E-Scooter zum Leihen fluten die deutschen Innenstädte. "Stiftung Warentest" hat Roller von vier Anbietern getestet und so einiges zu kritisieren, von hohen Kosten bis zur Sicherheit. Schlecht kommen die kleinen, bunten Flitzer auch in einem Bericht des Umweltbundesamtes weg. E-Scooter leisteten keinen Beitrag zur Verkehrswende, heißt es.

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Über 40.000 sind es schon: die E-Scooter auf deutschen Straßen. Weniger als ein viertel Jahr nach ihrer Zulassung gehören die Elektroflitzer in vielen Städten zum Bild. Dazu tragen vor allem Verleih-Anbieter wie Voi, Lime, Tier und Circ bei, mit deren Fahrzeugen "Stiftung Warentest" nun ihre Tester auf Tour durch die Berliner Innenstadt geschickt hat.

Die Bilanz der Verbraucherschützer fällt äußerst durchwachsen aus. Was sie bemängeln und welcher Anbieter am besten wegkommt:

Eine wackelige Angelegenheit

Auf asphaltierten Strecken hatten die Tester laut "Stiftung Warentest" viel Spaß mit den Rollern. Ganz anders sah es auf weniger ebenem Untergrund aus - da hatte mancher gar Angst um seine Knochen. "Auf holprigem Kopfsteinpflaster wurden sie teilweise so durchgeschüttelt, dass sie die Fahrt wegen Sicherheitsbedenken abbrachen", heißt es im Bericht.

Auch bemängeln die Verbraucherschützer, dass es wenig Freude macht, die rund 20 Kilogramm schweren Roller den Bordstein hochzuwuchten. Und, dass das Abbiegen gefährlich ist, weil die Roller zu wackelig sind, um eine Hand für ein Handzeichen vom Lenker zu nehmen.

Bezüglich der Fahreigenschaften am meisten überzeugt hat der Roller von Tier.

Ein teurer Spaß

Einen E-Scooter auszuleihen kostet je nach Stadt und Anbieter zwischen 15 und 25 Cent pro Minute. Auf kurzen Strecken kommen die Roller damit im Vergleich nicht gut weg.

Ein Beispiel: Die gut zwei Kilometer lange Strecke zwischen dem Berliner Hauptbahnhof und dem Potsdamer Platz zurückzulegen, schlägt bei Circ, Tier und Voi mit 2,50 Euro zu Buche, bei Lime mit drei Euro. Ein Leihfahrrad von Nextbike ist dagegen für einen Euro zu haben, ein ÖPNV-Ticket für 1,70 Euro, ein Elektroroller von Emmy für 2,30 Euro.

Auf der sechs Kilometer langen Teststrecke käme man mit dem Tretroller zwar günstiger davon als mit Carsharing oder geliehenen Elektrorollern. Mit Leihfahrrädern und ÖPNV können die Flitzer aber auch hier nicht konkurrieren. Teuerster Anbieter ist Lime.

Nur auf den ersten Blick nutzerfreundlich

Auch die Apps, mit denen Nutzer die Tretroller mit wenigen Klicks ausleihen können, haben sich die Verbraucherschützer angesehen. Fazit: Alle lassen sich einfach bedienen. Besonders übersichtlich sind die Programme von Circ und Tier.

Kritik gibt es hingegen beim Datenschutz. Sämtliche Apps würden mehr Daten sammeln, als für den Betrieb des Verleihsystems zwingend notwendig wären. Welche Daten gespeichert werden und was damit geschieht, bleibe meist unklar.

Erst kürzlich hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die vier genannten Anbieter wegen unzulässiger Klauseln in den Nutzungsbedingungen abgemahnt. Zum Beispiel, weil im Kleingedruckten steht, dass die Nutzer vor Fahrtantritt Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus auf Mängel prüfen müssen. Tier hat laut vzbv inzwischen nachgebessert, Circ eine Unterlassungserklärung unterschrieben.

Nur auf den ersten Blick umweltfreundlich

E-Scooter gelten als umweltfreundlich. Das Umweltbundesamt konstatiert jedoch in einer vorläufigen Bilanz, dass die Gefährte derzeit keinen Beitrag zur Verkehrswende leisten, weil sie nur sehr selten Autofahrten ersetzen. "Als Leihfahrzeug in Innenstädten, wo ÖPNV-Netze gut ausgebaut und die kurzen Wege gut per Fuß und Fahrrad zurückzulegen sind, bringen die Roller eher Nachteile für die Umwelt – und drohen als zusätzlicher Nutzer der bereits unzureichend ausgebauten Infrastruktur, das Zufußgehen und Fahrradfahren unattraktiver zu machen", heißt es auf der Internetseite der Behörde.

Präsidentin Maria Krautzberger sagt: "In der Ökobilanz sind E-Scooter natürlich deutlich besser als das Auto. Aber gegenüber dem bewährten Fahrrad, mit dem sich Strecken ebenso schnell bewältigen lassen und Gepäck besser transportieren lässt, sind E-Scooter die deutlich umweltschädliche Variante und aus meiner Sicher daher keine gute Alternative."

Privat genutzte E-Tretroller schlagen sich immerhin besser als die Sharing-Modelle, wie "Stiftung Warentest" ausführt. Während Menschen auf ihr Eigentum in der Regel gut aufpassen, seien viele Leihroller schon jetzt nach wenigen Wochen ramponiert: Klingel kaputt, Lenker verzogen, Bremsen verschlissen. Gemessen an der Lebensdauer ist der Ressourcenverbrauch also vergleichsweise groß.

Auch dass die Leih-Scooter regelmäßig mit Lieferwagen zum Aufladen eingesammelt werden müssen, versaut ihre Umweltbilanz. Ein Lichtblick: Voi plant nach eigenen Angaben, bald Modelle in Umlauf zu bringen, deren Akkus vor Ort getauscht werden können. Dann müssten nur noch die Akkus, nicht mehr die kompletten Roller transportiert werden, wozu zum Beispiel auch ein E-Bike ausreichen würde.

Verwendete Quellen:

  • "Stiftung Warentest" vom 3.9.19: "E-Scooter mieten - Circ, Lime, Tier und Voi im Check"
  • Umweltbundesamt vom 2.9.19: "E-Scooter aktuell kein Beitrag zur Verkehrswende"
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