angriffen auch in Deutschland einfach angst hatten und nach Hause wollten.
- Stefan Pohl -
Wir wohnten damals in Holzwickede bei Unna. Ich wollte bügeln, im Wohnzimmer, und machte den Fernseher an. Ich dachte: Science-Fiction-Film. So ein Mist Umgeschaltet, umgeschaltet, unfassbar.
Rotz und Wasser habe ich geheult! Die armen Menschen! Dann rief mein Sohn (damals 22) an. Er hat alles am Dortmunder Hauptbahnhof auf einer Leinwand gesehen. Er war völlig fertig.
Bügeln konnte ich nicht mehr. Turm 1 fiel, dann Turm 2. Vorher sprangen die Menschen. Sie können sich nicht vorstellen, wie nah mir das ging. Gezittert, geheult, Wut kam auf. Zum Glück war damals wenigstens meine Hündin Dany bei mir. Ich habe sie nur im Arm gehalten. Meine Mutter, Freunde angerufen - ich habe nur noch weinende Menschen am Telefon gehabt.
Seit diesem Tag habe ich ein gespaltenes Verhältnis zu einer bestimmten Gruppe von Menschen. Und daran kann ich nichts ändern! Man sollte ja nie Menschen über einen Kamm scheren. Aber das Gefühl... Da kann man nichts dran machen, leider! 9/11 hat viel in mir kaputt gemacht. An das Gute im Menschen kann ich kaum mehr glauben, tut mir Leid.
Mein Sohn ist selbstständig und ist in ganz Deutschland unterwegs. Ab und an rufe ich ihn an, ob alles in Ordnung ist. Man weiß ja nie. Volker, mein Mann, arbeitet bei einem großen Dortmunder Unternehmen, da hat man auch schon mal ein mulmiges Gefühl. Aber, wie heißt es so schön, das Leben geht weiter. Aber den Tag vergesse ich in meinem Leben nie!
Hille, 57 Jahre
Ich war 19 Jahre alt, hatte grade Abitur gemacht und war in meine langersehnte Reise nach Neuseeland aufgebrochen. Anfang September begann ich dort auf einer abgelegenen Farm auf der Nordinsel zu arbeiten. Schafe hüten zu Pferd, Lämmer mit der Flasche groß ziehen, Zäune bauen... Es war eine schlichte, glückliche Zeit dort, für mich der Himmel auf Erden, ich genoss jeden Augenblick.
Als ich am Morgen des 12.9. morgens gegen 6 Uhr in die Küche kam (Neuseeland war NY zu dem Zeitpunkt 16 Stunden voraus), sagte mein Gastvater, dass zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme geflogen seien. Ich war noch gar nicht wach genug um zu realisieren, was er da sagte. Er schaltete dann den Fernseher ein und alle Kanäle waren voll mit den Meldungen. Wir waren zutiefst entsetzt. Sahen die Bilder immer wieder, wollten, konnten es aber nicht glauben.
Die Arbeit des Tages ging irgendwie vorbei, kaum jemand sagte etwas, bedrückendes Schweigen, jeder allein mit seinen Gedanken an die Opfer. Abends saßen wir wieder vor dem Fernseher und sprachen über die Geschehnisse. Ein Bekannter von mir arbeitete im Pentagon, hatte aber an diesem Tag frei. Mein Vater und mein Bruder waren wenige Jahre zuvor auf den Zwillingstürmen gewesen. Ich war erleichtert, dass niemand, den ich kannte, zu Schaden gekommen war, trauerte aber mit den Hinterbliebenen der Opfer. Es wurden, auch in Neuseeland, zunächst alle Flüge gecancelt und ich wusste nicht, ob ich meinen Flug nach Hause überhaupt wahrnehmen konnte. Die Flüge nach Europa waren dann aber recht bald wieder freigegeben. Anfang Oktober war ich wieder zuhause.
- Binia Diepolder -
Nun, der 11.09. ist für mich jedes Jahr ein besonderer Tag. Das war er auch schon vor 2001, denn es ist mein Geburtstag. Immer wenn ich sage, dass ich am 11.09. Geburtstag habe, schauen mich die Leute etwas mitleidig an und meinen, es sei kein schöner Tag. Und das kann ich nicht bestätigen, bis eben auf 2001.
