- Ist es Ihnen schon aufgefallen? In der Mode, bei Accessoires: Die Farbe Lila ist auf dem Vormarsch.
- Wie das kommt, was Corona damit zu tun hat und wo man Lila besser nicht einsetzen sollte.
Lila ist eine der Trendfarben für Mode und Einrichtung und viele andere Produkte im Jahr 2022. Davon gehen das Farbinstitut Pantone und viele Trendanalysten aus. Wird jetzt also alles lila? Eher nicht, doch es kann neue Akzente setzen, sagen Expertinnen. Wie kommt es dazu, dass eine Farbe von einem Jahr auf das andere Einzug in Wohnzimmer und Kleiderschränke findet?
Wie es überhaupt zum Siegeszug einer Farbe kommt
Das Pantone-Institut ist nur eine von vielen Firmen, die eine Farbwahl für das Jahr treffen. Seine Wahl findet aber äußerst viel Beachtung, denn das Unternehmen hat ein verbreitetes Farbsystem für die Grafik- und Druckindustrie und es lässt jedes Jahr aufwendig Modefarben von Trendscouts analysieren. Viele Designer und Firmen auf der ganzen Welt übernehmen in der Folge diese Trend-Ansage für ihre Produkte.
So werben jetzt viele Hersteller damit, dass auch sie Produkte in Lila zum Kauf anbieten. Und zwar alles mögliche: Kleidung, Taschen und Brillen, Vasen, Kissen und Trinkflaschen, aber auch große Möbel wie Sessel - und vieles mehr. Sogar Schnittblumen in Lila werden jetzt wegen der Farbwahl als besonders trendig beworben.
Das Pantone-Expertengremium ist zwar nicht das einzige, das Farbtrends analysiert und ausruft, doch auffallend: Auch bei anderen steht Lila hoch im Kurs. Das Trendanalyse-Unternehmen WGSN hat - für 2023 allerdings - einen Lavendelton zur Farbe des Jahres gekürt, verweist aber darauf, dass der Ton bei der Jugend längst angekommen sei. Auch das deutsche Pendant zu Pantone - RAL - hat in seinen Farbpaletten für 2022 mehrere Violetttöne aufgelistet.
Lila gute Laune nach Isolation
Die einen halten es für eine "Oma-Farbe", die anderen finden es eigentlich ganz schön. Die Farbe Lila spaltet die Gemüter. Und zwar bei Konsumenten und Experten. Es scheint, man kann für sein Outfit oder seine Einrichtung Lila nur lieben oder total ablehnen.
Pantone begründet seine Wahl damit, dass der neue Trendton namens "Very Peri" - er ähnelt übrigens der Verpackungsfarbe einer bekannten Schokomarke - ein warmes und freundliches Blau ist, "das ein unbeschwertes Gefühl der Zuversicht und eine fröhliche Sicht auf die Welt" verkörpere. Pantone selbst spricht also nicht von Lila, sondern von einem Blauton mit einer "rötlich-violetten Nuance". "Wir leben in Zeiten der Veränderung", heißt es wörtlich in der Pressemitteilung. "Very Peri" sei ein Symbol für den globalen Zeitgeist und den Wandel, den wir durchmachen: "Während wir aus einer intensiven Phase der Isolation herauskommen, ändern sich unsere Vorstellungen und Standards. Unser physisches und digitales Leben sind auf neue Weise verschmolzen."
Liest man zwischen den Zeilen, könnte man also sagen: Wir haben hier eine mit der Pandemie begründete Wahl, die die vielen Veränderungen, die unser Leben durch Homeoffice und Digitalisierung erlebt, widerspiegeln soll - und den Aufbruch in die Zeit danach. Der Ton ist kein bestehender der Pantone-Farbtabelle wie frühere Jahresfarben, sondern er wurde ganz neu kreiert.
WGSN setzt mit dem helleren Lavendelton auf eine Nuance, die für eine Sehnsucht nach Wohlfühlen, für Wellness und für die digitale Weltflucht stehen soll. Das Trendanalyse-Unternehmen führt die Wahl auf Untersuchungen zurück, wonach Farben wie dieser Lavendelton Ruhe und Gelassenheit hervorrufen könnten. Außerdem sei Lavendel eine Farbe, die alle Geschlechter und Identitäten anspreche und bei jungen Menschen bereits beliebt sei.
Warum "Very Peri" Volltreffer sein könnte - anders als Vorgänger
Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich - woran liegt das? So eine Farbwahl ist auch eine große Werbemaschinerie. Damit wird bestehenden Produkten wortwörtlich ein neuer Anstrich gegeben und damit ein weiterer, vermeintlicher Grund, diese zu kaufen. Wer in Mode sein will, folgt solchen Empfehlungen schon mal, obwohl er die Farbe vorher nicht unbedingt mochte.
Doch Farben sind auch ein Kommunikationsmittel und jede Nuance von Lila vermittelt einen anderen Eindruck. "Very Peri" ist kraftvoll, Lavendel beruhigend. Aber nicht jeder Lila-Ton kommt gut bei der großen Masse der Käufer von Produkten an. So fiel zum Beispiel die Pantone-Wahl 2018 auf dem deutschen Markt durch - es war ebenfalls ein Lilaton, aber ein viel knalligeres Ultraviolett.
"Man muss sich immer die Nuancen genau anschauen", sagt daher die Farb- und Wohnexpertin Hildegard Kalthegener. Sie sieht gute Chancen für "Very Peri", wirklich ein Verkaufshit zu werden. Denn: "Dieser Farbton liegt zwischen Blau und Violett, aber näher in Richtung Blau", so Kalthegener. "Blau gilt als eine der beliebtesten Farben sowohl bei Männern wie auch bei Frauen - weltweit."
Außerdem sei dieser Farbton angenehm in seiner Wahrnehmung: "Dieses Blau-Violett ist eher etwas dunkel, und es ist nicht knallig, sondern ziemlich dezent", sagt die Expertin. "Das heißt, diese Nuance stößt niemanden vor den Kopf."
Farbtupfer, aber eher nicht als Wandfarbe
Was nun, wenn man den Lila-Trend wohldosiert mitmachen möchte? "Man kann was Tolles draus machen, aber ich sehe Lila nicht als Wandfarbe", sagt die Trendanalystin Gabriela Kaiser. "Und ich habe echt ein bisschen Bauchschmerzen, wenn ich mir das auf einem Sofa vorstelle. Es gibt leider viele Dinge, die ich mir darin nicht wirklich vorstellen kann. Aber es ist für mich eine Accessoirefarbe, also etwas Kleines im Raum."
Auch Farbexpertin Kalthegener sieht Lila in einer Kombination, die vielen Mitbewohnern aller Geschlechter gefällt, nur als Akzent. "Man kombiniert sie mit hellem Creme oder Offwhites, dazu NATO-Oliv und schönes Holz." Die Expertin ergänzt: "Eine eher feminine Kombination ist das Blau-Violett mit den schon lange beliebten puderrosa Tönen - gern auch mit Oliv dazu."
Pantone gibt auf seiner Website selbst ein paar Anregungen, wie man mit mal mehr und mal weniger Lila-Anteil eine schöne und trendige Farbkombination hinbekommt. (dpa/af)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.