Von dem, was wir für Lebensmittel an der Supermarktkasse zahlen, kommt am Ende nur etwa ein Viertel bei den Bauern und Bäuerinnen an, die sie produzieren. Wie können wir kleine landwirtschaftliche Betriebe eigentlich konkret unterstützen?
Bei mir um die Ecke findet von Frühling bis Herbst jeden Samstag ein kleiner Wochenmarkt statt. Mit zwei bis drei Ständen ist er tatsächlich sehr übersichtlich – und genau das gefällt mir, wenn ich mit meinen Kindern darüber schlendere.
Der Markt ist eine ehrliche Haut. Kommt ohne ultraverarbeitete Lebensmittel in hochglanzpolierten Verpackungen aus, die die Regale unserer Supermärkte dominieren. Hier auf dem Markt sind lokale und regionale Produkte die Renner.
Seit ich im Münchner Umland wohne, war ich fast jedes Wochenende auf diesem Mini-Markt. Ich gehe nicht nur mit vollen Taschen nach Hause, sondern auch mit einem guten Gefühl. Denn ich tue nicht nur mir etwas Gutes. Jeder Einkauf unterstützt "meine" Bäuerinnen und Bauern.
Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse gaben Mitte 2023 rund 17,4 Millionen Personen oder 25 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren an, Lebensmittel direkt beim Erzeuger oder in Hofläden eingekauft zu haben. Das entspricht einer Steigerung von sechs Prozent im Vergleich zu 2021.
Ich bin also nicht allein mit meiner Einkaufslust vor der Haustür! Okay, mein lokaler Wochenmarkt kann es natürlich nicht mit dem Viktualienmarkt in München oder dem Berliner Bauernmarkt aufnehmen. Und dennoch ist es jedes Mal ein kleines Erlebnis.
Wer Bäuerinnen und Bauern unterstützen will, sollte direkt bei ihnen kaufen
Anders als im Supermarkt bekommen meine Kinder hier eine leckere Mini-Karotte geschenkt, die noch am Morgen in der Erde steckte – lecker! Fast noch mehr freue ich mich, wenn ich meinen Lieblingssalat bei "meiner" Bäuerin entdecke. Denn die zarten Blätter sind einfach nur zum Reinlegen: etwas Salz, Olivenöl, ein paar Spritzer Zitrone reichen für ein unverfälschtes Geschmackserlebnis. Kein Salat aus dem Supermarkt kann hier mithalten, von den Bitterstoffen ganz zu schweigen.
Hochwertige Lebensmittel und herzliche Gespräche machen für mich den Unterschied. Deshalb kaufe ich hier gern ein. Aber es gibt noch viel mehr Gründe. Wer Bäuerinnen und Bauern unterstützen und sich gegen das Höfesterben einsetzen will, sollte direkt bei ihnen kaufen.
Jeder Euro, den ich und Sie direkt an die Landwirte geben, bleibt auch bei ihnen. Sobald der Handel ins Spiel kommt, sieht die Situation schon anders aus – und zwar deutlich schlechter für die Bauernhöfe. Blieb ihnen 1970 von dem, was wir als Verbraucher für Lebensmittel ausgaben, noch rund die Hälfte, so sind es heute nur noch etwa 25 Prozent. Den Rest teilen sich vor allem Supermärkte und Lebensmittelindustrie.
Und das liegt wiederum an dem, was wir essen. Eine einfache Faustregel: Je stärker verarbeitet das Produkt, umso weniger bleibt bei den Landwirten hängen. Kaufen wir Chips statt frischer Kartoffeln, machen die Gewinne vor allem die Hersteller und der Handel. Aber selbst bei den unverarbeiteten Rohstoffen, wie etwa Kartoffeln, setzt der mächtige Handel gegenüber den landwirtschaftlichen Erzeugern niedrigere Preise durch.
Eier und Milch oft günstiger als im Supermarkt
Heimische Bauernhöfe kann ich aber auch im Supermarkt unterstützten – wenn ich saisonale und/oder regionale Lebensmittel einkaufe. Der Begriff "Region" ist allerdings gesetzlich nicht geschützt und es ist für Verbraucher nicht immer leicht, sich im Siegel-Dschungel zurechtzufinden. Eine Orientierung zur regionalen Herkunft bieten das blau-weiß unterlegte "Regionalfenster" sowie die Qualitätssiegel der Bundesländer.
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Stehe ich auf meinem Wochenmarkt, wird eines klar: Obst und Gemüse von Direktvermarktern sind für Verbraucher meistens nicht günstiger als im Supermarkt. Dagegen sind Eier und Milch direkt vom Hof oft für weniger Geld zu haben. Wer nicht die Möglichkeit hat, einen Wochenmarkt zu besuchen, kann auch über seinen Einkauf in Gärtnereien oder über Abo-Kisten Landwirte direkt unterstützen.
An den Karotten vom Markt haften noch ein paar Krümelchen Erde
Wer es wie ich liebt, neue Dinge kennenzulernen, für den habe ich noch einen Tipp: Suchen Sie im Internet nach Getreidebäuerinnen und -bauern, die eine Backstube betreiben. Dort können Sie im besten Fall nicht nur frisches Brot kaufen, sondern auch einen Brotbackkurs machen und dabei die gesamte Wertschöpfungskette kennenlernen.
Regionale pflanzliche Lebensmittel bringen uns nachweislich gesundheitliche Vorteile: So transportiert Gemüse aus der Region heimische Mikroorganismen in unseren Körper – das ist ein Gewinn für die Artenvielfalt unseres menschlichen Mikrobioms.
Unsere Landwirte verwalten mit ihren Äckern, Feldern und den Tieren, Pflanzen und sämtlichen im Boden lebenden Organismen lebenswichtige Ressourcen – und müssen auch ein Einkommen erwirtschaften. Wir können häufiger bei ihnen einkaufen, finde ich. Dass so viele hochverarbeitete Lebensmittel im Einkaufswagen landen, hat mit unserer fortschreitenden Entfremdung von der Natur zu tun. Und hier bestimmt eben auch die Nachfrage das Angebot.
Dass an den Karotten, die wir auf dem Markt erwerben, noch ein paar Krümelchen Erde haften, haben meine Kinder schnell bemerkt. Und auch, dass sie deutlich besser schmecken.
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Verwendete Quellen
- link.springer.com: Ultra-processed food consumption in adults across Europe
- situationsbericht.de: 1.5 Lebensmittelhandel und Verbrauchertrends
- foodwatch.org: Bauernproteste: Richtiges Anliegen, falscher Fokus
- de.statista.com: Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse¹ in Deutschland in den Jahren 1950 bis 2022
- bmel.de: Regionale Lebensmittel - transparent gekennzeichnet eine gute Wahl
- verbraucherzentrale.de: Regionale Lebensmittel - nicht immer aus der Region
- Webseite von Regionalfenster
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