Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine Kinder haben, könnten mit dem Juli-Gehalt womöglich festgestellt haben, dass etwas weniger netto übrig bleibt als sonst. Grund dafür ist der Beitragssatz zur Pflegeversicherung, der zum Monatsanfang angepasst wurde.
Wer jeden Monat mit demselben Nettogehalt auf seinem Konto rechnet, könnte diesen Monat stutzig werden. Fehlen da nicht ein paar Euro? In der Tat bekommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine Kinder haben, ab Juli weniger Nettogehalt bei gleichbleibendem Bruttogehalt ausgezahlt. Der Grund: Der Beitrag für die Pflegeversicherung (PV) wurde angehoben.
Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,35 Prozent erhöht
Zum 1. Juli wurde der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung von 3,05 auf 3,4 Prozent erhöht. Damit wird nun ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 umgesetzt.
Ziel der Reform ist es, Eltern zu entlasten. Deshalb wird der Beitragssatz nun je nach Anzahl der Kinder differenziert. "Eltern zahlen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose", informiert das Bundesgesundheitsministerium. Das ermögliche dringende Leistungsverbesserungen bereits zum Januar 2024. Ab Juli kostet Eltern mit mehr als einem Kind die Pflegeversicherung weniger als bislang.
Für Mitglieder ohne Kinder bedeutet das hingegen: Ab sofort zahlen sie einen Beitragssatz von 4 Prozent, wovon der Arbeitnehmer-Anteil 2,3 Prozent entspricht.
Die Beitragssätze ab 1. Juli in der Übersicht:
- Mitglieder ohne Kinder: 4,00 % (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3%)
- Mitglieder mit 1 Kind: 3,40% (lebenslang) (AN-Anteil: 1,7%)
- Mitglieder mit 2 Kindern: 3,15% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45%)
- Mitglieder mit 3 Kindern: 2,90% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2%)
- Mitglieder mit 4 Kindern: 2,65% (Arbeitnehmer-Anteil 0,95%)
- Mitglieder mit 5 und mehr Kindern: 2,40% (Arbeitnehmer-Anteil 0,7%)
Allerdings gilt für Eltern mit mehr als einem Kind: Sobald der Nachwuchs 25 Jahre alt wird, steigt der Beitragssatz wieder. Mütter und Väter behalten den Beitragssatz für ein Kind jedoch ihr Leben lang.
Lauterbach: Beiträge werden gerechter verteilt
Bundesgesundheitsminister
"Wir dynamisieren die Leistungen. Schließlich erhöhen wir die Zuschüsse für die Pflegekosten in den Heimen", erklärte Lauterbach. Das sei eine notwendige Reaktion auf die steigenden Kosten in der stationären Pflege. "Damit werden wir die Pflegebedürftigen und ihre Angehörige nicht allein lassen."
Pflegebedürftige, die zu Hause versorgt werden, sollen durch die Reform höhere Leistungen erhalten. Zudem sollen Angehörige, die sich um Pflegebedürftige kümmern, mehr und leichter Unterstützung aus der Pflegeversicherung bekommen.
Deutsche Stiftung Patientenschutz spricht von einer "Mini-Entlastung" für Pflegebedürftige
Die Reform umfasst nicht nur die höheren Pflegebeiträge ab 1. Juli 2023. Zum 1. Januar 2024 werden die Entlastungszuschläge für Menschen, die Pflege benötigen, erhöht. Der Eigenanteil für die reine Pflege soll im ersten Jahr im Heim um 15 statt 5 Prozent verringert werden, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.
Jörg Meyers-Middendorf, Vertreter des Vorstands beim Ersatzkassenverband, sagte der dpa, dies dürfte den Trend nur kurzfristig abmildern. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, dass die Kostenwelle für die Regierung absehbar gewesen sei. "Doch der Tsunami wurde nicht gestoppt", sagte er. Stattdessen komme bald "eine Mini-Entlastung".
Verwendete Quellen:
- Website der Verbraucherzentrale: "Die Pflegereform 2023 - das ändert sich"
- Website des Bundesgesundheitsministeriums: "Reform der Pflegeversicherung: mehr Leistungen für stationäre und ambulante Pflege"
- Deutsche Presse-Agentur (dpa)
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