Sieht aus wie Schokolade, schmeckt wie Schokolade, ist aber keine Schokolade: ChoViva heißt das Produkt, mit dem ein Unternehmen aus Bayern die Lebensmittelbranche umkrempeln will. Womit die kakaofreie Alternative punkten kann und was ein Ernährungswissenschaftler an ihr kritisiert.

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Sie ist süß, verführt die Sinne und streichelt die Seele: Schokolade. Vollmilchschokolade ist noch immer die beliebteste Sorte, aber der Markt hat sich in den letzten Jahren verändert: Immer mehr Unternehmen setzen mittlerweile auf Bitterschokolade mit hohem Kakaoanteil.

Neben dem Geschmack sollen auch die gesunden Inhaltsstoffe der Kakaobohne wie Eisen, Magnesium oder Polyphenole Schoko-Fans überzeugen. Als Süßungsmittel dienen statt Industriezucker häufig Alternativen wie Stevia oder Xylit.

Auch das Angebot an veganen Varianten hat zugenommen. Das veränderte Angebot zeigt: Es findet ein Umdenken statt. Schokolade soll nicht mehr nur "süße Sünde" sein, sondern im Idealfall auch noch gesund und nachhaltig.

ChoViva verspricht Schokoladengenuss ganz ohne Kakao

Ein Trend, den sich Unternehmen zunutze machen wollen. Eines davon: die Planet A Foods GmbH aus dem bayerischen Planegg. Mit ihrem Produkt ChoViva wollen die Geschwister Sara und Maximilian Marquart die Lebensmittelbranche revolutionieren.

Denn ChoViva sieht aus wie Schokolade, lässt sich verarbeiten wie Schokolade und schmeckt wie Schokolade, kommt aber völlig ohne Kakaobestandteile aus. Stattdessen enthält ChoViva Zutaten wie Hafer und Sonnenblumenkerne. Dazu kommen laut Hersteller nachhaltige Pflanzenfette, Zucker, Milchpulver (nicht-vegane Variante) oder Hafermehl.

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Aber wie entsteht aus diesen Zutaten ein Produkt, das nach Schokolade schmeckt? Auf der Produktwebsite von ChoViva erklärt der Hersteller: "Der typische Schokoladengeschmack kommt nicht alleine aus der Kakaobohne. Vielmehr werden bis zu 80 Prozent der Geschmacksaromen bei Herstellungsprozessen wie der Fermentation und Röstung gebildet. Dieses Wissen haben wir [auf den Herstellungsprozess von ChoViva; Anm. d. Red.] übertragen."

Veredeln, rösten, conchieren: So wird aus Hafer eine Schokoladenalternative

Bei der Produktion werden Hafer und Sonnenblumenkerne wie Kakaobohnen veredelt, schonend geröstet und anschließend mit weiteren Zutaten wie Zucker und pflanzlichen Fetten verarbeitet. Anschließend wird die entstandene Masse, ähnlich wie bei der traditionellen Schokoladenproduktion, "conchiert".

Was ist Conchieren?

  • Beim Conchieren handelt es sich um ein Verfahren in der Schokoladenherstellung, bei dem die Schokoladenmasse über mehrere Stunden hinweg gerührt und geknetet wird, um ihre Textur zu verfeinern und ihre Aromen zu entwickeln.

Derzeit findet man ChoViva noch nicht als eigenständiges Produkt im Handel, sondern lediglich als Zutat in Produkten verschiedener Hersteller – zum Beispiel in Schoko-Müsli-Mischungen oder in den "Lieblingsgast"-Keksen der Deutschen Bahn.

Soziale und ökologische Vorteile von Choviva

Auch in Sachen Nachhaltigkeit will die Schokoladenalternative punkten: Statt Kakao aus den Tropen werden für ChoViva heimische Rohstoffe verwendet. Durch die Vermeidung von beispielsweise Waldrodungen und durch kürzere Lieferwege werden bei der Produktion laut Hersteller rund 80 Prozent CO2 im Vergleich zu herkömmlicher Schokolade eingespart.

Ein relevanter Wert, denn der CO2-Fußabdruck von Schokolade ist ähnlich hoch wie der von Fleisch und Milchprodukten. Hinzu kommen die sozialen Probleme, die der Kakaoanbau mit sich bringt: die Ausbeutung von Kindern auf den Plantagen etwa oder die geringen Einkommen der Kakaobäuerinnen und -bauern.

"Außerdem wird bis zu 94 Prozent Wasser [im Vergleich zu herkömmlicher Schokolade; Anm. d. Red.] eingespart, da unsere Zutaten weniger Wasser benötigen. Zudem verbraucht ChoViva im Allgemeinen auch weniger Land, da Hafer- und/oder Sonnenblumenkerne im Anbau effizienter sind", so eine Sprecherin der Planet A Foods GmbH.

Ist ChoViva gesünder als herkömmliche Schokolade?

Bleibt die Frage: Wie gesund ist die Schokoladenalternative? "Auch wenn das Produkt durch Hafer und Sonnenblumenkerne etwas mehr Protein als Kakaobohnen bietet, handelt es sich nicht um eine gesündere Alternative zu herkömmlicher Schokolade", erklärt der Ernährungswissenschaftler Matthias Riedl. Dazu kommt, dass ChoViva aktuell nicht als Einzelprodukt, sondern nur als Zutat in ebenfalls hochverarbeiteten Produkten erhältlich ist.

"Hafer und Sonnenblumenkerne enthalten zwar in ihrer natürlichen Form gesunde Inhaltsstoffe wie Mangan, Kupfer, Eisen, Zink, Magnesium und Vitamin E. Bei ChoViva liegen sie jedoch hochverarbeitet mit viel Zucker, gesättigten Fetten und teilweise auch Milchpulver vor", erklärt Riedl.

Auch wenn ChoViva bis zu 30 Prozent weniger Zucker als vergleichbare Schokoladenprodukte enthalte, sei der Zucker- und Kaloriengehalt immer noch sehr hoch: "Man kann also nicht von einer gesundheitsförderlichen Zusammensetzung sprechen. Eine gesunde Alternative für schokoladigen Geschmack sind Kakaonibs oder dunkle Schokolade mit einem geringen Zuckeranteil."

Eine "gesunde" Schokoladenalternative zu kreieren, sei allerdings auch nicht das Ziel bei der Entwicklung von ChoViva gewesen, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens: "Der primäre Vorteil ist, dass ChoViva eine nachhaltige Alternative zu herkömmlicher Schokolade darstellt."

Doch auch wenn die Nährwerte den Ernährungsexperten nicht überzeugen können, sieht er für manche Menschen doch einen ganz anderen Vorteil in der Schokoladenalternative: "ChoViva enthält kein Theobromin. Dieser Hauptinhaltsstoff der Kakaobohne wirkt anregend und wachmachend. Wer wie ich nach dem abendlichen Genuss von Schokolade unter Schlaflosigkeit leidet, braucht sich mit einem solchen Produkt, zumindest in dieser Hinsicht, keine Sorgen zu machen."

Über den Gesprächspartner

  • Dr. Matthias Riedl ist Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg. Er ist Autor mehrerer Bücher und als E-Doc aus der NDR-Sendereihe "Die Ernährungs Docs" bekannt.

Verwendete Quellen

  • Interview mit Ernährungsmediziner Matthias Riedl
  • Kommunikation mit Unternehmen Planet A Foods GmbH
  • Kommunikation mit dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V.
  • Website von ChoViva (https://choviva.com/de)
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