Verbraucher, Bauern, Handel, Restaurants - alle werfen regelmäßig Essen weg. Wer diese Wegwerfmentalität stoppen will, braucht genaue Zahlen über die Abfallmengen. Ein Uni-Institut hat jetzt nachgerechnet.
Trotz vieler Appelle zum Stopp der Lebensmittelverschwendung landen in Deutschland jährlich fast 13 Millionen Tonnen Essen im Müll. Allein in den Haushalten wirft jeder Mensch im Schnitt 85,2 Kilogramm Nahrungsmittel im Jahr weg.
Das zeigen neue Berechnungen der Universität Stuttgart bezogen auf das Jahr 2015, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Mehr als 40 Prozent (37,3 Kilo) davon wären in den Haushalten vermeidbar, wie die Forscher sagen.
Dafür müssten die Verbraucher etwa Obst, Gemüse und Brot richtig lagern, insgesamt weniger kaufen und welken Salat oder fleckige Äpfel sowie Reste nicht bedenkenlos wegwerfen.
Zählt man die Abfallmengen von Landwirten, Lebensmittelverarbeitern, dem Handel und der Gastronomie dazu, kommt man auf 12,7 Millionen Tonnen verschwendete Lebensmittel im Jahr.
Klöckner spricht von gesellschaftlicher Aufgabe
Die Wissenschaftler hatten 2012 - damals gefördert durch das Bundesernährungsministerium - schon einmal eine Berechnung herausgebracht. Damals waren die Abfälle, die bei den Landwirten anfielen, nicht enthalten.
Seither sei die Menge der Nahrungsmittel, die insgesamt weggeworfen wird, in etwa gleich groß geblieben, erläuterte Studienleiter Gerold Hafner vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft. Kleinere Abweichungen seien statistisch nicht signifikant.
Bundesernährungsministerin
"Weniger Lebensmittel wegzuwerfen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. "Wir kaufen oft zu viel ein, lagern unsere Lebensmittel häufig falsch und verwerten die übrig gebliebenen Reste nicht weiter", erläuterte sie mit Blick auf die Haushalte.
Haushalte werfen am meisten Essen weg
Beim Wegwerfen wird unter anderem die Energie verschwendet, die zum Erzeugen der Produkte nötig war. Experten sprechen dabei vom ökologischen Rucksack.
"Bereits zubereitete Speisen haben den größten ökologischen Rucksack", sagte Gerold Hafner. "Lebensmittelabfälle, die in den Haushalten oder in der Außer-Haus-Verpflegung anfallen, repräsentieren demnach nicht nur die größte Menge, sondern sind unter Umwelt- und Ressourcenaspekten besonders relevant."
Von der Gesamtmenge der Lebensmittelabfälle sei ein noch größerer Teil als zu Hause - knapp 6 bis zu 8,2 Millionen Tonnen - theoretisch vermeidbar, hieß es.
Die Haushalte werfen jedoch mit Abstand am meisten Essen weg, wie die Berechnungen der Uni in Rahmen des vom Bundesbildungsministerium finanzierten Projekts zeigen.
Von dort stammt mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Abfallmenge. Das sind knapp 7 Millionen Tonnen. 17 Prozent (2,2 Millionen Tonnen) kommen aus der Verarbeitung, 13 Prozent (1,7 Millionen Tonnen) aus der Gastronomie.
Schwierige Datenlage für Wegwerf-Statistik
Die Regierung verfolgt das Ziel, dass aus dem Einzelhandel und bei Haushalten bis 2030 nur noch halb so viel Essen im Müll landen soll wie bisher. Um die Wirkung von entsprechenden Maßnahmen zu beurteilen, sind genaue Daten wichtig.
Allerdings seien Lebensmittelabfälle nicht einfach zu messen, erläuterte Hafner. Niemand sammle allen Müll, deshalb gebe es nicht in allen Teilen der Wertschöpfungskette repräsentative Daten.
Die Forscher aus Stuttgart sichteten ein Jahr amtliche Statistiken und solche aus der Industrie und dem Handel, sie werteten Ernährungsstudien und ausländische Studien aus.
Für die Haushalte analysierten sie Abfallstatistiken. Auch besuchten sie Bäckereien und Küchen großer Betriebe und untersuchten stichprobenartig die Abfälle.
Die Umweltstiftung WWF nannte mal eine Menge von 18 Millionen Tonnen für Deutschland. Weltweit gehen Experten davon aus, dass rund ein Drittel des Essens im Müll landet. © dpa
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