- Haben Sie schon einmal von "Böfflamott", "Leiterchen mit Beulchens" oder "Funzelsuppe" gehört?
- Diese Gerichte gab es zur Zeit unserer Großeltern.
- Einige Senioren haben nun ihre Rezepte in ein Buch einfließen lassen und teilen ihre Erinnerungen.
Falafel, indisches Curry, Sushi und mexikanische Tacos sind aus unserem kulinarischen Leben fast nicht mehr wegzudenken. Doch wie verhält es sich mit Speisen, die es zur Zeit unserer Großeltern gab? Da dürften Menschen unter 50 Jahren ratlos sein. Das steckt hinter Rezepten mit klingenden Namen wie "Errötetes Mädchen" und "Funzelsuppe".
Alte Rezepte: Geballtes Fachwissen von Senioren
Dass gemeinsames Essen Menschen aus verschiedenen Kulturen, Schichten und Generationen einander nahebringt, ist eine zentrale Idee, die Manuela Rehn und Jörg Reuters umtreibt. Die Inhaber des Berliner Lebensmittelgeschäftes "Vom Einfachen das Gute" haben ein besonderes Kochbuch entwickelt. Die Rezeptsammlung "Unser kulinarisches Erbe" trägt "Lieblingsrezepte der Generation unserer Großeltern" zusammen.
Um das geballte Fachwissen der Seniorinnen und Senioren zu sichern, organisierten Rehn und Reuters Besuche von ausgezeichneten Köchinnen und Köchen in Altenheimen in elf verschiedenen Regionen des Landes. Ihre Mission: Das Wissen der Großelterngeneration zusammenzutragen, um ihre Kenntnisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Was also versteckt sich hinter "Böfflamott"? Man ahnt es, es ist die bayerische Variante des "Bœuf à la mode", einem Rinderschmorbraten - ein Gericht, das ziemlich viel Zeit für die Zubereitung in Anspruch nimmt. Für das Original wird ein gut abgehangenes Stück Ochsenfleisch benötigt.
Haben Sie dieses Rezept noch in Erinnerung?
Ebenfalls Zeit und noch dazu die Liebe zum deftigen Schmaus verlangen die "Leiterchens mit Beulchens" aus der Taunusregion. "Leiterchens" sind gepökelte Schweinerippchen, die gemeinsam mit Markknochen, Karotten, Knollensellerie, Petersilienwurzel, Zwiebeln und Lauch geschmort werden.
Begleitet werden sie von "Beulchens", also von Lauchklößen, die aus mehligkochenden Kartoffeln, Zwiebeln, Lauch, gepökelter, geräucherter und gedörrter Schweinerippe in Handarbeit gezaubert werden.
Leichter kommt die zartrosa Nachspeise aus der Gegend um Münster (NRW) daher. Das "Errötete Mädchen" in der Dessertschale vereint Buttermilch und Preiselbeeren, eingedickt mit Gelatine.
Senioren sind stolz darauf, ihr Wissen weiterzugeben
Rehn und Reuter wollen ihr Buch als "Spurensuche der Heimatküche unserer Großelterngeneration" verstanden wissen. Für die Rezeptrecherche holten sie sich Expertise von Sternekoch Andreas Rieger, der auch im Berliner Restaurant "einsunternull" kocht.
Gemeinsam starteten sie dann die Tour in die Seniorenheim-Küchen, jeweils begleitet von einer Spitzenköchin oder einem Spitzenkoch aus der Region. Dazu gehörte auch Micha Schäfer, Küchenchef im Berliner "Nobelhart & Schmutzig".
Viola Lehmann-Heinrich wurde von ihm befragt, wie und was sie früher kochte. "Das Interesse an unserem Wissen und an unseren Erfahrungen hat uns stolz gemacht", erklärt sie. Lehmann-Heinrich besucht als Tagespflege-Gast das "Haus am Kalksee", ein Seniorenpflegeheim im brandenburgischen Rüdersdorf.
Schöne Erinnerungen an die "Funzelsuppe"
"Beim gemeinsamen Zubereiten von Mahlzeiten geht es um viel mehr als lediglich frisches Essen. Es ist gut, etwas mit den eigenen Händen zu tun und dabei zu reden", sagt die Seniorin. Zuckerkuchen, Schmorgurken, Kohlrouladen, Hühnerfrikassee mit Rosinen - das sind Gerichte, die aus Rüdersdorf in die Rezeptsammlung eingeflossen sind.
"Und die Funzelsuppe", verrät Viola Lehmann-Heinrich. Das Rezept stammt aus der Nachkriegszeit, als die Menschen bitterarm waren. Beigesteuert habe es Gudrun Henf, eine inzwischen verstorbene Mitbewohnerin.
"Es waren damals tatsächlich einfach geraspelte Kartoffeln, die in Wasser aufgekocht wurden. Ein karges Mahl, das für sie aber trotz aller Bescheidenheit mit schönen Erinnerungen verbunden war", weiß die Kochfreundin. (spot/dpa)
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