Guten Preis verhandelt, die Couch bestellt und jetzt heißt es monatelang warten? Kurz vor der Lieferung folgt dann oft die Überraschung: Der Händler möchte plötzlich mehr als den vereinbarten Preis haben.
Laut der Verbraucherzentrale (VZ) Hessen rechtfertigen Händler solche nachträglichen Preisanpassungen meist mit gestiegenen Herstellungs- und Lieferkosten während der Wartezeit.
Laut Verbraucherschützer Peter Lassek von der VZ Hessen sind derartige Forderungen grundsätzlich nur mit entsprechender Preisanpassungsklausel im Kaufvertrag möglich. Daher sollte das Kleingedruckte schon bei Abschluss gut geprüft werden.
Doch selbst wenn eine solche Vereinbarung unterzeichnet wurde, bedeutet es noch lange nicht, dass die Preiserhöhung per se zulässig ist. Denn Preisanpassungsklauseln unterliegen strengen Vorgaben.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt, dass nachträgliche Preiserhöhungen nie zulässig sind, wenn Waren innerhalb von vier Monaten geliefert werden. Für eine Waschmaschine, die nach drei Monaten geliefert wird, darf der Händler also keine nachträgliche Preiserhöhung einfordern. Beim Kauf von Wohnmobil, Auto oder Möbeln wie Küchen entstehen hingegen oft sehr viel längere Wartezeiten. In diesen Fällen darf rein rechtlich ein höherer Preis verlangt werden.
Reine Profitmaximierung ist nicht zulässig
Aber selbst in diesen Fällen müssen Händler weitere Vorgaben beachten, sagt Rechtsanwalt Matthias Böse. So muss die Klausel etwa eine klare Aussage zu der zu erwartenden Höhe der Preisanpassung treffen. Unkonkrete Formulierungen wie zum Beispiel "Zwischenzeitliche Preiserhöhungen des Herstellers gehen zu Lasten des Käufers" seien unzulässig.
Zudem dürfen Händler nur die tatsächliche Kostensteigerung, die in der Wartezeit angefallen ist, an Verbraucher weitergeben. Die Erhöhung darf nicht der Profitmaximierung des Händlers dienen.
Der Bundesgerichtshof hat sich in mehreren Urteilen klar für einen Schutz der Verbraucher ausgesprochen. So muss in der Klausel die Preiserhöhung an konkrete Kostenelemente gekoppelt sein. Außerdem muss die Gewichtung der Kosten offengelegt werden. Denn wenn sich zum Beispiel ein Kostenfaktor für den Händler erhöht, aber gleichzeitig ein anderer sinkt, seien beide Faktoren gegeneinander aufzurechnen.
Fachleute können bei der Klärung des Sachverhalts helfen
Derart viele Feinheiten überfordern einen Laien schnell. Anlaufstellen wie die Verbraucherzentrale oder Rechtsanwälte können bei der Beurteilung eines individuellen Falls unterstützen. Erschwerend kommt laut Verbraucherschützer Lassek hinzu, dass die meisten Händler mit der Preiserhöhung eine enge Zahlungsfrist setzen. Ansonsten droht die Stornierung des Kaufvertrags. "Wegen der hohen Nachfrage und der langen Lieferzeiten sehen sich viele Käufer schließlich gezwungen, einzuwilligen."
Diesen Zugzwang muss man nicht hinnehmen. Die Verbraucherzentrale rät, den geforderten Preisaufschlag nur unter Vorbehalt zu bezahlen. Dafür fügt man beim Verwendungszweck einer Überweisung zum Beispiel den Zusatz "unter Vorbehalt" an. So macht der Kunde deutlich, dass er mit der Rechnung nicht einverstanden ist.
Die Folge: Mit diesem Vorgehen erhält man die gewünschte Ware zwar umgehend - wenn auch zum höheren Preis -, kann aber innerhalb eines halben Jahres rechtliche Schritte gegen die Erhöhung einleiten. Betroffene verschaffen sich so Zeit, um in Ruhe mit einem Experten zu sprechen.
Gegen die Preisanpassung vorgehen
Sollte sich die Preisanpassung als unwirksam herausstellen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Johanna Mathäser, Rechtsanwältin und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt des Deutschen Anwaltvereins (DAV), rät, zunächst ein Gespräch mit dem Anbieter zu suchen, um die Angelegenheit außergerichtlich zu regeln. Unter Beisein eines Rechtsbeistands kann das regelmäßig zielführend sein. Sollte der Austausch zu keinem Ergebnis führen, kann man klagen.
Bei einer Zahlung unter Vorbehalt orientieren sich die Verfahrenskosten dann lediglich an der nachträglichen Erhöhung, nicht am gesamten Kaufpreis. Das sei ein großer Vorteil, sagt Peter Lassek. Denn wird der Vertrag durch den Händler storniert und die Stornierung gerichtlich angefochten, orientieren sich die Verfahrenskosten am gesamten Kaufpreis und liegen damit oft um ein Vielfaches höher.
Sonderfall Handwerkerleistungen
Die Beauftragung von Handwerkern stellt übrigens einen Sonderfall dar, wenn es um nachträgliche Preisanpassungen geht. Mit Handwerkern wird typischerweise über einen Kostenvoranschlag vereinbart, wie hoch die Rechnung ausfallen wird. Der Kostenvoranschlag ist laut Verbraucherzentrale aber nicht bindend. Denn oft zeige sich erst bei der tatsächlichen Arbeit, was alles anfällt.
Daher dürfen Handwerker nach rechtzeitiger Ankündigung Mehrkosten weitergeben und ihren Kostenvoranschlag um bis zu 20 Prozent erhöhen. Mit der Ankündigung hat der Auftraggeber das Recht, die Arbeiten zu stoppen und nur die Teilleistung zu bezahlen. Ansonsten ist der erhöhte Preis für die Fertigstellung des Auftrags gerechtfertigt.
Die Verbraucherzentrale rät, bereits Auftrag und Kostenvoranschlag so genau wie möglich zu formulieren, um später Mehrkosten zu vermeiden. Auch das Einholen und Vergleichen mehrerer Angebote sei hilfreich. Wurde mit den Handwerkern hingegen ein Festpreis vereinbart, ist dieser rechtlich bindend und darf nicht erhöht werden. (dpa/tar)
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