- Jeder kann seinen Beitrag dazu leisten, schneller von russischen Gasimporten unabhängig zu werden.
- Das gelingt, indem wir Energie sparen. Mit diesen zehn Tricks schonen Sie auch Ihren Geldbeutel und die Umwelt.
Über 55 Prozent der deutschen Gasimporte stammen aus Russland. Grund genug, um in Anbetracht des Krieges in der Ukraine darüber nachzudenken, wie man den eigenen Verbrauch senken kann. Dazu rief schon Anfang März die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) die europäischen Bürger auf. Das Ziel: Die europäische Unabhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland zu beschleunigen.
Wirtschaftsminister
Schon kleine Maßnahmen bringen viel
Wie sinnvoll sind solche Vorschläge? Das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) e. V. begrüßt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Energieberater und Energieberaterinnen bestätigen, dass schon kleinste Maßnahmen Auswirkungen auf den Gas- und Ölverbrauch haben können. Bürger und Bürgerinnen müssen also nicht auf die Regierung warten. Bereits mit wenigen Tricks kann jeder dazu beitragen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren.
Das Absenken der Heizungen um zwei Grad Celsius etwa habe eine sehr direkte Wirkung auf die Einfuhr von Brennstoffen. Positiver Nebeneffekt könnte sein, dass der gesenkte Bedarf den Preisanstieg bei Brennstoffen stoppen könnte. Aber wie viel lässt sich mit einem bewussten Umgang mit Energie tatsächlich einsparen?
Laut DEN beträgt das Sparpotential rund zehn Prozent bei den Heizkosten. Weniger stark zu heizen, ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten zum Energiesparen. DEN und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geben angesichts der Lage Energiespartipps, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden, aber gleichermaßen beim Sparen helfen.
Mit diesen zehn Tipps sparen Sie schnell und effektiv Energie
- 1. Clever heizen: Optimieren Sie Ihre Heizungsanlage, indem Sie die Vorlauftemperatur absenken. Dies steigert die Effizienz der Anlage. Lassen Sie außerdem einen hydraulischen Abgleich durchführen, bei dem alle Heizungskomponenten aufeinander abgestimmt werden. Damit lassen sich der DUH zufolge bereits fünf Prozent der Heizenergie einsparen. Noch mehr bringt es, die Heizkörper zu entlüften – bis zu 15 Prozent an Einsparungen sind hier möglich.
- 2. Temperatur absenken - und zwar in jedem Raum. Bereits ein Grad Celsius bringt spürbare Entlastung. Die Energieberater und Beraterinnen des DEN empfehlen zwei Grad Celsius weniger. Das bringe bis zu zehn Prozent Einsparungen.
- 3. Richtig Lüften: Kurzes Stoßlüften ist effektiver, als Fenster lange auf Kippöffnung zu stellen. Durch gekippte Fenster entweicht nur Wärme. Der angestrebte Luftaustausch findet kaum statt. Stattdessen sollten Sie mehrmals am Tag für fünf bis zehn Minuten Querlüften – also alle Fenster gleichzeitig öffnen.
- 4. Stand-by-Geräte komplett ausschalten: Viele elektronische Geräte lassen sich heutzutage nicht oder nur umständlich vollständig abschalten. Stattdessen schalten sie sich in den Stand-by-Modus und ziehen dabei stetig weiter Strom. Ziehen Sie daher Stecker von Geräten, die Sie nur selten nutzen. Moderne Fernseher sind dabei nur selten das Problem, da diese mittlerweile meist nur noch wenig Strom für den Stand-by-Modus benötigen. Problematisch sind vor allem Stereoanlagen, Radiowecker, Spielekonsolen und Handy-Ladekabel.
- 5. Kürzer duschen: Wer lange duscht, verbraucht nicht nur Wasser, sondern auch Energie zum Erhitzen. Reduzieren Sie daher Ihre Duschzeiten ein wenig. Das heißt nicht, dass Sie nicht ab und zu eine längere Dusche genießen dürfen.
- 6. Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzen: Eine weitere einfache und schnelle Energiesparmethode sind LED-Birnen. Ersetzen Sie sämtliche Leuchtmittel durch die modernen Lichtquellen – wo es möglich ist. LED-Lampen benötigen nur rund sieben bis 15 Prozent Energie einer herkömmlichen Glühlampe.