Ich arbeitet zu diesem Zeitpunkt in einer Bank in Berlin und der Tag an sich begann recht entspannt. Meine Kollegen und ich haben vereinbart, dass wir abends noch schön essen gehen und wir verbrachten den Tag normal.
Irgendwann am Nachmittag meinte mein Chef auf einmal: "Da ist ein Flugzeug ins WTC geflogen" und zu meiner Schade muss ich gestehen, dass ich gelächelt habe. Der Grund dafür war, dass ich dachte, da hat sich ein Kleinflugzeug verirrt. Meine Miene verfinstere sich jedoch schlagartig, als ich kurz nach der ersten Meldung erfahren habe, dass ein zweites Flugzeug ins WTC geflogen ist, denn in dem Augenblick war mir klar, dass es ein Terroranschlag sein muss.
Wer, was, warum - mir gingen so viele Fragen im Kopf herum, die nach Antworten verlangten. Wie gebannt standen wir alle vor dem Fernseher und verfolgte jede Neuigkeit. Die Bank stand still, selbst den Kunden war es egal, was sie wollten, nur noch der Fernseher und die flimmernden Bilder waren von Bedeutung.
Als wir die Filiale abschlossen, gingen wir trotzdem noch essen. Nur die Euphorie, mit der ich in den Tag gestartet bin, war merklich reduziert.
- Martin G. -
Am 11. September 2001 war ich gerade unterwegs auf dem Jakobsweg, den ich in diesem Herbst von Taizé bis nach Finisterre 2000 km weit gelaufen bin, vom 27. Juli bis zum 3. Oktober.
Als in New York die Terroranschläge stattfanden, befand ich mich gerade kurz hinter Logrono auf einer betonierten Piste, die Logrono mit einem Naherholungsgebiet mit Stausee westlich der Stadt verbindet. Südlich dieser Betonpiste hatten die Planer eine lange Reihe von Lebensbäumen gepflanzt, die aber zum größten Teil schon wieder krank oder abgestorben waren. Diese trostlose Szenerie habe ich genau in dem Moment fotografiert, als das World Trade Center zusammenbrach. Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt nichts davon, ich habe von den Ereignissen erst abends in der nächsten Pilgerherberge erfahren.
Die nächsten Wochen meines Weges standen dann sehr unter dem Einfluss dieses Unfassbaren. Zunächst erfuhr ich eine unglaubliche Wut mit wilden Rachephantasien, aber im Laufe der Zeit ist diese Wut gewichen, zurück blieb die Gewissheit, dass alle Wut oder Vergeltungswünsche eine menschliche Sichtweise darstellen, aus der göttlichen (oder universellen) Perspektive ist es alles gleich, es gibt keinen Unterschied zwischen den Terroranschlägen vom 11. September und dem Aufblühen einer Rose am Wegrand. Das mag für viele schwer verständlich sein. Ich habe aus diesem Bild dann später eine Karte mit Spruch entworfen.
- Dirk Meerbach -
Am 11.September habe ich mich mit anderen Mamas um die Eröffnung einer Kita gekümmert. Ich kam mit einem Grundriss in der Hand in die Wohnung einer der Frauen und sah in völlig entgeisterte Gesichter: "Die Palis haben das World Trade Center einstürzen lassen!" Meine erste Reaktion war "Hä?" Mehr nicht, mehr ging nicht.
Abends saß ich vor dem Fernseher und als ein Mann aus dem Fenster fiel, fiel mir das Brot aus der Hand, ich konnte kein Stück mehr runterbringen. Wieder und wieder sah ich Berichte, aber ich blieb fassungslos. Immer wieder die Vorstellung: Da stehst du im Büro und in rasender Geschwindigkeit kommt ein Flugzeug auf dich zu und dann kracht es und du gehst unter. Weg.
Sieben Jahre später kam mein zweites Kind zur Welt, ich dachte noch: "Nun halt mal durch bis zum 12.", aber sie wollte nicht warten. Vielleicht auch gut so.
- S.Lösch -
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.