Bei Schimmelbefall können Betroffene per Gerichtsurteil eine Mietminderung erwirken. Der Bundesgerichtshof verhandelt nun über Mietkürzungen bei drohendem Schimmel. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Defekte Heizungen, Feuchtigkeit und Schimmel-Mängel in Wohnungen sind ein Dauerbrenner bei Streits zwischen Mietern und Vermietern.
Bisherige Urteile zum Schimmel beschäftigen sich mit Mietminderungen, wenn die lästigen und auch gesundheitsschädlichen Pilze schon die Wand entlang wuchern.
Was aber gilt für Mietkürzungen, wenn Schimmel lediglich droht? Darüber verhandelt nun der Bundesgerichtshof (BGH).
Die wichtigsten Fragen im Überblick
Worum geht es?
Dem Fall zugrunde liegen zwei Klagen von Mietern im schleswig-holsteinischen Glinde gegen ihren Vermieter, einen Wohnungsbauträger. Sie machen geltend, dass wegen des Zustands der 1968 und 1971 errichteten Wohnungen jedes Jahr zwischen Oktober und März die Gefahr von Schimmel bestehe.
Allein diese sogenannte Mangelgefahr rechtfertige bereits eine Kürzung der Miete - unabhängig davon, ob Schimmel tatsächlich auftritt. (Az.: VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18)
Wie sahen dies die Vorinstanzen?
Das Landgericht Lübeck gab den Klägern diesbezüglich recht. Zwar hätten die Wohnungen den seinerzeit gültigen Bauvorschriften entsprochen. Die Mieter hätten aber das Recht auf zeitgemäße Mindeststandards.
Diese seien längst nicht mehr erfüllt: Mit zumutbarem Stoßlüften und normalem Heizen könne man der Schimmelbildung nicht beikommen. Das Gebäude sei daher mangelhaft, "wenn nur durch übermäßiges und unwirtschaftlich heißes Heizen und Lüften Feuchtigkeitsschäden vermieden werden".
Die Kürzung der Miete sei mithin rechtens. Das Landgericht verurteilte den Eigentümer in dem einen Fall zudem dazu, einen Vorschuss von 12.000 Euro zu zahlen, damit unter anderem eine Innendämmung angebracht werden könne.
Wie ist eigentlich die Rechtsprechung bei Schimmel?
Schimmel ist unstrittig ein Mangel. Der Mieter muss den Befall dem Vermieter melden. Dieser ist dann erstmal in der Beweispflicht: Er darf nicht einfach den Mieter beschuldigen, nicht richtig gelüftet oder geheizt zu haben.
Er muss zunächst beweisen, dass nicht die Bausubstanz Grund für Schimmelbildung ist, sagt Beate Heilmann, Mitglied der Geschäftsführung im Ausschuss der ARGE Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Der Mieter muss seinerseits dafür sorgen, dass er ausreichend lüftet und heizt. Was genau dabei ausreichend und zumutbar ist, darüber wird laut Heilmann in den Instanzgerichten viel gestritten.
Welche Bedeutung hätte ein Urteil im vorliegenden Fall?
Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes (DMB) ist eine Entscheidung in dieser Frage wichtig.
Sie könnte die Mieterposition stärken, sollte der BGH der Vorinstanz folgen: "Denn dann muss der Mieter eben nicht warten, bis der Schimmel da und die ganze Wand verschimmelt ist. Er kann schon vorbeugend sagen: Stellt diesen Baumangel ab", erklärt DMB-Geschäftsführer Ulrich Ropertz.
Der Eigentümerverband Haus & Grund hält das für abwegig. "Eine Mietminderung, obwohl noch gar kein Schaden eingetreten ist - das könnte man niemandem mehr erklären", sagt dazu dessen Mietrechtsexpertin Julia Wagner.
Wie könnte das Verfahren ausgehen?
DAV-Expertin Heilmann ist zurückhaltend. "Ich bin skeptisch, ob der Klage stattgegeben wird. Mein Gefühl sagt: Nein. Denn der Begriff des Mangels sollte nicht zu extrem ausgedehnt werden."
Die Gefahr, die von einem zunächst nur befürchteten Mangel ausgehen könnte, müsste schon sehr erheblich sein, betont sie. "Und Schimmel ist nicht immer und vor allem nicht sofort lebensgefährlich." (dar/dpa)
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