- 7. Fenster und Türen abdichten: Bis zu 20 Prozent Heizenergie gehen bei undichten Fenstern und Türen verloren. Mit Dichtstreifen können Sie sie ohne Hilfe selbst isolieren.
- 8. Autofahrten vermeiden: Der Ukrainekrieg ließ auch die Spritpreise steigen. Wenn möglich, lassen Sie Ihr Auto stehen und steigen Sie auf Fahrrad, Bus oder Bahn um.
- 9. Fahrgemeinschaften: Kommen Sie ohne Auto nicht an Ihr Ziel – wegen fehlender Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr – bilden Sie Fahrgemeinschaften mit Kollegen oder anderen Pendlern.
- 10. Tempo runter: Durch eine Begrenzung auf Tempo 100 auf Autobahnen und Tempo 80 auf Landstraßen sparen Sie enorm Sprit. Laut Umweltbundesamt verbraucht beispielsweise ein typisches Fahrzeug mit 90 Stundenkilometern auf der gleichen Strecke 23 Prozent weniger Benzin als mit einer Geschwindigkeit von 110 Kilometer pro Stunde. Ein offizielles Tempolimit von 100 km/h würde laut DUH jährlich bis zu 3,7 Milliarden Liter Sprit einsparen.
"Je mehr Menschen mitmachen, desto besser"
Die einzelnen Energiesparmaßnahmen seien jedoch auch nur der Anfang, erklären die Energieberater und Energieberaterinnen. Denn einige dieser Tipps setzt man nur einmal um – wie das Tauschen der Glühbirnen –, danach müsse man über nachhaltigere Methoden nachdenken wie eine Photovoltaikanlage oder eine energetische Sanierung des Gebäudes.
Am Nutzen der Energiesparmaßnahmen der Bürger haben die Expertinnen und Experten des DEN keine Zweifel und sehen auch die Industrie in der Pflicht. Problematischer dürfte die Umsetzung sein. Zwar trage bereits jede einzelne Person dazu bei, die Unabhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten zu stärken, aber je mehr mitmachen, desto besser sei es. Hier könnte aber das Problem liegen: Ohne Regelung der Regierung würden nur diejenigen die Maßnahmen umsetzen, die dies sowieso schon machen, so die Befürchtung. Zudem weisen die Experten darauf hin, dass wir zwar die Auswirkungen aus deutscher Sicht gut nachvollziehen können, aber welchen Effekt die Energiesparmaßnahmen auf russischer Seite und die dortige Wirtschaft haben, könne von außen nur schwer beurteilt werden.
Vorsicht vor dem Rebound-Effekt
All die Energiesparmaßnahmen lohnen sich nicht, wenn Sie an anderer Stelle nun mehr Energie verbrauchen. Investieren Sie etwa das eingesparte Geld in neue elektrische Geräte, komme der indirekte Rebound-Effekt ins Spiel, warnen Experten. Sie verbrauchen dann den Anteil des theoretischen Potentials einer Sparmaßnahme, den Sie durch Ihr eigenes Verhalten nicht einsparen. Der direkte Rebound-Effekt tritt häufig nach einer Modernisierung von Heizungsanlagen ein: Statt der bisherigen niedrigen Temperatur, erhöht man die Heiztemperatur, da ja die Heizanlage effizienter arbeitet. Die Kosten sinken zwar, aber der Verbrauch steigt.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Energieberatern des Deutschen Energieberater-Netzwerks e. V. (DEN)
- Pressemitteilung Deutsches Energieberater-Netzwerk e. V.: Appell des DEN: Solidarität mit der Ukraine – Raus aus unserer Komfortzone (9. März 2022)
- Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe: Preisanstieg, Klimakrise, Ukraine-Krieg: Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht 10-Punkte-Liste, wie Verbraucherinnen und Verbraucher sofort Öl und Gas sparen können (12. März 2022)
- dpa: Verkehrsdaten: Spritpreise bremsen Autofahrer in Deutschland nicht (15.3.2022)
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels war Punkt 10 bei den Energiespartipps missverständlich formuliert. Die Berechnung der DUH, dass durch ein Tempolimit 3,7 Milliarden Liter Sprit gespart werden können, bezieht sich auf den Zeitraum von einem Jahr. Wir haben den Punkt ergänzt.
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