"Mundraub" – so lautete bis 1975 das Urteil, wenn man an sich an fremden Lebensmitteln bediente. Heute lautet der Straftatbestand schlicht Diebstahl. Aber welche Vergehen werden wie bestraft?
"Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken immer ein bisschen süßer", besagt ein Sprichwort. Mit welchen Konsequenzen muss ich aber rechnen, wenn ich der Versuchung nicht widerstehen kann und zugreife?
Fällt Obst von einem Baum oder Strauch des Nachbargrundstücks auf das eigene, so darf man dieses aufsammeln und behalten. Selbst pflücken oder zum Fallen bringen darf man es aber nicht. Laut Paragraf 242 des Strafgesetzbuches ist das Diebstahl.
Da es sich bei Obst und Gemüse um sogenannte geringwertige Sachen handelt, drohen in der Regel allerdings keine Strafen. Richter ahnden das Vergehen nur, wenn jemand einen Strafantrag stellt. Meistens wird nur dann bestraft, wenn jemand nachweislich häufiger unerlaubt gepflückt hat.
Der Nachbar wiederum darf nicht gegen meinen Willen mein Grundstück betreten, um sein Obst zu ernten. Das wäre Hausfriedensbruch. Über meine Grundstücksgrenze greifen, um an das Obst zu kommen, darf er jedoch.
Wie sieht es mit landwirtschaftlichen Flächen aus?
Was für das Obst und Gemüse des Nachbarn gilt, gilt auch für Agrarflächen. Weder am Salat noch an den Maiskolben noch an den Karotten auf dem Feld darf ich mich einfach so bedienen. Denn laut dem Deutschen Anwaltverein (DAV) gilt rechtlich gesehen das Pflücken von Obst oder das Sammeln von Gemüse als Diebstahl, wenn diese agrarisch oder gärtnerisch angebaut sind.
Während ich mich während der Nutzzeit der Agrarflächen nicht auf landwirtschaftlichen Flächen bedienen darf, sieht es bei bereits abgeernteten Flächen anders aus.
Ob ich liegengebliebene Kartoffeln auf abgeernteten Feldern aufsammeln darf, hängt von den Eigentümern ab. Es gibt Bauern, die einer Nachernte auf persönlicher Nachfrage positiv gegenüberstehen. Manche lassen umsonst nachernten, manche verlangen einen kleinen Unkostenbeitrag.
Nachfragen lohnt sich, da man so eventuell zu einer üppigen Nachernte von dem Obst und Gemüse kommen kann, das beispielsweise nur aufgrund seiner Form durch das Raster für den Verkauf gefallen ist.
Was muss ich in der freien Natur beachten?
"Jeder darf (...) wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen", besagt der Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes.
Geringe Mengen Pilze, Kräuter und Beeren im Wald zu sammeln oder das Obst wilder Bäumen zu pflücken, ist demnach jedem erlaubt. Wer größere Mengen oder gewerblich sammeln möchte, der benötigt dafür jedoch eine Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde.
Unter "geringen Mengen" versteht man die sogenannte Handstraußregelung. Man darf nur so viel pflücken, dass man den Strauß noch mit Daumen und Zeigefinger umfassen kann, sowie Pilze für höchstens zwei Mahlzeiten.
Missachtet man diese Regelung, so kann einen das durchaus teuer zu stehen kommen. In Baden-Württemberg mussten 2018 beispielsweise zwei Männer 1.700 Euro Strafe zahlen, weil sie 19 Kilogramm Steinpilze gesammelt hatten und dabei beobachtet worden waren.
Wie muss ich mich in Naturschutzgebieten verhalten?
In Naturschutzgebieten und Nationalparks ist das Sammeln und Pflücken von Früchten, Pilzen und Blumen verboten. Das gilt übrigens auch im Bereich von Naturdenkmälern.
Bestimmte Arten stehen zudem generell unter Naturschutz, dürfen also nirgends gepflückt oder geerntet werden.
Wie hoch die Strafe bei einem Vergehen ausfällt, ist Sache der Länder, wobei die Strafen bei vielen Bundesländern bei mindestens 50 Euro beginnen.
Welche Farn- und Blütenpflanzen, Moose, Flechten, Algen und Pilze unter Schutz stehen, kann man der sogenannten Roten Liste des Bundesamts für Naturschutz entnehmen.
Zu den geschützten Pflanzen zählen beispielsweise farnartige Pflanzen sowie Blütenpflanzen wie Eisenhut und Großes Katzenpfötchen.
Darf ich in öffentlichen Parks so viel Obst pflücken, wie ich will?
"Das Pflücken von wilden Pflanzen auf öffentlichen Flächen ist erlaubt. Vorausgesetzt, die sogenannte 'Handstraußregel' aus dem Bundesnaturschutzgesetz wird befolgt", schreibt das Bundeszentrum für Ernährung auf seiner Webseite.
In vielen Kommunen gibt es öffentliche Flächen, auf denen jeder Stein- und Kernobst, Beeren, Nüsse und Kräuter für den Privatgebrauch ernten darf.
Die Online-Plattform Mundraub bietet eine umfassende Karte, auf der die essbaren Pflanzen auf öffentlichen Flächen datiert werden.
Hier gilt: Zugreifen erlaubt!
Verwendete Quellen:
- bfn.de: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands
- bzfe.de: Ernten auf öffentlichen Flächen:Früchte und Wildpflanzen in der essbaren Stadt
- bussgeldkatalog.org: Geschützte und seltene Pflanzen in Deutschland
- recht-gehabt.de: Darf ich das überhängende Obst meines Nachbars pflücken?
- anwaltauskunft.de: Darf man Früchte von fremden Bäumen pflücken
- vsr-gewässerschutz.de: Kostenlose Ernte: Mundraub & Nachernte
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